Frau Warnsing stellte aus Sicht der Frauenberatungsstelle des Frauenforums im Kreis Unna e.V. die Auswirkungen des Gewaltschutzgesetzes dar (s. Anlage 1). Dabei schilderte sie insbesondere den psychischen Druck, unter dem die Frauen stehen, wenn ihr Mann oder Lebensgefährte der Wohnung verwiesen wurde und sie innerhalb von 10 Tagen Ent­scheidungen für ihren Lebensweg treffen müssen. Auf Grund dieser psychischen Ausnahme­situation sei sehr intensive Beratung, Unterstützung und Begleitung der Frauen bei den notwendigen behördlichen Maßnahmen erforderlich. Sie wies daraufhin, dass die Situation der Kinder in dem Gewaltschutzgesetz nur unzureichend berücksichtigt werde. Hier setze sich die Frauenberatungsstelle dafür ein, dass während der Wegweisungszeiten dem Vater nur ein begleitender Umgang mit seinen Kindern eingeräumt werden solle.

 

Frau Bollmann erkundigte sich, welche Hilfsmaßnahmen es für die Täter gebe und ob die Frauen nach dem ersten Beratungsgespräch durch die Frauenberatungsstelle weiter begleitet werden.

 

Frau Warnsing gab hierzu an, dass sich bei häuslicher Gewalt die gleiche Problematik zeige, wie z.B. in Fällen des sexuellen Missbrauchs. Die Täter haben in der Regel kein Unrechtsbewusstsein und nehmen deshalb Hilfsangebote nicht aus Überzeugung, sondern nur auf Grund von Druck wahr. Zur Situation der Opfer erklärte sie, dass die ersten Beratungsgespräche dazu dienen, die Frauen zu stabilisieren. Da in den ersten 10 Tagen bestimmte Schritte notwendig seien, werden die Frauen auch begleitet zu Gerichten, Rechtsanwältinnen, -anwälten, Jugendämtern etc.

 

Frau Bartosch fragte nach, wie viele Verurteilungen es bisher gegeben habe und wies daraufhin, dass ein Verfahren notwendig sei für die Höhe des Strafmaßes.

 

Frau Warnsing antwortete, dass erst im Anhörungsverfahren entschieden werde, ob ein Strafverfahren eingeleitet werde. Sie gab Frau Bartosch Recht, dass erst in einem Verfahren ein Strafmaß festgelegt werde. Sie berichtete, dass zwar Verfahren eingeleitet wurden, bislang aber noch keines begonnen habe. Frau Warnsing merkte in diesem Zusammenhang kritisch an, dass oftmals bei Richtern und Staatsanwaltschaft noch immer die Einstellung vorherrsche, dass „Häusliche Gewalt“ Privatsache sei. Hieran habe auch das Gewaltschutz­gesetz noch keine Änderung bewirkt.

 

Frau Hennigs merkte an, dass die Beratung oftmals problematisch sei, da die Frauen ihre Männer lieben und immer wieder die Hoffnung haben, dass bei einer Versöhnung die Gewalthandlungen aufhören.

 

Frau Warnsing bestätigte, dass „die Hoffnung“ ein wichtiges Merkmal im Kreislauf der Beziehungsgewalt sei. In diesem Zusammenhang spreche man von einer Gewaltspirale. Das bedeute, dass gewalttätige Handlungen gegenüber der Partnerin immer wieder von Versöh­nungsgesten überdeckt werden, und die Frauen den Versprechungen des Mannes glauben bzw. glauben möchten.

Herr Klein erkundigte sich, wie viele Wegweisungen es bis jetzt gegeben habe und ob die Polizei bei der Entscheidung auch nach den Ursachen forsche.

 

Nach Aussage von Herrn Bauer habe es im ersten halben Jahr im Kreis Unna 50 Weg­weisungen gegeben, davon 9 in Kamen. Auf Landesebene wurde das Gesetz in dem Zeitraum vom 01.01. – 30.06.2002 mehr als 1000mal angewendet. Herr Bauer berichtete weiter, dass die Polizei mindestens 1mal und zwar möglichst innerhalb der ersten 3 Tage überprüfen müsse, ob sich der Täter an das Rückkehrverbot halte. Diese Kontrolle sei unbe­dingt erforderlich, da auch die Polizei die Erfahrung gemacht habe, dass die Täter in der Regel kein Unrechtsbewusstsein haben und versuchen, die Strafe zu umgehen. Um den Männer sowohl die Schwere der Tat deutlich zu machen als auch zur Abschreckung beizu­tragen, werden die Täter in der Dienststelle erkennungsdienstlich behandelt. Aus Sicht der Polizei bietet das Gesetz eine gute Handhabe, bei häuslicher Gewalt gegen die Täter vorzu­gehen. Auch habe sich erwiesen, dass Einsätze der Polizei nicht wie von vielen befürchtet zu weiteren Gewalthandlungen führen, sondern sich eindeutig nicht konfliktverschärfend auswirken.

Herr Bauer wies abschließend daraufhin, dass die Polizei verpflichtet sei, die Opfer auf Beratungsstellen hinzuweisen und bedauerte, dass das Land beabsichtige, die Gelder für Frauennotrufstellen in NRW zu streichen.

(Der Vortrag von Herrn Bauer ist der Niederschrift als Anlage 2 beigefügt.)

 

Frau Warnsing bestätigte, dass die Landesregierung die finanziellen Zuschüsse für die Notrufstellen laut Haushaltsentwurf 2003 komplett streichen will. Für das Frauenforum bedeute das, dass eine halbe Stelle wegfalle. Durch das Inkrafttreten des Gewaltschutz­gesetzes könne die Beratungsstelle schon jetzt nicht mehr allen Anfragen gerecht werden. Das Frauenforum habe deshalb eine weitere halbe Stelle beantragt.

 

Auf die Nachfrage von Frau Lungenhausen gab Frau Warnsing an, dass das Frauenforum dankbar sei über jede Form der Öffentlichkeit, die die Arbeit des Frauenforums unterstütze.

 

Frau Bartosch verließ um 18.30 Uhr die Sitzung.