Sitzung: 27.10.2022 Umwelt- und Klimaschutzausschuss
Herr Bothmann erläuterte, dass er als Planer
beim Regionalverband Ruhr im Kerngeschäft des Regionalverbands bei der
Freiraumsicherung/Freiraumentwicklung tätig ist. Mit seiner Präsentation
informierte Herr Bothmann über die Regionale Biodiversitätsstrategie Ruhrgebiet
und warb für Kooperation und Zusammenarbeit (siehe Anhang).
Herr Helmken bedankte sich für den Vortrag,
vermisste jedoch die Einordnung hinsichtlich Wasserrückhaltung, was zukünftig
Aufgabe jeder Kommune sein wird. Er fragte, nach dem strategischen Ansatz
Flächen so zu gestalten, dass man sie einerseits für die dortige Entfaltung der
Biodiversität und gleichzeitig für Wasserrückhaltung (Stichwort: Schwammstadt)
nutzen kann. Er erhofft sich Unterstützung der Kommunen durch den RVR, auch im
Hinblick auf die damit verbundenen finanziellen Herausforderungen.
Herr Heidler fand es ermutigend, dass
Diversität und Artenvielfall zurückkommen, wenn Räume wie ehemalige Zechen der
Natur wieder überlassen werden, und beeindruckend, dass sich dort bis zu 1.000
unterschiedliche Arten angesiedelt haben. Er erkundigte sich, ob es sich dabei
auch um neue Arten handelt. Herr Heidler fand es aus der Sicht des
Kommunalpolitikers spannend, dass man auf Klein- bzw. Mosaikflächen etwas
erreichen kann und so auch Flächen in der Stadt nutzen kann. Er fragte nach
einer Einschätzung bezüglich der Vereinbarkeit von Windkraft- und
Photovoltaik-Anlagen mit Biodiversität.
Herr Bothmann erläuterte, dass der
Artenreichtum der Industrienatur ganz stark mit Neophyten (neue Arten aus
Pflanzen- und Tierreich) verbunden ist. Das hat mit der Industriekultur und den
verschiedenen (Transport-)Wegen, wie Zügen und Wasser, in das Gebiet zu tun. Es
sind viele Arten darüber hereintransportiert worden. Diese Arten haben auf den
Flächen, wie z.B. den Rangierbahnhöfen, die für unsere klimatischen
Verhältnisse Extremstandorte sind – Refugien gefunden. Dort sind häufig Arten
aus dem zentralasiatischen Raum zu finden, die in den trocken-warmen Bereichen verbreitet
sind. Die Neophyten machen einen nicht-unwesentlichen Anteil der 1.000 Arten
aus. Das ist das besondere Charakteristikum und Qualität der Biodiversität der
Industrienatur.
Herr Bothmann
findet es wichtig auch kleine Flächen einzubeziehen und hält es für machbar mit
geringem Aufwand viel zu erreichen.
Zum Thema der
Vereinbarkeit von Photovoltaik-Anlagen mit Biodiversität verwies Herr Bothmann
auf die kürzlich erschienene Veröffentlichung des Bundesamtes für Naturschutz
(BfN) „Eckpunkte für einen naturverträglichen Ausbau der Solarenergie“ https://www.bfn.de/publikationen/positionspapier/eckpunkte-fuer-einen-naturvertraeglichen-ausbau-der-solarenergie
Frau Dörlemann freute sich über die
Strategie des RVR. Sie findet den wissenschaftlichen Ansatz und planerischen
Anspruch wichtig sowie die drei verschiedenen Phasen, die aufeinander aufbauen
sehr gut. Sie fragte, wer das Biodiversitätsmonitoring übernimmt, was Teil der
Strategie ist, und wer bei der Vielzahl der Kommunen den Überblick behalten
kann. Sie fand es toll, Wildnis in die Stadt zu bringen und die Erreichbarkeit
zu gewährleisten. Sie wollte außerdem wissen, bis wann Projekte/Projektideen
gemeldet werden dürfen.
Herr Bothmann antwortete, dass man sich
aktuell in einem laufenden Prozess befindet und es keine Ausschlussfrist gibt.
Ziel ist bis zum Ende des Jahres Projekte zusammenzutragen. Das
Biodiversitätsmonitoring könnte ggf. durch die Biostationen erfolgen, die
zusammen mit den Unteren Naturschutzbehörden (UNB) über einen großen
Wissensschatz verfügen. Die Finanzierung, z.B. durch Fördermittel müsste
allerdings noch geklärt werden.
Herr Bierhoff fragte, ob es von Seiten RVR
Unterstützung oder Geld für die Öffentlichkeitsarbeit gibt, um für die
Maßnahmen und die Akzeptanz zu werben.
Herr Bothmann verneint dies und verweist auf
das Umweltportal des RVR und mögliche individuelle Kooperationen mit den
Biostationen.
Herr Dr. Liedtke erklärte die Bereitschaft,
dass sich die Stadt Kamen gerne weiter an der Netzwerkarbeit des RVR für die
urbane Biodiversität beteiligt. In diesem Zusammenhang erinnerte Herr Dr.
Liedtke daran, dass der Rat der Stadt Kamen vor Jahren bereits beschlossen hat
vollständig auf den Einsatz von Bioziden und Herbiziden zu verzichten. Er
nannte folgende biodiversitätsfördernde Aktivitäten seitens der Stadt Kamen:
naturnaher Umbau des Seseke-Systems, Bahntrassen, Blühwiesen, Angebot von
Saatgut, extensive Pflege von Grünflächen, z.T. Mähen nur im Randbereich aus
gestalterischen Gründen, größere Bereiche werden seltener gemäht, grünes und
blaues Klassenzimmer. Des Weiteren gibt es bezüglich notwendiger Ausgleichs-
und Ersatzmaßnahmen eine Vereinbarung mit dem Kreis Unna, was die Umsetzung
betrifft, wenn auf dem Kamener Stadtgebiet keine Flächen verfügbar sind. Herrn Dr.
Liedtke war noch wichtig zu erwähnen, dass es auf dem Gebiet der Stadt Kamen
ein sehr besonderes Beispiel zum Thema Industrienatur gibt. Dabei handelt es
sich um den alten Holzplatz in Heeren-Werve der zwischen der Lenningser Straße
und Seseke liegt und sich darüber hinaus auf das Bönener Gemeindegebiet zieht.
Der Holzplatz ist sehr artenreich und auch Naturschutzgebiet geworden.
Herr Dr. Liedtke
erläuterte, dass aktuell im Bereich der Bauleitplanung, Flächennutzungsplanung
oder Bebauungspläne keine Notwendigkeit besteht, aktiv zu werden.