Sitzung: 14.06.2022 Jugendhilfeausschuss
Herr Gibbels erläuterte einführend, das
Projekt zur Kooperativen Bearbeitung regionaler Armut - kurz KoBrA - initiiert
von der Werkstatt im Kreis Unna, unterstütze und berate Bewohner des Quartiers
Nord-West begleitet durch die Projektpartner Arbeiterwohlfahrt (AWO) sowie
Jobcenter Kreis Unna. Er begrüßte Herrn Michael Wacker von der Werkstatt im
Kreis Unna sowie Herrn Heiko Sachtleber von der AWO Ruhr-Lippe-Ems, die das
Projekt KoBrA anschließend mithilfe einer Präsentation vorstellten. Das aus dem
Modellprogramm „Akti(f) – Aktiv für Familien und Kinder“, dem Europäischen
Sozialfonds und den Städten Kamen, Lünen und Unna geförderte Projekt mit einer
2 ½-jährigen Laufzeit bestünde laut Herrn Wacker
bereits seit dem 01. Juli 2020. Konkret solle versucht werden, die
Lebenssituationen der Familien und Kinder zu verbessern, die Aufnahme oder
Ausweitung einer beruflichen Beschäftigung zu unterstützen und die Familien-
und Kinderarmut zu bekämpfen. Elementarer Bestandteil des Projektes sei es
insofern, mit nachhaltigen Handlungsstrategien die Kooperation zwischen den
beteiligten Akteuren in den jeweiligen Quartieren so anzulegen, dass
zuverlässige Hilfeketten entstünden. Durch aufsuchende Arbeit in den Quartieren
sollen im Rahmen eines Beratungsleitbildes die Menschen mitgenommen,
unterstützt, gestärkt und zu aktiv Handelnden im Prozess der Armutsbekämpfung
gemacht werden.
Herr Sachtleber berichtete über die konkrete
und praktische Umsetzung im Kamener Quartier Nord-West. Durch den Zugangsweg
über die frühkindliche Bildung habe man sich bewusst zu den anderen
Teilprojekten in Unna und Lünen abgegrenzt. Eltern sollen unter anderem bereits
früh in die Funktion gebracht werden, ihre Kinder nicht nur zu erziehen,
sondern ihnen auch als Vorbild zur Verfügung zu stehen, um die familiär
verfestigte Armut aufzubrechen. Das persönliche Aufsuchen und Ansprechen der
Familien im Familienzentrum „Atlantis“, das Bekanntmachen bei
Kooperationspartnern, Sprechstunden und Info-Aktionen hätten pandemiebedingt
plötzlich nicht mehr durchgeführt werden können. Dies habe die Zielsetzung,
also niedrigschwellige Hilfsangebote anbieten zu können, erheblich erschwert.
Geholfen habe letztendlich das persönliche Gespräch mit den Menschen. Die
Kolleginnen und Kollegen seien in die Wohnblöcke gegangen, hätten Kontakt
aufgebaut und existenzsichernde sowie sozialpädagogische Beratung umgesetzt. Im
Zuge dessen habe man gemerkt, wie schwierig es sei, mit allen
Kooperationspartnern mit Blick auf die unterschiedlichen Falltypen eine Form
der Sprache zu finden, die zu einer schnellen Überleitung zu anderen
Institutionen führe. Eine vorläufige Analyse der Falltypen zeige, dass etwa die
Hälfte der Adressaten und Adressatinnen aus Uninformiertheit, fehlendem
Anspruchsdenken oder Scham Leistungen bisher nicht oder nur unvollständig in
Anspruch genommen hätten. Um sich bei den Bemühungen um das Wohl der Menschen mit
den Akteuren einzelfallbezogen und datenschutzkonform abstimmen zu können,
würden monatlich team- und institutionsübergreifende Fallkonferenzen
durchgeführt. Diese rechtskreisübergreifende Zusammenarbeit habe sich als
Erfolgsgarant für das Projekt erwiesen.
Die Anzahl
der Menschen mit internationalem Hintergrund sei laut Herrn Wacker mit etwa 70% deutlich höher
ausgefallen als erwartet. Ebenfalls höher als erwartet sei der Wert der
Erwerbstätigen mit fast 10 %. Sehr hoch sei auch der Anteil der Alleinerziehenden.
Besonders erwähnenswert sei jedes Kind, das durch das Projekt erreicht worden
sei.
Insgesamt
habe man 130 Menschen beraten, die Zielzahl laute 180. Hierbei müsse
berücksichtigt werden, dass es etwa 100 Fälle gäbe, bei denen es sich gemäß den
Förderbedingungen um sogenannte Bagatellfälle handele, die statistisch nicht
erfasst werden dürften. Das Projekt ende zum 31.12.2022, um für die kommenden
Herausforderungen der Armutsfolgenbekämpfung gerüstet zu sein, bestünde jedoch
noch Handlungsbedarf bei der Schaffung von starken, klar geschmiedeten und
verbindlichen Ketten. Entscheidend sei hierfür auch eine politische
Willenserklärung der Kommunen, die für Kamen eindeutig laute,
Armutsfolgenbekämpfung habe einen sehr hohen Stellenwert und müsse dringend angegangen
werden.
Frau Kappen fügte an, die
Armutsfolgenbekämpfung sei ein Baustein des gemeinsam verabschiedeten
Präventionskonzeptes und erfolge überdies generationsübergreifend. Menschen,
die eine Beschäftigung aufnähmen, seien ein starker Teil der Gesellschaft und
könnten zudem auch ihren Kindern eine Teilhabe ermöglichen und eine
Vorbildfunktion einnehmen. Die Stadt Kamen sei sehr froh, dass dieses Projekt trotz
der Corona-Pandemie realisiert werden konnte und die Menschen im Quartier,
insbesondere die „Ungesehenen“ erreicht habe. Wenngleich das Projekt KoBrA zum
31.12.2022 ende, werde es andere Projekte geben, auf die man die Ergebnisse und
den Nutzen übertragen könne.