Herr Gibbels erläuterte einführend, das Projekt zur Kooperativen Bearbeitung regionaler Armut - kurz KoBrA - initiiert von der Werkstatt im Kreis Unna, unterstütze und berate Bewohner des Quartiers Nord-West begleitet durch die Projektpartner Arbeiterwohlfahrt (AWO) sowie Jobcenter Kreis Unna. Er begrüßte Herrn Michael Wacker von der Werkstatt im Kreis Unna sowie Herrn Heiko Sachtleber von der AWO Ruhr-Lippe-Ems, die das Projekt KoBrA anschließend mithilfe einer Präsentation vorstellten. Das aus dem Modellprogramm „Akti(f) – Aktiv für Familien und Kinder“, dem Europäischen Sozialfonds und den Städten Kamen, Lünen und Unna geförderte Projekt mit einer 2 ½-jährigen Laufzeit bestünde laut Herrn Wacker bereits seit dem 01. Juli 2020. Konkret solle versucht werden, die Lebenssituationen der Familien und Kinder zu verbessern, die Aufnahme oder Ausweitung einer beruflichen Beschäftigung zu unterstützen und die Familien- und Kinderarmut zu bekämpfen. Elementarer Bestandteil des Projektes sei es insofern, mit nachhaltigen Handlungsstrategien die Kooperation zwischen den beteiligten Akteuren in den jeweiligen Quartieren so anzulegen, dass zuverlässige Hilfeketten entstünden. Durch aufsuchende Arbeit in den Quartieren sollen im Rahmen eines Beratungsleitbildes die Menschen mitgenommen, unterstützt, gestärkt und zu aktiv Handelnden im Prozess der Armutsbekämpfung gemacht werden.

 

Herr Sachtleber berichtete über die konkrete und praktische Umsetzung im Kamener Quartier Nord-West. Durch den Zugangsweg über die frühkindliche Bildung habe man sich bewusst zu den anderen Teilprojekten in Unna und Lünen abgegrenzt. Eltern sollen unter anderem bereits früh in die Funktion gebracht werden, ihre Kinder nicht nur zu erziehen, sondern ihnen auch als Vorbild zur Verfügung zu stehen, um die familiär verfestigte Armut aufzubrechen. Das persönliche Aufsuchen und Ansprechen der Familien im Familienzentrum „Atlantis“, das Bekanntmachen bei Kooperationspartnern, Sprechstunden und Info-Aktionen hätten pandemiebedingt plötzlich nicht mehr durchgeführt werden können. Dies habe die Zielsetzung, also niedrigschwellige Hilfsangebote anbieten zu können, erheblich erschwert. Geholfen habe letztendlich das persönliche Gespräch mit den Menschen. Die Kolleginnen und Kollegen seien in die Wohnblöcke gegangen, hätten Kontakt aufgebaut und existenzsichernde sowie sozialpädagogische Beratung umgesetzt. Im Zuge dessen habe man gemerkt, wie schwierig es sei, mit allen Kooperationspartnern mit Blick auf die unterschiedlichen Falltypen eine Form der Sprache zu finden, die zu einer schnellen Überleitung zu anderen Institutionen führe. Eine vorläufige Analyse der Falltypen zeige, dass etwa die Hälfte der Adressaten und Adressatinnen aus Uninformiertheit, fehlendem Anspruchsdenken oder Scham Leistungen bisher nicht oder nur unvollständig in Anspruch genommen hätten. Um sich bei den Bemühungen um das Wohl der Menschen mit den Akteuren einzelfallbezogen und datenschutzkonform abstimmen zu können, würden monatlich team- und institutionsübergreifende Fallkonferenzen durchgeführt. Diese rechtskreisübergreifende Zusammenarbeit habe sich als Erfolgsgarant für das Projekt erwiesen.

 

Die Anzahl der Menschen mit internationalem Hintergrund sei laut Herrn Wacker mit etwa 70% deutlich höher ausgefallen als erwartet. Ebenfalls höher als erwartet sei der Wert der Erwerbstätigen mit fast 10 %. Sehr hoch sei auch der Anteil der Alleinerziehenden. Besonders erwähnenswert sei jedes Kind, das durch das Projekt erreicht worden sei.

Insgesamt habe man 130 Menschen beraten, die Zielzahl laute 180. Hierbei müsse berücksichtigt werden, dass es etwa 100 Fälle gäbe, bei denen es sich gemäß den Förderbedingungen um sogenannte Bagatellfälle handele, die statistisch nicht erfasst werden dürften. Das Projekt ende zum 31.12.2022, um für die kommenden Herausforderungen der Armutsfolgenbekämpfung gerüstet zu sein, bestünde jedoch noch Handlungsbedarf bei der Schaffung von starken, klar geschmiedeten und verbindlichen Ketten. Entscheidend sei hierfür auch eine politische Willenserklärung der Kommunen, die für Kamen eindeutig laute, Armutsfolgenbekämpfung habe einen sehr hohen Stellenwert und müsse dringend angegangen werden.

 

Frau Kappen fügte an, die Armutsfolgenbekämpfung sei ein Baustein des gemeinsam verabschiedeten Präventionskonzeptes und erfolge überdies generationsübergreifend. Menschen, die eine Beschäftigung aufnähmen, seien ein starker Teil der Gesellschaft und könnten zudem auch ihren Kindern eine Teilhabe ermöglichen und eine Vorbildfunktion einnehmen. Die Stadt Kamen sei sehr froh, dass dieses Projekt trotz der Corona-Pandemie realisiert werden konnte und die Menschen im Quartier, insbesondere die „Ungesehenen“ erreicht habe. Wenngleich das Projekt KoBrA zum 31.12.2022 ende, werde es andere Projekte geben, auf die man die Ergebnisse und den Nutzen übertragen könne.