Frau Riedel erläuterte in ihrem Vortrag die Änderungen beim Leistungsbezug von Frauen im SGB II und bei der Integrationsquote. Der Vortrag ist der Niederschrift als Anlage beigefügt. Sie führte aus, dass diese Änderungen auf einen Beschluss von Bund und Ländern zurückgehe, die sich darauf verständigt haben einen besonderen Schwerpunkt auf die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern zu legen. Im Focus stehen insbesondere Frauen und Männer in Part­ner-Bedarfsgemeinschaften, Alleinerziehende sowie Frauen mit Fluchthintergrund. Dabei sei eine besondere Herausforderung, die alten Rollenmuster aufzubrechen, in denen viele Menschen auch in 2022 noch immer verhaftet seien. Diese Neuausrichtung solle zu einer chancengerechten und zukunftsfähigen Gesellschaft beitragen, denn in 2020 habe die Integrationsquote von Frauen rund 10% Prozentpunkte niedriger gelegen als die der Männer. Um dieses Ziel zu erreichen seien mit der Arbeitsagentur Hamm verschiedene Schritte abgestimmt worden. So werden zukünftig Prognosewerte nach Männern und Frauen getrennt erhoben, um mit genaueren Analysen passgenaue geschlechtsspezifische Angebote schaffen zu können. Ein wichtiges Ziel hierbei sei es, die Frauen sozial abzusichern, was vorrangig bedeute, dass eine zu geringe Rente vermieden wer­den und über der Grundsicherung liegen müsse.

 

Frau Riedel führte weiter aus, dass eine wichtige Zielgruppe Frauen mit Kindern unter 3 Jahren sei. Diese Kundinnen werden alle zu persönlichen Gesprächen eingeladen, um abzuklären wel­che Qualifikation vorliege, welche Aufschulungen u.U. notwendig seien und es werden Rah­menbedingungen, wie z. B. Teilzeitwünsche, abgefragt. Des Weiteren bekommen die Frauen Unterstützung bei der Suche bzw. Sicherung von Kinderbetreuungsplätzen. Um hier zuverlässige Strukturen zu haben, sei beabsichtigt mit allen Kommunen im Kreis Unna einen Kooperations­vertrag zur „Kinderbetreuung“ abzuschließen. Bekannt seien derartige Verträge aus dem Projekt „Gute Arbeit für Alleinerziehende“. Ein wichtiger Aspekt in den Coaching-Gesprächen sei das Aufweichen von traditionellen Rollenbildern, nach denen auch heute noch in vielen Familien gelebt werde. Gleichzeitig seien diese Rollenvorstellungen teilweise auch bei den Mitarbeiterin­nen und Mitarbeitern des Jobcenters vorhanden. Deshalb gebe es ebenfalls für die Beschäftigten Schulungen, um diese Rollenbilder zu relativieren. Ein weiterer Aspekt um die Erwerbstätigkeit von Frauen zu steigern, sei die Sensibilisierung von Arbeitgebern. Deshalb werde auch der Ar­beitgeberservice des Jobcenters in diese Thematik mit eingebunden.

 

Frau Laßen erkundigte sich, wie diese geschlechtsspezifischen Blockaden bei den Familien gelöst werden können.

 

Frau Riedel antwortete, dass eine Strategie sei, Mann und Frau zu gemeinsamen Gesprächen einzuladen, in denen dann versucht werde, diese Barrieren abzubauen und ein Umdenken zu fördern.

 

Frau Feige gab an, dass ihr anfangs nicht deutlich gewesen sei, warum Frauen im SGB II be­sonders im Vordergrund stehen und bedankte sich bei Frau Riedel für die ausführlichen Erläu­terungen, die sehr gut nachvollziehbar seien. Sie fragte nach, ob auch bei Arbeitgebern Vorbe­halte gegen die Einstellung von Frauen vorhanden seien.

 

Frau Riedel bestätigte, dass sie auch mit Arbeitgebern zu tun haben, die der Einstellung von Frauen aufgrund der traditionellen Rollenbilder eher skeptisch gegenüber stehen. Es gebe aller­dings viele andere, die sehr vorurteilsfrei seien und auch dem Thema Vereinbarkeit von Beruf und Familie sehr offen gegenüber stehen.

 

Anschließend ging Frau Riedel kurz auf die Situation der Geflüchteten aus der Ukraine ein. Seit dem 09. Mai werden die Menschen aus der Ukraine auch in der Kartei des Jobcenters registriert. Aktuell sei allerdings noch festzustellen, dass die übermittelten Zahlen der Kommunen und der verschiedenen Behörden oftmals nicht übereinstimmen. Die Stadt Kamen habe bis zum 20.05. 325 Personen gemeldet. Sie erklärte, dass derzeit Unterstützungsleistungen vom Ausländeramt gezahlt werden. Ab dem 01.06.2022 sollen die Geflüchteten, die die Voraussetzungen erfüllen, die Leistungen aus dem SGB II erhalten. Aktuell seien 70 – 80% der registrierten ukrainischen Geflüchteten Frauen. Es werde vermutet, dass die geflüchteten Männer, die sich hier aufhalten, illegal eingereist seien. Frau Riedel betonte, dass besondere Beachtung der Aspekt der Integra­tion findet. Erschwerend sei allerdings, dass für viele die Zukunft hier sehr unsicher sei, denn die meisten der Ukrainerinnen und Ukrainer möchten sobald es möglich ist, wieder in ihre Heimat zurückkehren. Deshalb werden Maßnahmen, u.a. Sprachkurse, von den Geflüchteten oftmals nicht angenommen. Unterstützung soll hier auch das Kommunale Integrationsmanagement leisten, auch mit Blick auf die Vermeidung von Doppelstrukturen. Da fast alle ukrainischen Frauen mit ihren Kindern eingereist seien, stellen die Kinderbetreuung und die Schulpflicht weitere Her­ausforderungen dar. Um für die Menschen möglichst viele und gute Unterstützungs- und Hilfs­angebote unterbreiten zu können, werde momentan verstärkt versucht, weitere ESF-Fördermittel in den Kreis Unna zu holen.

 

Da Frau Riedel als Jurymitglied beim Wettbewerb „Pluspunkt Familie – Familienfreundliches Unternehmen im Kreis Unna“ des Bündnisses für Familie tätig war, bat Frau Grothaus sie ab­schließend, die Ergebnisse dieses Wettbewerbs kurz vorzustellen.

 

 

Frau Riedel berichtete, dass dieser Wettbewerb, bei dem Unternehmen im Kreis Unna ihre Fa­milienfreundlichen Maßnahmen vorstellen können, alle zwei Jahre durchgeführt werde. Sie sei seit mehreren Jahren u.a. mit Frau Jauer von der WFG und Frau Leyer von der Bundesagentur für Arbeit in der Jury und immer wieder überrascht, wie viele Angebote Arbeitgeber zu diesem Thema in ihren Unternehmen vorhalten. In diesem Jahr habe die Jury ihren Blick darauf gerichtet, wie sich Unternehmen in Zeiten von Corona aufgestellt haben. Insgesamt haben sich 26 Unterneh­men der unterschiedlichsten Größenordnung aus dem Kreis Unna beworben. Ausgezeichnet wurden Arbeitgeber in den Sparten „Flexible Arbeitszeit“, „Digitale Lösungen“, Finanzielle Lö­sungen“ und „Individuelle Lösungen“. Eine Auflistung der einzelnen Maßnahmen ist der Nieder­schrift als Anhang beigefügt.