Sitzung: 16.05.2022 Umwelt- und Klimaschutzausschuss
Über folgende Punkte referierte Herr Baudrexl in seinem Vortrag:
Beim Ausbau der Ladeinfrastruktur geht es darum, welche Rolle hat
eigentlich die Stadt, welche Rolle hat der Energieversorger. Die Versorgung
soll hochgefahren werden und in dem Zusammenhang stellt sich die Frage: Wie
werden zukünftig E-Autos betankt? Die GSW hat die Bestände im Blick, wie viele
E-Autos gibt es eigentlich. In dem Zusammenhang steht aber auch die
„Henne-Ei-Frage“ im Raum. Wie groß ist also die Ausbaunotwendigkeit.
Wo werden die Fahrzeuge geladen: 60 % zu Hause, 15 % am Arbeitsplatz, 5
% an der Autobahn, 10 % am Zielort/ im öffentlichen Raum. Somit finden
Ladevorgänge zu 25 % im öffentlichen Raum statt.
Welche Ladetechnologien gibt es? Steckdose, Wallbox (3,7 kW, ca. 6 – 8
h), öffentliche Ladesäule (11 – 22 kW, ca. 2 h), Schnellladepark (350 kW, ca. 1
h oder weniger). Mit Blick auf die zur Verfügung stehenden Kapazitäten werden
dadurch die Netzbetreiber vor große Herausforderungen gestellt.
Wallboxen müssen beim Netzbetreiber angezeigt werden. Man geht in dem
Bereich allerdings von einer Dunkelziffer von rund 50 % aus. Schon an dieser
Stelle kann es zu Kapazitätsproblemen kommen. Die Leistungsbereitstellung für
Schnellladeparks, wie von EnBW am Kamener Kreuz, ist eine Herausforderung. Das
kann ein Netzbetreiber nicht so ohne weiteres zur Verfügung stellen.
Auch Wohnungsbaugesellschaften, wie die UKBS werden vor
Herausforderungen gestellt. Hausbesitzer laden in der Regel zu Hause, am Besten
in Kombination mit einer Solaranlage. Es muss aber auch mit einbezogen werden,
dass die Reichweiten der Fahrzeuge auch immer größer werden. Im
Geschosswohnungsbau ohne Tiefgaragen ist die Aufgabe der Eigentümer auf den
Grundstücken Standorte für Ladesäulen zu finden.
Die Stadt hat die Aufgabe anzustoßen und der Motor zu sein. Welche Rolle
nimmt der Versorger ein? Wer engagiert sich finanziell? Das muss mit den
Gesellschaftern diskutiert werden. Wirtschaftlichkeit spielt in dem
Zusammenhang keine Rolle. Mit Ladesäulen ist gerade kein Geld zu verdienen. Es
geht darum, die Standorte gemeinsam zu identifizieren und zu hinterfragen, ob
sie richtig gewählt sind. Die Leitfrage ist: Welche Menschen sollen erreicht
werden? Liegt der Fokus eher auf zentralen Bereichen wie der Innenstadt oder
eher im Siedlungsbereich.
Es gibt bereits einige Standorte in Kamen, gegenüber des Rathauses sowie
in Heeren-Werve an der Märkischen Straße aber auch (private und
privatwirtschaftliche) Standorte: EnBW Schnellladepark, IKEA, ATU, Gartencenter
Dehner, Sportstätte Kaiserau, Tesla Ladepark, Technopark, Sesekeaue für Mieter
der UKBS und WBG; sowie Anfragen: 2 x im KamenKarree, Hornbach (in Ausführung),
Mc Donald’s, an einer Tankstelle. Am eigenen Standort der GSW in der Poststraße
wird das eigene Angebot auch für Mitarbeiter erweitert.
Die öffentliche Ladesäule vor dem Rathaus auf der Bahnhofstraße wird gut
frequentiert: 275 Lade-Sessions mit 550 h. Die folgenden Standorte möchte die
GSW nun angehen: Edelkirchenhof/Reckhof, Parkplatz Nordenmauer/Gymnasium,
Koepeplatz, am neuen Sesekebad, Parkplatz Bahnhof Methler oder alternativ
Heimstraße/ Germaniastraße, Am Bahnhof (Überprüfung der Stromauslastung
notwendig, eventuell Verstärkung des Hausanschlusses Parkhaus im Nachgang).
Herr Aschhoff bedankte sich
für den Vortrag und erkundigte sich nach dem Bezahlsystem und den Kosten.
Herr Baudrexl antwortete,
dass es derzeit Fördermittel für die Einrichtung der Infrastruktur gebe. Die
Investitionskosten lägen zwischen 10.000 und 13.000 €. Weitere Kostendetails
könne er nicht darlegen. Lademengen werden in Zukunft steigen. Als Anbieter
profitierten sie von der sog. THG-Quote. Über Zertifikate die verkauft werden
könnten, komme Geld an der Stelle zurück, ohne sei dies nicht tragfähig. Das
könne das Unternehmen verantworten.
Herr Heidler bedankte sich
ebenfalls für den Vortrag. In der E-Mobilität läge die Zukunft. Es stelle sich
jedoch die Frage, wo es sinnvoll sei Ladeinfrastruktur aufzubauen. Es würde
nicht an jedem Parkplatz Sinn machen. Der Ausbau müsse bedarfsgerecht erfolgen.
Es brauche auch Partner im Wohnungsbau. Die Gesellschaft habe nicht gewonnen,
wenn in Zukunft Alle mit dem E-Auto in die Stadt fahren zu laden. Alternativen
wie ÖPNV und der Radverkehr müssten ebenfalls gestärkt werden. Viele würden in
Zukunft zu Hause laden.
Herr Baudrexl verwies auf die
Pflicht eines jeden Arbeitgebers. So wie es nun die Möglichkeit des Homeoffice
gebe, müssten Arbeitgeber auch mit Blick auf Mobilität um Fachkräfte werben.
Herr Kuru fragte bezüglich
der Infrastruktur. Gebe es genug Strom und genug Kabel?
Herr Baudrexl erwiderte, das
Stromnetz sei seit Jahren gefordert, u.a. durch die vielen EEG-Anlagen. Im
Versorgungsgebiet gebe es zwischen 2600 und 2800 EEG-Anlagen, die Strom ins
Netz einspeisen würden. Seit Jahren stelle sich die Frage, ob das Netz das
aufnehmen könne und seit Jahren ergebe sich daraus eine Herausforderung für den
Netzbetreiber. Die Anforderungen der EnBW für den Schnellladepark könnten
derzeit nicht bedient werden. Dies sei zu diesem Zeitpunkt noch kein Problem,
da noch nicht so viele Kunden parallel dort laden würden und es nur wenige
Fahrzeuge gebe, die über die Schnellladetechnik verfügten. Räumlich gesehen
bedürfe es an der Stelle einer Netzverstärkung, da auch ein weiterer Betrieb
dort in Zukunft erhebliche Kapazitäten benötigen würde. Den Unternehmen sei für
die Zukunft die Leistung zugesagt. Ein Mehrfamilienhaus würde in Zukunft
voraussichtlich auch nicht mehr mit Niederspannung ausreichend versorgt sein.
Kostentreiber sei in erster Linie der Tiefbau. In Zukunft würde es auch um
intelligente Steuerung bzw. ein Lastenmanagement gehen. Ein Lastenmanagement
sei in dem Zusammenhang in jedem Fall günstiger als der Tiefbau. Die Frage sei,
können Ladevorgänge so gesteuert werden, dass nicht alle gleichzeitig am Abend
laden. Netzbetreiber aus der Region gingen von Investitionssummen von 20 Mio. €
zur Ertüchtigung des Netzes aus. Hier bräuchten auch die Netzbetreiber einen
Anreiz zu investieren.
Herr Gerwin erkundigte sich,
ob die Kosten für Trafos und Leitungen auf alle Endnutzer umgelegt werden
würden.
Herr Baudrexl erläuterte,
dass die Kosten die über Niederspannung (Trafo für Mittelspannung) hinausgingen
durch den Nutzer gezahlt würden. Die generelle Netzverstärkung jedoch würde von
allen Kunden im Versorgungsgebiet getragen werden. Netzbetreiber besäßen eine
Monopolstellung und unterlegen daher der Regulierung im Sinne von
Erlösobergrenzen.
Herr Bierhoff merkte die
negativen Aspekte bezüglich des ökologischen Fingerabdrucks der E-Mobilität an,
der geringen Anteile regenerativer Energien im Zusammenhang mit E-Autos, der
Akkuproblematik, der Lebensdauer sowie der Kosten an. Viele Menschen besäßen
nicht die Möglichkeiten auf teure E-Autos umzusteigen. Ebenfalls merkte er an,
dass von einem Ausbau der Ladesäuleninfrastruktur in erster Linie privilegierte
Menschen profitieren würden. Eigentlich wolle man die Verkehre aus der Stadt
raus haben. Er stehe der Zukunft der E-Mobilität skeptisch gegenüber.
Herr Baudrexl stellte die
Frage in den Raum, wie der Klimawandel im Verkehrssektor geschafft werden
könne. Auf bundespolitischer Ebene sei die Entscheidung in Richtung E-Mobilität
gefällt worden. Die Hersteller stellten sich darauf ein und Fördermöglichkeiten
wurden geschaffen.
Herr Dr. Liedtke wies darauf
hin, dass die Kommune nur die Rahmenbedingungen schaffen könne. Dies tue die
Kommune auch für konventionelle Tankstellen, z.B. über Bauleitplanung. Die
Frage sei dabei, wie Dicht sei das Netz und für wen würde es ausgebaut werden.
In Zukunft werden Mehrfamilienhäuser zunehmend Ladepunkte bekommen und auch an
den Arbeitsstätten in Gewerbegebieten. Natürlich bedarf es auch öffentlicher
Ladepunkte. Wie dicht der Ausbau erfolgen müsse, sei derzeit eine offene Frage.
Herr Madeja merkte an, dass
das Auto nicht die Lösung für alles sein könne. Der ÖPNV und die Nahmobilität
müssten gestärkt werden. Generell gebe es zu viele Autos, eine Reduzierung sei
allerdings nicht einfach. Daher müsse mehr in den Radverkehr investiert werden.
Herr Meier stellte die Frage,
wie Herr Baudrexl den Bedarf an Ladesäulen in Zukunft einschätzen würde.
Herr Baudrexl antwortete,
dass sich die Gesellschaft in Zukunft umstellen müsse. Inflation, Zinsen,
Energiepreise und Marktpreise für Energie kämen derzeit noch nicht im vollen
Umfang beim Verbraucher an. Gas- und Stromkosten könnten sich vervierfachen.
Hinzu kämen die Inflation sowie die höheren Lebenshaltungskosten. Prognosen zur
Entwicklung der E-Mobilität seien schwierig, jedoch seien die
Investitionskosten für die genannten Ladepunkte zu verkraften.
Herr Behrens stellte die
Frage, wie sich die E-Mobilität entwickeln würde. Die öffentliche Hand könne
nicht alles übernehmen. Es müsse dem Markt überlassen werden. Ein Drängen auf
immer mehr öffentliche Ladepunkte sei falsch, zukünftig bedarf es auch
Lademöglichkeiten auf privaten Flächen. An der Stelle seien auch andere
gefordert und es brauche eine konzertierte Aktion.
Herr Baudrexl führte aus,
dass derzeit an vielen Stellen Ladepunkte entstünden. Für Arbeitgeber, Betriebe
und Wohnungsbauunternehmen gehöre es bereits zum guten Ton Ladepunkte
einzurichten.
Herr Liedtke ergänzte, dass
Unternehmer und Wohnungsbauunternehmen perspektivisch mit einbezogen würden. Wo
gebe es Nachfragen und Bedarfe. Dies habe dann immer Auswirkungen auf das Netz.
Herr Baudrexl erläuterte,
dass die großen Mineralölkonzerne bereits dabei seien, Flächen in den Kommunen
zu eruieren. Da ginge es auch um den Ausbau bestehender Standorte, da sei
derzeit sehr viel Bewegung drin.
Herr Sekunde merkte an, dass
der Dialog zwischen Stadtentwicklung und GSW sehr wichtig sei. Bei
Bedarfsmeldungen ginge es sowohl um eine Priorisierung als auch um die
Wirtschaftlichkeit.
Herr Baudrexl gab an, es gebe
immer wieder Anfragen von vielen Seiten. Dabei würde immer geschaut werden, ob
es nur um 6 Mitarbeiter ginge oder die Zielgruppe größer sei. Entscheidungen
würden immer in enger Abstimmung mit der Stadtentwicklung getroffen werden.
Herr Gerwin gab zu bedenken,
dass der ÖPNV zu stärken sei und dass im Sinne des Einzelhandels die Menschen
in die Innenstadt zu locken seien.
Herr Dr. Liedtke führte aus,
dass das Ziel nicht die autogerechte Stadt sei, sondern es gelte das Ziel einer
nachhaltigen Stadtentwicklung. Daher würden auch der ÖPNV sowie der Radverkehr
gestärkt werden. Funktionen Wohnen, Arbeiten, Einkaufen, Freizeit dürften nicht
weiterhin getrennt gedacht werden.
Herr Kuru merkte den
Parkplatz der Gesamtschule als Standort für eine Ladesäule an.
Herr Dr. Liedtke bewertete
den Parkplatz auch als wichtig.
Herr Baudrexl verwies
allerdings darauf, dass der Parkplatz nicht öffentlich sei. Bei der
Gesamtschule sei die GSW daher raus. Dies gelte generell immer dann, wenn es um
nicht öffentliche Ladepunkte ginge.
Herr Dr. Liedtke stellte
fest, dass dies ein Thema für die Stadt als Schulträger sei.
Frau Kollmann machte nochmals
deutlich, dass die E-Mobilität, der ÖPNV, das Fahrrad sowie der Ausbau der
erneuerbaren Energien parallel betrieben werden müssten.
Herr Aschoff ergänzte zum
Schluss, dass Fragen auch nachgereicht werden könnten.
Herr Breuer führte aus, dass
es sich an dem Punkt um einen ersten Aufschlag handele. Die ersten Standorte
seien vorgeprüft, es gebe Trafos in der näheren Umgebung und auf weitere
Anfragen würde die Stadt sich vorbereiten. Parallel würde auch eine Richtlinie
zur Einrichtung von öffentlicher Ladeinfrastruktur durch die Verwaltung
erarbeitet. An dieser Stelle ginge es darum zu fixieren, wie mit externen
Anfragen umgegangen werden könne. Standorte könnten perspektivisch auch im
Flächentool der Bundesregierung registriert werden, sodass Investoren Einblick
nehmen könnten, welche Standorte für sie ggf. noch interessant sein könnten.
Hinzu käme das ganz aktuelle Klimaschutzkonzept des Kreises Unna, in dem es
auch um das Thema Ladeinfrastruktur ginge. Eine Abstimmung mit dem Kreis und
mit dem neuen Mobilitätsmanager würde angestrebt werden.