Beschlussvorschlag:

 

Der Rat der Stadt Kamen beschließt das Einzelhandelskonzept mit der Festlegung der zentralen Versorgungsbereiche und der Sortimentsliste (Kamener Sortimentsliste) in der vorliegenden Fassung (Februar 2022). Das Einzelhandelskonzept ist bei der weiteren Bauleitplanung als städtebauliches Entwicklungskonzept im Sinne des § 1 Abs. 6 Ziff. 11 BauGB zugrunde zu legen.


Abstimmungsergebnis: einstimmig angenommen


 

Herr Eisenhardt begrüßte Herrn Kruse von Junker+Kruse als Gastredner.

 

Herr Kruse stellte die wesentlichen Bausteine des Einzelhandelskonzeptes anhand der Präsentation (im Ratsinformationssystem hinterlegt) vor und ging kurz auf die Vorgehensweise der Entstehung des Konzeptes ein.
Zu Beginn wurde eine Ist-Analyse durchgeführt, welche die aktuelle Kamener Einzelhandelssituation erfasste. Schwerpunkte waren hierbei die Innenstadt und die verschiedenen Stadtteile von Kamen.
Anschließend wurde eine Perspektivbetrachtung durchgeführt, mit der Fragestellung, wie soll sich Kamen entwickeln. Abschließend wurde das Einzelhandelskonzept mit den übergeordneten Entwicklungszielen, der Sortimentsliste und den Umsetzungsempfehlungen erstellt.
Im Fokus stehe die Innenstadt, um diese zu stärken. Weiterhin ist eine wohnortnahe Versorgung in den Vororten notwendig.
In Kamen sollte besonders in den Gewerbegebieten darauf geachtet werden, dass diese weitestgehend von Einzelhandel freigehalten werden.

Herr Kruse wies darauf hin, dass sich Kamen auf eine kompakte Innenstadt fokussieren sollte, besonders vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie. Ein weiterer wichtiger Punkt sind die Nahversorgungsstandorte. Im Einzelhandelskonzept sei besonders die Funktion der Betreiber an dem Standort wichtig und nicht der Versorger an sich.

 

Auf Anfrage von Herr Krause, führte Herr Kruse aus, dass der Lidl an der Lünener Str. ein wichtiger Versorgungsstandort sei. Würde sich zum Beispiel ein weiterer Lebensmittelladen neben Lidl ansiedeln, so würde dies nur eine neue Konkurrenzsituation schaffen, aber die Nahversorgung würde sich nicht verändern, da das Angebot sich im gleichen Gebiet befände.
Es sei darauf zu achten, dass das Angebot nicht zu groß werde, so dass andere Versorgungszentren davon beeinflusst wären.

Herr Kruse führte seinen Vortrag fort und erklärte, dass sich das Einzelhandelskonzept auch auf Suchräume konzentriere. Beispielsweise gebe es in Kamen-Methler einen Bedarf für einen Lebensmittelhändler. Im Konzept wurde nur der Bedarf beschrieben, aber kein genauer Standort definiert.

Die Standorte Zollpost und Kamen Karree, so Herr Kruse weiter, sollten zum Ziel haben, sich nicht weiter in Richtung zentrenrelevante Sortimente zu entwickeln, da dies die Innenstadt weiter schwäche.

Herr Kruse wies darauf hin, dass es für die Ansiedlung zentrenrelevanter Sortimente außerhalb des Zentrums definierte Bagatellgrenzen gebe. In Kamen lege diese bei 150 qm, unter dieser Grenze sind die Verkaufsflächen städtebaulich nicht relevant.
Er merkte weiterhin an, dass das Randsortiment einen funktionalen Zusammenhang zum Kernsortiment haben muss und einen Anteil von 10% nicht übersteigen dürfe.

 

Herr Wünnemann erklärte im Namen der CDU-Fraktion die Zustimmung für das Einzelhandelskonzept. Er lobte, dass besonders die qualitative Versorgung herausgearbeitet wurde und die Stärkung der Innenstadt und die Versorgungsschwerpunkte dargestellt wurden. Der CDU fehle aber im Rahmen der Rückmeldungen zu dem Konzept, neben den Stellungnahmen von IHK, LIDL, RVR und Handelsverband Deutschland, die von KIG, der Kaufleutegemeinschaft Bahnhof- und Poststr. sowie der Gastronomie. Er forderte, diese im Nachhinein einzuholen und einzuarbeiten.

Seine Fraktion habe die Frage diskutiert, wie die Leute in die Innenstadt zu bringen seien und dazu müsse die Innenstadt attraktiver und familienfreundlicher werden. Besonders der Gesichtspunkt des Wohnens sollte mehr in den Fokus rücken und es sollte die Frage gestellt werden, wie Spiel, Sport und Freizeit in die Innenstadt geholt werden könne. Hierzu sollte ein Nebenkonzept erstellt werden.

Herr Heidler dankte Herrn Kruse für die Ausführungen und bestätigte, dass das Thema Randsortimente eine große Rolle spiele. Es gehe darum, das „Leben“ in die Innenstadt zu holen. Ziel sollte eine familienfreundliche Innenstadt sein.
Die SPD-Fraktion stimme dem Einzelhandelskonzept zu. Es werde sehr viel Potential in dem Konzept gesehen und es gebe viel Unterstützung für die Zukunft der Innenstadt und der zentrenrelevanten Versorgung.

 

Herr Fuhrmann fragte nach, warum LIDL eine Vergrößerung nicht genehmigt werde. Sie möchten einen barrierefreien Zugang gewähren und Regalabstände vergrößern. Eine zweite Frage galt der Größe und Vielfalt des Randsortimentes.

 

Zur ersten Frage antwortete Herr Kruse, dass hierbei entscheidend sei, wie groß der LIDL endgültig werde. Es werde nicht grundsätzlich abgelehnt. Zur zweiten Frage führte Herr Kruse aus, dass vor ca. 30 Jahren eine Arbeitshilfe zum EHK entwickelt wurde, die auch auf die Frage eingehe, wie verschiedene Vergrößerungen des Randsortimentes die Struktur eines Geschäftes verändern. Deshalb wurden damals Obergrenzen festgelegt, welche noch heute ihre Anwendung finden.

 

Herr Kobus begrüßte es, den Fokus auf die Innenstadt zu legen und hob positiv hervor, dass die wohnortnahe Versorgung in den Vororten betrachtet wurde. Für Methler wünscht er sich die Erstellung eines Quartiersentwicklungskonzeptes. Für die Innenstadt wäre es wünschenswert, wenn neben dem EHK auch alle anderen Gutachten die Innenstadt betreffend herangezogen würden, um den roten Faden für weitere Schritte zu finden.

 

Herr Kasperidus führte aus, dass ihm in der Stellungnahme von LIDL zum Beispiel aufgefallen ist, dass hier Erweiterungsbedarf angeführt wurde und fragte Herrn Kruse, inwiefern hier eine Salamitaktik zu befürchten sei, die Märkte nach und nach zu vergrößern.

 

Herr Kruse sprach von einer Betrachtung, die nur im Rückblick erfolgen kann. So seien die Märkte in den letzten 20 Jahren immer größer geworden und auch das Sortiment vielfältiger. Oft wurden Erweiterungen damit begründet, das Einkaufen dem Kunden durch große Gänge zu erleichtern. Am Ende stehe bei den Unternehmen aber immer die Kostenoptimierung. Heute findet man Aldi-Märkte kaum unter 1.000 qm, früher waren sie ca. 300 qm groß. Ziel sei es, die Abläufe zu optimieren, da die Gänge viel breiter seien im Vergleich zu früher. Natürlich wurden auch die Sortimente erweitert, so hatte man früher keine Backtheken in Discountern vorgefunden.
Der neueste Trend der Discounter sei, mehr und mehr Markenartikel anzubieten, neben ihren Hausmarken. Herr Kruse fasste zusammen, dass sich die Konzepte immer weiterentwickeln. Er sehe aber auch bald ein Ende der Weiterentwicklung in noch mehr Fläche, da es irgendwann nicht mehr rentabel für die Unternehmen sei.

Frau Wennekers-Stute erkundigte sich, ob die Erreichbarkeit der Innenstadt mit einer Takterhöhung der Busse verbessert werden könne und ob dies finanziell leistbar sei.
Sie zitierte aus dem EHK die Seite 13,1 Zitat „…Das Nahversorgungszentrum Lünener Straße sollte darüber hinaus durch verkehrliche Maßnahmen eine qualitative Aufwertung erfahren, dazu gehört auch eine gute Erreichbarkeit für alle Verkehrsteilnehmer…“. Sie fragte nach, inwiefern eine Buslinie umgelegt werden könne, um hier die Erreichbarkeit zu verbessern.

 

Herr Kruse erklärte, dass die Entfernungen etwas mit der Erreichbarkeit der Versorgungszentren zu tun haben. Sie zeigen, wie weit Leute zu Fuß einkaufen gehen. Dies seien festgelegte Richtlinien, welche sich aber auch mit der Zeit verändern bzw. entwickeln. Zurzeit ändere sich die Bedeutung der Erreichbarkeit mit dem Fahrrad durch die E-Bikes stark.
Mit den blauen Visio-Distanzen werde versucht darzustellen, wieviel Menschen in dem Einzugsgebiet leben. Zum besseren Verständnis führte Herr Kruse das Beispiel Methler an, wo ein Markt direkt neben dem bestehenden Versorgungszentrum keine Verbesserung darstellen würde, sondern nur ein weiterer neuer Standort. Nur in diesem Fall profitieren die Bürger von der Fußläufigkeit.

Da er kein Verkehrsplaner sei, vermutete er zur Frage der Taktung, dass dies keinen großen Effekt erziele, da Einkaufen mit ÖPNV hier in der Region nur eine untergeordnete Rolle spiele und die Kosten in keinem Verhältnis zu dem zu erwartenden Nutzen stehen.
Grundsätzlich sollte natürlich ein solches Nahversorgungszentrum an den ÖPNV angeschlossen sein.

 

Herr Kissing fand das Kriterium der Erreichbarkeit der Innenstadt als verbesserungswürdig und regte eine fahrradfreundliche Innenstadt an.

 

Frau Heinrichsen kam auf den Punkt der verschiedenen Konzepte zurück und wies darauf hin, dass die verschiedenen Konzepte auch gemeinsame Schnittmengen hätten. Sie fragte an, ob es geplant sei, diese Konzepte, z.B. Nahversorgungskonzept, EHK, Entstehung von Seniorentreffs etc., gemeinsam zu betrachten, um sie in Einklang zu bringen und konkurrierende Punkte zu erkennen.

 

Herr Dr. Liedtke führte aus, dass die erstellten und existierenden Konzepte und Gutachten immer präsent seien und das politische Handeln beeinflussen und in die Entscheidungen mit einfließen.

 

Frau Peppmeier ergänzte die Antwort dahingehend, dass in allen Entscheidungen die Innenstadt berücksichtigt werde und die beschlossenen Konzepte hineinbezogen werden. Es gebe aber auch Angelegenheiten, die kurzfristig umzusetzen seien, so z.B. das Sofortprogramm Innenstadt, welches vom Land auch im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie aufgelegt wurde. Auch bei Veranstaltungen werde immer Rücksicht auf die Innenstadt genommen und mit einbezogen.

Frau Peppmeier kam auf den Wortbeitrag von Herrn Wünnemann zurück und der Kritik, dass verschiedene Stellungnahmen in Bezug auf das EHK fehlen würden. Bei der Vorstellung des EHK in der ersten Entwurfsfassung haben bereits die verschiedenen Dachverbände ihre Unterstützung und ihr Einverständnis zugesichert, sofern es zur Stärkung der Innenstadt beitrüge.

 

Herr Heidler fügte noch hinzu, dass alle Konzepte die Politik nicht vom Denken befreien werden. Er sehe darin Hilfestellungen und besonders im EHK werden später auch rechtliche Rahmenbedingungen für die Bauleitplanung ermöglicht. Konzepte geben den Rahmen vor, in dem später gehandelt werden sollte. Herr Heidler verwies nochmal auf den Unterschied zwischen Konzepten und Anträgen, da einige genannte Punkte in Anträgen von SPD und CDU waren, welche die Innenstadt betrafen. Die SPD habe eine Vision für Innenstadt, sie soll offen, attraktiv und für jeden zugänglich sein und die Gemeinschaft gelebt werden. Und wenn es von anderen Fraktionen gute Anträge für eine lebendige Innenstadt gebe, so werden diese ebenfalls von der SPD unterstützt.

 

Herr Kissing führte aus, dass mit den Konzepten die Leitlinien vorgegeben und Wege aufgezeichnet werden. Es sei Aufgabe der Politik zu erkennen, ob es konkurrierende Zielsetzungen gebe. Grundsätzlich müssen Entscheidungen im Rat getroffen werden und im Rat werde auch der Schwerpunkt und Art des Flächenverbrauchs festgelegt.

 

Herr Nickel ergänzte, dass mit dem EHK der Grundstock gelegt werde für weitere Entscheidungsfindungen. Es werde jetzt die planungsrechtliche Grundlage geschaffen. Das vorher Angesprochene, komme dann erst in einem zweiten Schritt.

 

Herr Wünnemann fragte nach, inwieweit Immobilienbesitzer diese Konzepte mittragen.

Losgelöst von dem Verfahren des Einzelhandelskonzeptes, stellte Frau Peppmeier fest, dass die Immobilienbesitzer auch nach Corona die Gewerbetreibenden unterstützen und an einer lebendigen Innenstadt interessiert seien.

 

Herr Eisenhardt las den Beschlussvorschlag vor und machte darauf aufmerksam, dass die Abstimmung getrennt erfolgen müsse.