Sitzung: 24.03.2022 Planungs- und Stadtentwicklungsausschuss, Wirtschaftsausschuss
Gremium: Planungs- und Stadtentwicklungsausschuss
Vorlage: 015/2022
Beschlussempfehlung:
Der Rat der Stadt Kamen beschließt das
Einzelhandelskonzept mit der Festlegung der zentralen Versorgungsbereiche und
der Sortimentsliste (Kamener Sortimentsliste) in der vorliegenden Fassung
(Februar 2022). Das Einzelhandelskonzept ist bei der weiteren Bauleitplanung
als städtebauliches Entwicklungskonzept im Sinne des § 1 Abs. 6 Ziff. 11
BauGB zugrunde zu legen.
Abstimmungsergebnis: einstimmig angenommen
Herr Eisenhardt begrüßte Herrn Kruse von
Junker+Kruse als Gastredner.
Herr Kruse stellte die wesentlichen
Bausteine des Einzelhandelskonzeptes anhand der Präsentation (im Ratsinformationssystem hinterlegt) vor
und ging kurz auf die Vorgehensweise der Entstehung des Konzeptes ein.
Zu Beginn wurde eine Ist-Analyse durchgeführt, welche die aktuelle Kamener
Einzelhandelssituation erfasste. Schwerpunkte waren hierbei die Innenstadt und
die verschiedenen Stadtteile von Kamen.
Anschließend wurde eine Perspektivbetrachtung durchgeführt, mit der
Fragestellung, wie soll sich Kamen entwickeln. Abschließend wurde das
Einzelhandelskonzept mit den übergeordneten Entwicklungszielen, der
Sortimentsliste und den Umsetzungsempfehlungen erstellt.
Im Fokus stehe die Stärkung der Innenstadt. Weiterhin ist eine wohnortnahe
Versorgung in den Vororten notwendig.
In den Gewerbegebieten muss darauf geachtet werden, dass diese weitestgehend
von Einzelhandel freigehalten werden.
Herr Kruse wies
darauf hin, dass sich Kamen auf eine kompakte Innenstadt fokussieren sollte,
besonders vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie. Ein weiterer wichtiger Punkt
sind die Nahversorgungsstandorte. Im Einzelhandelskonzept sei besonders die
Funktion der Betreiber an dem Standort wichtig und nicht der Versorger an sich.
Auf Anfrage von
Herr Krause, führte Herr Kruse aus, dass der Lidl an der Lünener
Str. ein wichtiger Versorgungsstandort sei. Würde sich zum Beispiel ein
weiterer Lebensmittelladen neben Lidl ansiedeln, so würde dies nur eine neue Konkurrenzsituation
schaffen, aber die Nahversorgung würde sich nicht verändern, da das Angebot
sich im gleichen Gebiet befände.
Es sei darauf zu achten, dass das Angebot nicht zu groß werde, so dass andere
Versorgungszentren davon beeinflusst wären.
Herr Kruse führte
seinen Vortrag fort und erklärte, dass sich das Einzelhandelskonzept auch auf
Suchräume konzentriere. Beispielsweise gebe es in Kamen-Methler einen Bedarf
für einen Lebensmittelhändler. Im Konzept wurde nur der Bedarf beschrieben,
aber kein genauer Standort definiert.
Die Standorte
Zollpost und Kamen Karree, so Herr Kruse weiter, sollten zum Ziel haben, sich
nicht weiter in Richtung zentrenrelevante Sortimente zu entwickeln, da dies die
Innenstadt weiter schwäche.
Herr Kruse wies
darauf hin, dass es für die Ansiedlung zentrenrelevanter Sortimente außerhalb
des Zentrums definierte Bagatellgrenzen gebe. In Kamen lege diese bei 150 qm,
unter dieser Grenze sind die Verkaufsflächen städtebaulich nicht relevant.
Er merkte weiterhin an, dass das Randsortiment einen funktionalen Zusammenhang
zum Kernsortiment haben muss und einen Anteil von 10% nicht übersteigen dürfe.
Herr Wünnemann erklärte im Namen der
CDU-Fraktion die Zustimmung für das Einzelhandelskonzept. Er lobte, dass
besonders die qualitative Versorgung herausgearbeitet wurde und die Stärkung
der Innenstadt und die Versorgungsschwerpunkte dargestellt wurden. Der CDU
fehle aber im Rahmen der Rückmeldungen zu dem Konzept, neben den Stellungnahmen
von IHK, LIDL, RVR und Handelsverband Deutschland, die von KIG, der
Kaufleutegemeinschaft Bahnhof- und Poststr. sowie der Gastronomie. Er forderte,
diese im Nachhinein einzuholen und einzuarbeiten.
Die Innenstadt
müsse attraktiver und familienfreundlicher werden. Besonders der Gesichtspunkt
des Wohnens sollte mehr in den Fokus rücken und es sollte die Frage gestellt
werden, wie Spiel, Sport und Freizeit in die Innenstadt geholt werden könne.
Herr Heidler dankte Herrn Kruse für die
Ausführungen und bestätigte, dass das Thema Randsortimente eine große Rolle
spiele. Es gehe darum, das „Leben“ in die Innenstadt zu holen. Ziel sollte eine
familienfreundliche Innenstadt sein.
Die SPD-Fraktion stimme dem Einzelhandelskonzept zu. Es werde sehr viel
Potential in dem Konzept gesehen und es gebe viel Unterstützung für die Zukunft
der Innenstadt und der zentrenrelevanten Versorgung.
Herr Fuhrmann fragte nach, warum eine
Vergrößerung des LIDL woh nicht genehmigungsfähig ist. Sie möchten einen
barrierefreien Zugang gewähren und Regalabstände vergrößern. Eine zweite Frage
galt der Größe und Vielfalt des Randsortimentes.
Zur ersten Frage
antwortete Herr Kruse, dass hierbei
entscheidend sei, wie groß der LIDL endgültig werde. Es werde nicht
grundsätzlich abgelehnt. Zur zweiten Frage führte Herr Kruse aus, dass vor ca. 30
Jahren eine Arbeitshilfe zum EHK entwickelt wurde, die auch auf die Frage
eingehe, wie verschiedene Vergrößerungen des Randsortimentes die Struktur eines
Geschäftes verändern. Deshalb wurden damals Obergrenzen festgelegt, welche noch
heute ihre Anwendung finden.
Herr Kobus begrüßte es, den Fokus auf die
Innenstadt zu legen und hob positiv hervor, dass die wohnortnahe Versorgung in
den Vororten betrachtet wurde. Für Methler wünscht er sich die Erstellung eines
Quartiersentwicklungskonzeptes. Für die Innenstadt wäre es wünschenswert, wenn
neben dem EHK auch alle anderen Gutachten die Innenstadt betreffend
herangezogen würden, um den roten Faden für weitere Schritte zu finden.
Herr Kasperidus führte aus, dass ihm in der
Stellungnahme von LIDL zum Beispiel aufgefallen ist, dass hier
Erweiterungsbedarf angeführt wurde und fragte Herrn Kruse, inwiefern hier eine
Salamitaktik zu befürchten sei, die Märkte nach und nach zu vergrößern.
Herr Kruse sprach von einer Betrachtung, die
nur im Rückblick erfolgen kann. So seien die Märkte in den letzten 20 Jahren
immer größer geworden und auch das Sortiment vielfältiger. Oft wurden
Erweiterungen damit begründet, das Einkaufen dem Kunden durch große Gänge zu
erleichtern. Am Ende stehe bei den Unternehmen aber immer die Kostenoptimierung.
Heute findet man Aldi-Märkte kaum unter 1.000 qm, früher waren sie ca. 300 qm
groß. Ziel sei es, die Abläufe zu optimieren, da die Gänge viel breiter seien
im Vergleich zu früher. Natürlich wurden auch die Sortimente erweitert, so
hatte man früher keine Backtheken in Discountern vorgefunden.
Der neueste Trend der Discounter sei, mehr und mehr Markenartikel anzubieten,
neben ihren Hausmarken. Herr Kruse fasste zusammen, dass sich die Konzepte
immer weiterentwickeln. Er sehe aber auch bald ein Ende der Weiterentwicklung
in noch mehr Fläche, da es irgendwann nicht mehr rentabel für die Unternehmen
sei.
Frau Wennekers-Stute erkundigte sich, ob die
Erreichbarkeit der Innenstadt mit einer Takterhöhung der Busse verbessert
werden könne und ob dies finanziell leistbar sei.
Sie zitierte aus dem EHK die Seite 13,1 Zitat „…Das Nahversorgungszentrum
Lünener Straße sollte darüber hinaus durch verkehrliche Maßnahmen eine
qualitative Aufwertung erfahren, dazu gehört auch eine gute Erreichbarkeit für
alle Verkehrsteilnehmer…“. Sie fragte nach, inwiefern eine Buslinie umgelegt
werden könne, um hier die Erreichbarkeit zu verbessern.
Herr Kruse erklärte, dass die Entfernungen
etwas mit der fußläufigen Erreichbarkeit der Versorgungszentren zu tun haben.
Dies seien festgelegte Richtlinien, welche sich aber auch mit der Zeit
verändern bzw. entwickeln. Zurzeit ändere sich die Bedeutung der Erreichbarkeit
mit dem Fahrrad durch die E-Bikes stark.
Mit den blauen Visio-Distanzen werde versucht darzustellen, wieviel Menschen in
dem Einzugsgebiet leben. Zum besseren Verständnis führte Herr Kruse das
Beispiel Methler an, wo ein Markt direkt neben dem bestehenden
Versorgungszentrum keine Verbesserung darstellen würde, sondern nur ein
weiterer neuer Standort. Nur in diesem Fall profitieren die Bürger von der
Fußläufigkeit.
Da er kein
Verkehrsplaner sei, vermutete er zur Frage der Taktung, dass dies keinen großen
Effekt erziele, da Einkaufen mit ÖPNV hier in der Region nur eine
untergeordnete Rolle spiele und die Kosten in keinem Verhältnis zu dem zu
erwartenden Nutzen stehen.
Grundsätzlich sollte natürlich ein Nahversorgungszentrum an den ÖPNV
angeschlossen sein.
Herr Kissing fand das Kriterium der
Erreichbarkeit der Innenstadt als verbesserungswürdig und regte eine
fahrradfreundliche Innenstadt an.
Frau Heinrichsen kam auf den Punkt der
verschiedenen Konzepte zurück und wies darauf hin, dass die verschiedenen
Konzepte auch gemeinsame Schnittmengen hätten. Sie fragte an, ob es geplant
sei, diese Konzepte, z.B. Nahversorgungskonzept, EHK, Entstehung von
Seniorentreffs etc., gemeinsam zu betrachten, um sie in Einklang zu bringen und
konkurrierende Punkte zu erkennen.
Herr Dr. Liedtke führte aus, dass die
erstellten und existierenden Konzepte und Gutachten immer präsent seien und das
politische Handeln beeinflussen und in die Entscheidungen mit einfließen.
Frau Peppmeier ergänzte die Antwort
dahingehend, dass in allen Entscheidungen die Innenstadt berücksichtigt werde
und die beschlossenen Konzepte hineinbezogen werden. Es gebe aber auch
Angelegenheiten, die kurzfristig umzusetzen seien, so z.B. das Sofortprogramm
Innenstadt, welches vom Land auch im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie
aufgelegt wurde. Auch bei Veranstaltungen sei die Belebung der Innenstadt das
Ziel.
Frau Peppmeier kam
auf den Wortbeitrag von Herrn Wünnemann zurück und dem Hinweis, dass
verschiedene Stellungnahmen in Bezug auf das EHK fehlen würden. Bei der Vorstellung
des EHK ab der ersten Entwurfsfassung haben bereits die verschiedenen
Dachverbände einschließlich der örtlichen Händlergemeinschaft ihre
Unterstützung und ihr Einverständnis zugesichert, sofern es zur Stärkung der
Innenstadt beitrüge.
Herr Heidler fügte noch hinzu, dass alle
Konzepte Hilfestellungen darstellten. Besonders im EHK werden rechtliche
Rahmenbedingungen für die Bauleitplanung ermöglicht. Konzepte geben den Rahmen
vor, in dem später gehandelt werden sollte. Die Innenstadt solle offen,
attraktiv und für jeden zugänglich sein und die Gemeinschaft gelebt werden. Dazu
gebe es diverse Antragslangen und Ratsbeschlüsse.
Auch Herr Kissing stellte fest, dass mit den
Konzepten die Leitlinien vorgegeben und Wege aufgezeichnet werden. Es sei
Aufgabe der Politik zu erkennen, ob es konkurrierende Zielsetzungen gebe.
Grundsätzlich müssen Entscheidungen im Rat getroffen werden und im Rat werde
auch der Schwerpunkt und Art des Flächenverbrauchs festgelegt.
Herr Nickel ergänzte, dass mit dem EHK der
Grundstock gelegt werde für weitere Entscheidungsfindungen. Es werde jetzt die
planungsrechtliche Grundlage für Gestaltung geschaffen.
Herr Wünnemann fragte nach, inwieweit
Immobilienbesitzer diese Konzepte mittragen.
Losgelöst von dem
Verfahren des Einzelhandelskonzeptes, stellte Frau Peppmeier fest, dass die Immobilienbesitzer, mit denen man in
Kontakt stehe, auch nach Corona die Gewerbetreibenden unterstützen und an einer
lebendigen Innenstadt interessiert seien.