Sitzung: 28.10.2021 Jugendhilfeausschuss
Herr Dr. Frank Siebert, Geschäftsführer der
Trinuts GmbH, bedankte sich für die Einladung und erläuterte anhand einer
Präsentation das Modul kitaVM zur digitalen Planung und Vergabe von
Kinderbetreuungsplätzen in Einrichtungen, das als reine Elternplattform
konzipierte Modul mykitaVM sowie das Verwaltungs- und Abrechnungsmodul für die
Tagespflege, kitaTP. Es sei ohne ein zentrales Vergabesystem für die Eltern,
Einrichtungen und Kommune schwierig, das Vergabeverfahren effizient und mit
einer hohen Qualität abzuwickeln. Zudem bestünde ein großer Verwaltungsaufwand
innerhalb der Einrichtungen, zeitaufwendiger Kommunikationsbedarf mit den
Eltern und durch Listenabgleiche der Einrichtungen untereinander. Die
Verwaltungen seien darüber hinaus während des Verfahrens eine sehr lange Zeit
oft nur bedingt auskunftsfähig, inwieweit Anmeldungen analog zu den Daten aus
dem Einwohnermeldewesen erfolgt seien oder ob darüber hinaus Doppelanmeldungen
vorlägen. Zu beheben sei dies mit einem zentralen Datenpool, wie den
kitaVM-Modulen.
Mithilfe des
Elternportals mykitaVM könnten Eltern eine Allgemein-, Entfernungs- oder auch
Schlagwortsuche der Kindertageseinrichtungen vornehmen und sich diese gefiltert
auf einer Karte anzeigen lassen. Nach dem Aufruf einer Einrichtung würden
Standardinformationen wie Ansprechpartner, Öffnungszeiten, Adresse sowie
Erreichbarkeit im ÖPNV angezeigt. Darüber hinaus könnten auch weitere von den
Einrichtungen frei gestaltbare Informationen und Fotos angezeigt werden, mit
denen sich die jeweiligen Einrichtungen präsentieren und vorstellen möchten.
Nach Auswahl interessanter und in die engere Auswahl kommender Einrichtungen
könnten sich die Eltern mittels Benutzernamen sowie selbstgewähltem Passwort
registrieren, die persönlichen Daten eingeben und die Einrichtungen in der
gewünschten Reihenfolge priorisieren. Da die Registrierung im Rahmen eines
Familienkontos erfolge, sei auch die Erfassung mehrerer Kinder möglich. Die
eingegebenen Daten und Vormerkungen könnten im Anschluss angezeigt,
heruntergeladen, ausgedruckt und per Schnittstelle an kitaVM übermittelt
werden.
Bei kitaVM
handele es sich um die von den Einrichtungen, Trägern und der Kommune genutzte
Planungs- und Vergabeplattform. Angepasst an diese unterschiedlichen Akteure
sei auch das Portal aufgebaut, so dass nutzerspezifisch auch nur die zur
jeweiligen Aufgabenerfüllung erforderlichen Informationen bzw. Funktionen
sichtbar und nutzbar seien.
Herr Siebert
wies zudem darauf hin, dass jeder Punkt im System konfigurierbar sei und
dementsprechend auf jede Art von organisatorischer Regelung in einer Kommune
reagiert werden könne.
Genereller
Dreh- und Angelpunkt seien die Wartelisten. Die Kommune hätte die Möglichkeit
alle Wartelisten einzusehen, zu filtern und auszuwerten, die Einrichtungen
könnten dies nur mit der jeweils eigenen. Kinder, die in ganz dringenden Fällen
sofort einen Betreuungsplatz benötigten, sogenannte Notfallkinder, könnten von
der Kommune einrichtungsübergreifend und rot markiert auf alle Wartelisten
gesetzt werden um die Chance auf eine schnelle Versorgung zu erhöhen.
Anschließend
fasste Herr Siebert stichpunktartig einige Vorteile der drei Module zusammen.
Hierzu gehöre die Zertifizierung des Informationssicherheitsmanagementssystems,
die Anpassung an die jeweiligen Kundenprozesse, die flexible und zügige
Einführung des Systems, kompakte halbtägige Schulungen mit Workshop-Charakter
für die Einrichtungen, ein Online-Handbuch mit entsprechenden Handouts, ein
eigener Kundensupport, Serverstandorte in Deutschland sowie Ideenfindungen zur
Weiterentwicklung im Rahmen jährlicher Anwendertreffen.
Zur
Vorstellung des Moduls kitaTP erläuterte Herr Siebert zuvor beispielhaft
bestehende Problematiken in drei Abwicklungsbereichen der Kindertagespflege.
Das umfangreiche Dokumentenhandling und die Kontrolle ablaufender Fristen und
Gültigkeiten sei sehr komplex und führe zu einer mangelnden Übersicht. Zudem
sei das Abrechnungsverfahren in der Kindertagespflege durch hohe Wechselraten,
unterschiedliche Abrechnungsmodelle sowie wechselnde Parameter - z.B. Änderung
der Betreuungsstundenanzahl oder benötigte Randzeitenbetreuung - extrem
kompliziert. Wichtig für die Vermittlung von Kindertagespflegeplätzen sei auch
ein Überblick über verfügbare Betreuungskapazitäten. Optimierungsbedarf gäbe es
überdies im Bereich der aufwendigen Statistikübertragung ins IDEV-Portal.
KitaTP
vereinfache all dies durch ein übersichtliches Ampelsystem ablaufender Fristen,
mit parametergeprüften Einzel- und Sammelabrechnungen, durch einen
Belegungsplan mit entsprechendem Hinweis bei Überbelegung und einer direkt ins
IDEV-Portal exportierbaren Statistikdatei.
Frau Bartosch bedankte sich für die
informativen Ausführungen und fragte an, ob Eltern, deren Anmeldewünsche
bereits bei der Kita hinterlegt seien, sich nach der Umstellung auf das neue
System erneut online anmelden müssten.
Laut Herrn Dr. Siebert sei dies abhängig vom
Kundenwunsch, also der Kommune. Hier sei erläuternd zu ergänzen, dass das
Elternportal mykitaVM nicht verpflichtend genutzt werden müsse, sondern eine
Eingabe in kitaVM auch durch die Einrichtung erfolgen könne, sobald die Eltern
dort vorstellig würden.
Auf die
Rückfrage von Frau Bartosch, ob sich
demnach in ihrer Einrichtung außer einem Mehraufwand durch das Einpflegen der
Daten in kitaVM nichts ändere, antwortete Herr Dr. Siebert, dass die bisher auch erfolgten Dateneingaben,
beispielsweise in einer Excel-Tabelle, lediglich durch die Erfassungen in
kitaVM ersetzt würden.
Frau Möller erkundigte sich, ob es zur
Vereinfachung für die Eltern Übersetzungsfunktionen in andere Sprachen in
mykitaVM gäbe.
Herr Dr. Siebert gab an, im Laufe des
nächsten Jahres würden zumindest die Erläuterungen in den Portalen übersetzt.
Es gäbe als überbrückenden Zwischenschritt bereits die Möglichkeit, die
vorgestellten Infoblätter mehrsprachig auf der Webseite zu verlinken. In der
Umsetzung schwierig sei die Übersetzung der durch die Einrichtungen frei
gestaltbaren Inhalte in mykitaVM. Voraussichtlich im nächsten Sommer könne
hierbei mittels eines freien Übersetzungsdienstes per Knopfdruck die Sprache
geändert werden. Das Risiko von möglichen Übersetzungsfehlern müsse jedoch
bedacht werden.
Des Weiteren
wurde nach eventuell vorhandenen Schnittstellen zu den in den Einrichtungen
aktuell genutzten Systemen gefragt. Schnittstellen seien laut Herrn Dr. Siebert vorhanden, die Daten
könnten mithilfe eines Exportprogramms in kitaVM eingespielt werden, eine
händische Neueingabe sei nicht erforderlich.
Frau Brückel bat um Mitteilung, ob die
Plattform barrierefrei, also in leichter Sprache verfügbar sei.
Herr Dr. Siebert erläuterte, dass zwischen
den Begrifflichkeiten unterschieden werden müsse. Laut einer Untersuchung sei
das System per offizieller Definition zu 98,5 % barrierefrei. Die einfache
Sprache sei jedoch noch nicht integriert, es gäbe allerdings Kunden, die das
Portal direkt in einfacher Sprache verfasst hätten. Hilfsweise könne ein
Infoblatt in einfacher Sprache verlinkt werden, um die Funktionalitäten des
Systems vereinfacht zu erklären.
Frau Kappen wies ergänzend darauf hin, dass
die Träger und Einrichtungsleitungen selbstverständlich bei den weiteren
Schritten informiert und mitgenommen würden. In gemeinsamen Gesprächen könne
auf einrichtungsspezifische Besonderheiten und Anpassungsmöglichkeiten
eingegangen, aber auch trägerübergreifende einheitliche Standards festgelegt
werden.
Die
Verwaltung sei laut Frau Brückel in
der letzten Sitzung des Jugendhilfeausschusses per Beschluss beauftragt worden,
eine geeignete Software-Lösung zur Online-Anmeldung vorzubereiten. Es ergäben
sich daraus die Fragestellungen, welche Programme gesichtet worden seien,
welcher Personenkreis diese Sichtungen vorgenommen habe, wo die Verwaltung den
besonderen Vorteil der Trinuts-Software sehe, inwieweit hierbei partizipativ
mitgearbeitet werden könne, welche Kosten für diese Software entstünden und wie
die Folgekosten kalkuliert würden.
Herr Gibbels gab an, dass Fachkräfte aus den
Bereichen Jugendhilfeplanung, Kindertageseinrichtungen und er selbst an dem
Vergleich verschiedener Programme mitgewirkt hätten. Die Hauptbegründung für
die vorgestellte Software sei die Möglichkeit der Priorisierung der
Einrichtungen durch die Eltern gewesen. Kein anderes gesichtetes Programm habe
diese Möglichkeit angeboten. Der Kostenrahmen sei vergleichbar mit anderen
Programmen. Herr Dr. Siebert
erklärte, zu Beginn der Einführung entstünden Schulungskosten sowie pauschale
Kosten zur Einrichtung der Token. Im Rahmen einer festgelegten und mit
steigender Anzahl sinkenden Preisstaffelung erfolge eine vierteljährliche
Abrechnung ausschließlich nach Zusagen. Support-, Update- und Wartungskosten
seien vollständig im Zusage-pro-Kindkopf-Preis enthalten, der somit auch die
alleinigen Folgekosten abbilde.
Frau Bartosch fragte diesbezüglich, ob die
Verwaltung die kompletten Kosten übernähme oder eine Umlage auf die Träger
erfolge.
Laut Herrn Gibbels trage die Verwaltung die
Kosten.
Auf eine
Rückfrage von Frau Brückel, ob auch
Kosten für eine Anmeldung entstünden, antwortete Herr Dr. Siebert, dass ausschließlich Zusagen abgerechnet würden.
Frau Klanke bat um Auskunft, ob und
inwieweit es eine systemseitige Plausibilitätsprüfung gäbe, um versehentliche
Falsch- oder Mehrfachanlagen von Kindern durch die Eltern zu vermeiden.
Herr Dr. Siebert erläuterte, die Einrichtung
müsse bei der Vorsprache der Eltern vor der Ersterfassung in kitaVM oder zur
Übernahme des Kindes aus dem Elternportal immer erst vorlaufend eine Suche
durchführen, ansonsten sei keine Anlage der Kinddaten möglich. In den
Suchergebnissen könne direkt erkannt werden, ob das Kind bereits im System
existiere oder ähnliche Namenseinträge vorhanden seien. Hierdurch könnten vor
Ort im persönlichen Gespräch mit den Eltern Unklarheiten oder Missverständnisse
direkt geklärt werden.
Müsse,
sofern eine Familie bereits in einer Einrichtung vorstellig geworden und
erfasst worden sei, eine weitere aufgesuchte Kita die Daten erneut eingeben,
erkundigte sich Frau Brückel.
Herr Dr. Siebert erklärte in Beantwortung
der Frage die empfohlene Vorgehensweise zur Anmeldung der Kinder, mit oder ohne
Nutzung des Elternportals mykitaVM: Die Eltern informieren sich, priorisieren
anhand der eigenen Wünsche und werden in der Einrichtung mit der Priorität 1
vorstellig. So werde auch sichergestellt, dass eine kompetente Fachkraft den
Entwicklungsstand des Kindes persönlich beurteilen kann. Die Ersterfassung der
Daten oder die Übernahme aus mykitaVM müsse lediglich bei der erstbesuchten
Kita erfolgen.
Frau Möller erkundigte sich, wie das
Zusageverfahren auf Grundlage der Eltern-Priorisierungen genau funktioniere.
Herr Dr. Siebert führte aus, dass die
Abwicklung in gestaffelten, zeitgesteuerten Zusagerunden erfolge. Hierfür lege
die Verwaltung im Vorfeld fixe Termine fest. Als Beispiel könne die erste
Zusagerunde am 1. Februar ausschließlich mit den Priorität-1-Kindern starten.
Daraufhin erhielten die Eltern eine bestimmte Frist, um sich zurückzumelden und
den zugesagten Betreuungsplatz verbindlich anzunehmen. Nach der Annahme befinde
sich das Kind nicht mehr auf der Warteliste. Zwei Wochen später erfolge die
Freischaltung der zweiten Runde, in der die Priorität-2-Einrichtungen eine
Auswahl der Kinder vornehmen können. Letztlich gäbe es noch eine dritte Runde
für die restlichen Prioritäten.
Hinsichtlich
des avisierten Starts des neuen Anmeldeverfahrens in 2022 bat Herr Langner um Auskunft darüber, ob Eltern,
die ihre Kinder bereits angemeldet hätten, sich erneut vormerken lassen
müssten, es demnach übergangsweise parallele Systeme gäbe.
Herr Gibbels antwortete, das Problem sei
erkannt worden und werde derzeit mit verschiedenen Varianten diskutiert.
Herr Dr. Siebert bestätigte die von Herrn Kusber angefragte Möglichkeit zur
Löschung des Familienkontos seitens der Eltern.
Frau Brückel bat um Angabe, was
zusammengefasst der große Vorteil des digitalisierten Anmelde- und
Vergabeverfahrens sei.
Der erste
Vorteil sei laut Herrn Dr. Siebert
die Zeitersparnis der Einrichtungen bei der Datenerfassung, der zweite Vorteil
sei der Wegfall der sehr zeitaufwendigen Kommunikation zwischen den
Einrichtungen zu den einzelnen Platzvergaben.
Durch das
zentrale Verfahren könne überdies auch rechtzeitig erkannt werden, wo
Betreuungsbedarfe nicht gedeckt würden und Maßnahmen geplant werden.
Laut Frau Kappen würden Eltern aus Sorge keinen
Kindergartenplatz zu bekommen, auch in Einrichtungen vorsprechen, die eigentlich
nicht den Wunschvorstellungen der Eltern entsprächen. Einzig und allein um die
Chancen auf die Versorgung mit einem Betreuungsplatz zu erhöhen. Durch das
vorgestellte Verfahren profitierten sowohl die Eltern als auch die
Einrichtungen davon, dass der mit diesen Gesprächen verbundene Zeitaufwand
entfiele.