Referent: Herr Diekmännken

 

Frau Kappen erwähnte, dass die Berichterstattung zu diesem Thema auch erfolge, weil in der letzten Sitzung aus den Reihen des Behindertenbeirates Klagen über die Bearbeitungspraxis der Kreisverwaltung geäußert wurden. Konkret erwähnt wurden die im Vergleich zur Handhabung bei der Stadt Dortmund kürzeren Überprüfungsintervalle sowie eine restriktivere Bearbeitung.

 

Herr Diekmännken hielt seinen Vortrag anhand einer der Niederschrift in Kopie beigefügten Präsentation.

Einleitend wies Herr Diekmännken darauf hin, dass durch das Gesetz zur Straffung der    Behördenstruktur zum 01.01.2008 die Aufgaben nach dem Schwerbehindertenrecht auf die 52 Kreise und kreisfreien Städte übertragen wurden. Der Kreis Unna habe seinerzeit die für die Aufgabenerfüllung notwendigen Mitarbeiter vom Versorgungsamt Dortmund gewonnen; auch die notwendigen Gutachter seien dort rekrutiert worden. Von daher verwundere es ihn, dass beim Kreis Unna eine andere Bearbeitungspraxis als in Dortmund vorherrschen solle.

Er erläuterte Zahlenmaterial über die im Kreis Unna vorhandenen Menschen mit einem Behinderungsgrad aufgeschlüsselt nach der jeweiligen Kommune, Altersgruppe sowie dem Grad der Behinderung. Hierbei fällt auf, dass das Zahlenmaterial zum Anteil der Menschen mit Behinderung an der Gesamtbevölkerung der Stadt Kamen Deckungsgleichheit mit dem Zahlenmaterial für den Kreis Unna zeigt.

Bemerkenswert fand Herr Diekmännken die Tatsache, dass jedem sechsten Einwohner des Kreises Unna ein Grad der Schwerbehinderung von 50% und mehr zuerkannt wurde. Die Schwerbehindertenquote im Kreis Unna in Höhe von 16,08 % sei eine der höchsten in NRW. Auch diese Tatsache spräche nach seiner Ansicht dafür, dass der Kreis Unna bei der Bearbeitung von Schwerbehindertenangelegenheiten keinesfalls restriktiver arbeite als andere Bewilligungsbehörden in NRW.

Weiterhin schilderte Herr Diekmännken die Bearbeitungszeiten für Erst- und Änderungsanträge anhand der einzelnen jeweils mit Fristen versehenen Bearbeitungsschritte, die in Summe dazu führen könnten, dass eine Bearbeitungsdauer von 17 Wochen erreicht werden kann.

Anschließend erläuterte er, bei welchen Funktionsbeeinträchtigungen das Behindertenmerkmal „aG“ festzustellen sei. Bei der Prüfung der Voraussetzungen für die Feststellung dieser Eigenschaft kollidiere häufig das subjektive Empfinden der Menschen mit den rechtlichen Vorgaben.

Für den Bereich der Parkerleichterungen stellte Herr Diekmännken den blauen sowie den orangefarbenen Parkausweis vor. Zum Sitzungszeitpunkt waren 700 Kamener im Besitz des blauen Parkausweises. Er wies darauf hin, dass in manchen Kommunen der blaue Parkausweis schon während der Durchführung des Verfahrens zur Feststellung des Merkmals „aG“ erteilt wurde. Frau von Lück konnte bestätigen, dass diese Praxis in Kamen so geübt werde.

Frau Renate Jung bat darum, der Niederschrift Informationen zu Erlangung und Nutzungsmöglichkeit beizufügen.

 

Protokollnotiz Parkerleichterungen:

 

Voraussetzungen für den blauen Parkausweis

Den blauen Parkausweis für Behinderte können Sie beantragen, wenn folgende Kriterien vorliegen:

  • Schwerbehindertenausweis mit Merkzeichen aG (außergewöhnlich gehbehindert) oder Bl (blind).
  • Beidseitig fehlende Gliedmaßen oder vergleichbare Einschränkungen.

Es handelt sich bei diesem Personenkreis zu einem sehr hohen Prozentsatz um Rollstuhlfahrer. Deshalb werden diese speziellen Parkplätze auch oft Rollstuhlparkplatz oder Rollstuhlfahrer-Parkplatz genannt.

Wo darf man mit dem blauen Parkausweis parken?

Der blaue EU-Parkausweis gilt in den Ländern der Europäischen Union (Parkausweis für Menschen mit Behinderungen in der Europäischen Union). Allerdings gelten in den anderen Ländern der Europäischen Union oft andere Vorschriften als in Deutschland. Deshalb macht es Sinn, sich vor Antritt einer Auslandsreise zu erkundigen, wo Sie mit dem blauen EU-Parkausweis parken dürfen und wo nicht. Die hier aufgeführten Ausnahmeregelungen gelten deshalb nur für Deutschland.

  1. Auf ausgewiesenen Behindertenparkplätzen. Diese sind mit einem Schild mit einem Rollstuhlfahrersymbol gekennzeichnet. Oftmals ist auch noch die Parkplatzfläche mit einem entsprechenden Rollstuhlfahrer-Symbol gekennzeichnet.
  2. Im eingeschränkten Halteverbot darf bis zu 3 Stunden geparkt werden. Zusätzlich zum Behindertenparkausweis auch noch eine Parkscheibe gut sichtbar hinter die Windschutzscheibe legen.
  3. Auf Parkplätzen mit Parkuhren und Parkscheinautomaten darf ohne Gebühr und zeitliche Begrenzung geparkt werden.
  4. Auf Bewohnerparkplätzen bis zu 3 Stunden (An Parkscheibe denken!).
  5. In ausgewiesenen verkehrsberuhigten Bereichen darf auch außerhalb der markierten Parkplätze geparkt werden. Der übrige (vor allem fließende) Verkehr darf dabei nicht unverhältnismäßig beeinträchtigt werden.
  6. Es darf in Fußgängerzonen, in denen Be- und Entladen werden darf, während der Ladezeiten geparkt werden.
  7. Es darf über die zugelassene Zeit hinaus an Stellen geparkt werden, die durch die Zeichen „Parkplatz Anfang“ (Zeichen 314) und „Parken Ende“ (Zeichen 315) gekennzeichnet sind.
  8. Die zugelassene Parkdauer darf ebenfalls im Bereich eines Zonenhalteverbots, in dem das Parken erlaubt ist, überschritten werden.
  9. In bestimmten Halteverbotsstrecken darf längere Zeit geparkt werden.

Es gilt: Immer den Parkausweis und die Parkscheibe (bei zeitlich begrenzter Parkdauer) gut sichtbar hinter der Windschutzscheibe anbringen.

Voraussetzungen für den orangenen Parkausweis

Um einen orangefarbenen Parkausweis zu bekommen, sind die Voraussetzungen nicht ganz so hoch wie für den blauen Behindertenparkausweis.

Deshalb können schwerbehinderte Menschen unter folgenden Bedingungen einen orangenen Parkausweis beantragen:

  • Schwerbehindertenausweis mit Merkzeichen G (Gehbehinderung) und B (Begleitperson) und einem GdB (Grad der Behinderung) von mindestens 80 allein für Funktionsstörungen an den unteren Gliedmaßen (und der Lendenwirbelsäule, soweit sich diese auf das Gehvermögen auswirken).
  • Schwerbehindertenausweis mit Merkzeichen G und B und einem GdB von mindestens 70 allein für Funktionsstörungen an den unteren Gliedmaßen (und der Lendenwirbelsäule, soweit sich diese auf das Gehvermögen auswirken) und gleichzeitig einem GdB von mindestens 50 für Funktionsstörungen des Herzens oder der Atmungsorgane.
  • Schwerbehindertenausweis mit mindestens GdB 60 bei Personen die an Morbus Crohn oder Colitis ulccerosa erkrankt sind.*
  • Schwerbehindertenausweis mit mindestens GdB 70 bei Personen mit künstlichem Darmausgang und zugleich künstlicher Harnableitung.

Wo darf man mit dem orangenen Parkausweis parken?

Mit dem orangenen Behindertenparkausweis dürfen Sie in Deutschland überall dort parken, wo Sie auch mit dem blauen Parkausweis parken dürfen (siehe oben) AUSSER auf den Behindertenparkplätzen mit dem Rollstuhlfahrersymbol (siehe Punkt 1 oben).

Der orangene Parkausweis gilt NUR in Deutschland.

Was ist der Unterschied zwischen dem blauen und dem orangenen Parkausweis?

  1. Der blaue Parkausweis gilt europaweit, der orangene nur in Deutschland.
  2. Mit dem orangen Parkausweis darf man nicht auf Behindertenparkplätzen parken, sondern nur Parkerleichterungen in Anspruch nehmen.
  3. Für den blauen Behindertenparkausweis gelten andere Voraussetzungen als für den orangenen.

 

Abschließend wandte sich Herr Diekmännken dem Komplex „Nachprüfung der Schwerbehinderteneigenschaft“ zu. Er wies darauf hin, dass in der Regel bereits im Feststellungsbescheid eine Nachprüfung angekündigt werde.

Für den Personenkreis, der aufgrund von angeborenen oder im Kindesalter aufgetretenen Behinderungen das Merkzeichen „H“ erhalten habe, sei in der Regel mit Vollendung des 16. bzw. 18 Lebensjahres eine Überprüfung vorzunehmen. Dies sei in der Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-VO so vorgeschrieben.

 

Frau Renate Jung bat darum, diese Vorschrift der Niederschrift beizufügen.

 

Frau Kappen schlug vor, in der Niederschrift eine digitale Quelle bekanntzugeben.

 

Protokollnotiz:

Die Anlage ist unter folgender Webadresse einzusehen:

www.gesetze-im-internet.de/versmedv/anlage.html

 

Herr Diester schilderte einen Sachverhalt, der bei entsprechender rechtlicher Würdigung zur Zuerkennung eines Grades der Schwerbehinderung von 50 % führen müsse; der Kreis würde jedoch negativ entscheiden. Weiterhin wies er daraufhin, dass die beim zuständigen Sozialgericht anhängigen Klagen in Schwerbehindertenangelegenheiten zu 70% vom Kreis Unna stammen würden.

 

Herr Diekmännken erwiderte, dass das einem Klageverfahren vorgeschaltete Widerspruchsverfahren in Münster entschieden würde. In den vor Gericht anhängigen Klageverfahren würde die Kreisverwaltung die Verfahren größtenteils gewinnen.

 

Frau Renate Jung und Frau Kappen schlugen vor, dass die Herren Diekmännken und Diester die Streitpunkte in einem internen Gespräch klären mögen. Beide stimmten dem zu.

 

Herr Klafke erkundigte sich, ob im Falle des Ablebens im Zusammhang mit der Schwerbehinderteneigenschaft ausgestellte Dokument eingezogen würden.

 

Herr Diester verneinte dies.

 

Frau Schulze ergänzte, dass auch vor diesem Hintergrund nur befristete Ausweise ausgestellt würden.

 

Frau Petra Jung trug vor, dass ihr am DownSyndrom erkranktes Kind mit 18 Jahren überprüft wurde. Für sie sei es widersprüchlich, dass auf der einen Seite Betreuungsangebote gemacht würden, auf der anderen Seite geprüft werde, ob eine Kürzung bei dem zuerkannten Grad der Schwerbehinderung vorzunehmen sei. Nach ihrer Ansicht würden bei der Prüfung im Verfahren zur Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft zu viele Anforderungen gestellt.

 

Herr Göpfert erwiderte, dass es mit Sicherheit immer Möglichkeiten einer Prozessoptimierung gebe. Bestimmte Prüfungen seien aber unabdingbar.

 

Frau von Lück bat darum, die von Herrn Diekmännken vorgestellte Übersicht über die Funktionsbeeinträchtigungen, die zur Zuerkennung des Merkzeichens „aG“ führen, in der Sachbearbeitung bekannter zu machen.

 

Herr Diekmännken erwiderte, dass die Zuerkennung des Merkzeichens „aG“ nur bei Vorliegen schwerster Einschränkungen und auf Dauer erfolge. Diese Feststellung werde ausschließlich von einem Mediziner getroffen.

 

Herr Diester bat darum, eine digitale Quelle für die Versorgungsmedizin-VO bekanntzugeben.

 

Frau Kappen sagte dies zu.

 

Protokollnotiz:

In der weiter oben aufgeführten digitalen Quelle ist sowohl die Verordnung als auch die Anlage zu § 2 der Verordnung enthalten.