Sitzung: 15.01.2020 Behindertenbeirat
Referent: Herr Diekmännken
Frau Kappen erwähnte, dass die
Berichterstattung zu diesem Thema auch erfolge, weil in der letzten Sitzung aus
den Reihen des Behindertenbeirates Klagen über die Bearbeitungspraxis der
Kreisverwaltung geäußert wurden. Konkret erwähnt wurden die im Vergleich zur
Handhabung bei der Stadt Dortmund kürzeren Überprüfungsintervalle sowie eine
restriktivere Bearbeitung.
Herr Diekmännken hielt seinen Vortrag anhand
einer der Niederschrift in Kopie beigefügten Präsentation.
Einleitend wies
Herr Diekmännken darauf hin, dass
durch das Gesetz zur Straffung der
Behördenstruktur zum 01.01.2008 die Aufgaben nach dem
Schwerbehindertenrecht auf die 52 Kreise und kreisfreien Städte übertragen
wurden. Der Kreis Unna habe seinerzeit die für die Aufgabenerfüllung
notwendigen Mitarbeiter vom Versorgungsamt Dortmund gewonnen; auch die
notwendigen Gutachter seien dort rekrutiert worden. Von daher verwundere es
ihn, dass beim Kreis Unna eine andere Bearbeitungspraxis als in Dortmund
vorherrschen solle.
Er erläuterte
Zahlenmaterial über die im Kreis Unna vorhandenen Menschen mit einem
Behinderungsgrad aufgeschlüsselt nach der jeweiligen Kommune, Altersgruppe
sowie dem Grad der Behinderung. Hierbei fällt auf, dass das Zahlenmaterial zum
Anteil der Menschen mit Behinderung an der Gesamtbevölkerung der Stadt Kamen Deckungsgleichheit
mit dem Zahlenmaterial für den Kreis Unna zeigt.
Bemerkenswert fand
Herr Diekmännken die Tatsache, dass jedem sechsten Einwohner des Kreises Unna
ein Grad der Schwerbehinderung von 50% und mehr zuerkannt wurde. Die
Schwerbehindertenquote im Kreis Unna in Höhe von 16,08 % sei eine der höchsten
in NRW. Auch diese Tatsache spräche nach seiner Ansicht dafür, dass der Kreis
Unna bei der Bearbeitung von Schwerbehindertenangelegenheiten keinesfalls
restriktiver arbeite als andere Bewilligungsbehörden in NRW.
Weiterhin
schilderte Herr Diekmännken die Bearbeitungszeiten für Erst- und
Änderungsanträge anhand der einzelnen jeweils mit Fristen versehenen
Bearbeitungsschritte, die in Summe dazu führen könnten, dass eine
Bearbeitungsdauer von 17 Wochen erreicht werden kann.
Anschließend
erläuterte er, bei welchen Funktionsbeeinträchtigungen das Behindertenmerkmal
„aG“ festzustellen sei. Bei der Prüfung der Voraussetzungen für die
Feststellung dieser Eigenschaft kollidiere häufig das subjektive Empfinden der
Menschen mit den rechtlichen Vorgaben.
Für den Bereich der
Parkerleichterungen stellte Herr Diekmännken den blauen sowie den
orangefarbenen Parkausweis vor. Zum Sitzungszeitpunkt waren 700 Kamener im
Besitz des blauen Parkausweises. Er wies darauf hin, dass in manchen Kommunen
der blaue Parkausweis schon während der Durchführung des Verfahrens zur
Feststellung des Merkmals „aG“ erteilt wurde. Frau von Lück konnte bestätigen, dass diese Praxis in Kamen so geübt
werde.
Frau Renate Jung
bat darum, der Niederschrift Informationen zu Erlangung und Nutzungsmöglichkeit
beizufügen.
Protokollnotiz Parkerleichterungen:
Voraussetzungen
für den blauen Parkausweis
Den blauen Parkausweis für Behinderte
können Sie beantragen, wenn folgende Kriterien vorliegen:
- Schwerbehindertenausweis mit Merkzeichen aG (außergewöhnlich
gehbehindert) oder Bl (blind).
- Beidseitig fehlende Gliedmaßen oder vergleichbare Einschränkungen.
Es handelt sich bei diesem Personenkreis zu
einem sehr hohen Prozentsatz um Rollstuhlfahrer. Deshalb werden diese
speziellen Parkplätze auch oft Rollstuhlparkplatz oder
Rollstuhlfahrer-Parkplatz genannt.
Wo darf man
mit dem blauen Parkausweis parken?
Der blaue EU-Parkausweis gilt in den Ländern
der Europäischen Union (Parkausweis für Menschen mit Behinderungen in der
Europäischen Union). Allerdings gelten in den anderen Ländern der Europäischen
Union oft andere Vorschriften als in Deutschland. Deshalb macht es Sinn, sich
vor Antritt einer Auslandsreise zu erkundigen, wo Sie mit dem blauen
EU-Parkausweis parken dürfen und wo nicht. Die hier aufgeführten
Ausnahmeregelungen gelten deshalb nur für Deutschland.
- Auf ausgewiesenen Behindertenparkplätzen. Diese sind mit einem
Schild mit einem Rollstuhlfahrersymbol gekennzeichnet. Oftmals ist auch
noch die Parkplatzfläche mit einem entsprechenden Rollstuhlfahrer-Symbol
gekennzeichnet.
- Im eingeschränkten Halteverbot darf bis zu 3 Stunden geparkt
werden. Zusätzlich zum Behindertenparkausweis auch noch eine Parkscheibe
gut sichtbar hinter die Windschutzscheibe legen.
- Auf Parkplätzen mit Parkuhren und Parkscheinautomaten darf ohne
Gebühr und zeitliche Begrenzung geparkt werden.
- Auf Bewohnerparkplätzen bis zu 3 Stunden (An Parkscheibe denken!).
- In ausgewiesenen verkehrsberuhigten Bereichen darf auch außerhalb
der markierten Parkplätze geparkt werden. Der übrige (vor allem fließende)
Verkehr darf dabei nicht unverhältnismäßig beeinträchtigt werden.
- Es darf in Fußgängerzonen, in denen Be- und Entladen werden darf,
während der Ladezeiten geparkt werden.
- Es darf über die zugelassene Zeit hinaus an Stellen geparkt werden,
die durch die Zeichen „Parkplatz Anfang“ (Zeichen 314) und „Parken Ende“
(Zeichen 315) gekennzeichnet sind.
- Die zugelassene Parkdauer darf ebenfalls im Bereich eines
Zonenhalteverbots, in dem das Parken erlaubt ist, überschritten werden.
- In bestimmten Halteverbotsstrecken darf längere Zeit geparkt
werden.
Es gilt: Immer den Parkausweis und
die Parkscheibe (bei zeitlich begrenzter Parkdauer) gut sichtbar hinter der
Windschutzscheibe anbringen.
Voraussetzungen
für den orangenen Parkausweis
Um einen orangefarbenen Parkausweis zu
bekommen, sind die Voraussetzungen nicht ganz so hoch wie für den blauen Behindertenparkausweis.
Deshalb können schwerbehinderte Menschen
unter folgenden Bedingungen einen orangenen Parkausweis beantragen:
- Schwerbehindertenausweis mit Merkzeichen G (Gehbehinderung) und B
(Begleitperson) und einem GdB (Grad der Behinderung) von mindestens 80
allein für Funktionsstörungen an den unteren Gliedmaßen (und der
Lendenwirbelsäule, soweit sich diese auf das Gehvermögen auswirken).
- Schwerbehindertenausweis mit Merkzeichen G und B und einem GdB von
mindestens 70 allein für Funktionsstörungen an den unteren Gliedmaßen (und
der Lendenwirbelsäule, soweit sich diese auf das Gehvermögen auswirken)
und gleichzeitig einem GdB von mindestens 50 für Funktionsstörungen des
Herzens oder der Atmungsorgane.
- Schwerbehindertenausweis mit mindestens GdB 60 bei Personen die an
Morbus Crohn oder Colitis ulccerosa erkrankt sind.*
- Schwerbehindertenausweis mit mindestens GdB 70 bei Personen mit
künstlichem Darmausgang und zugleich künstlicher Harnableitung.
Wo darf man mit dem orangenen Parkausweis
parken?
Mit dem orangenen Behindertenparkausweis
dürfen Sie in Deutschland überall dort parken, wo Sie auch mit dem blauen
Parkausweis parken dürfen (siehe oben) AUSSER auf den
Behindertenparkplätzen mit dem Rollstuhlfahrersymbol (siehe Punkt 1 oben).
Der orangene Parkausweis gilt NUR in
Deutschland.
Was ist der
Unterschied zwischen dem blauen und dem orangenen Parkausweis?
- Der blaue Parkausweis gilt europaweit, der orangene nur in
Deutschland.
- Mit dem orangen Parkausweis darf man nicht auf
Behindertenparkplätzen parken, sondern nur Parkerleichterungen in Anspruch
nehmen.
- Für den blauen Behindertenparkausweis gelten andere Voraussetzungen
als für den orangenen.
Abschließend wandte
sich Herr Diekmännken dem Komplex „Nachprüfung
der Schwerbehinderteneigenschaft“ zu. Er wies darauf hin, dass in der Regel
bereits im Feststellungsbescheid eine Nachprüfung angekündigt werde.
Für den
Personenkreis, der aufgrund von angeborenen oder im Kindesalter aufgetretenen
Behinderungen das Merkzeichen „H“ erhalten habe, sei in der Regel mit
Vollendung des 16. bzw. 18 Lebensjahres eine Überprüfung vorzunehmen. Dies sei
in der Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-VO so vorgeschrieben.
Frau Renate Jung bat darum, diese Vorschrift
der Niederschrift beizufügen.
Frau Kappen schlug vor, in der Niederschrift
eine digitale Quelle bekanntzugeben.
Protokollnotiz:
Die Anlage ist unter folgender Webadresse
einzusehen:
www.gesetze-im-internet.de/versmedv/anlage.html
Herr Diester schilderte einen Sachverhalt,
der bei entsprechender rechtlicher Würdigung zur Zuerkennung eines Grades der
Schwerbehinderung von 50 % führen müsse; der Kreis würde jedoch negativ
entscheiden. Weiterhin wies er daraufhin, dass die beim zuständigen Sozialgericht
anhängigen Klagen in Schwerbehindertenangelegenheiten zu 70% vom Kreis Unna
stammen würden.
Herr Diekmännken erwiderte, dass das einem
Klageverfahren vorgeschaltete Widerspruchsverfahren in Münster entschieden
würde. In den vor Gericht anhängigen Klageverfahren würde die Kreisverwaltung
die Verfahren größtenteils gewinnen.
Frau Renate Jung und Frau Kappen schlugen vor, dass die Herren Diekmännken und Diester
die Streitpunkte in einem internen Gespräch klären mögen. Beide stimmten dem
zu.
Herr Klafke erkundigte sich, ob im Falle des Ablebens im Zusammhang
mit der Schwerbehinderteneigenschaft ausgestellte Dokument eingezogen würden.
Herr Diester verneinte dies.
Frau Schulze ergänzte, dass auch vor diesem
Hintergrund nur befristete Ausweise ausgestellt würden.
Frau Petra Jung trug vor, dass ihr am
DownSyndrom erkranktes Kind mit 18 Jahren überprüft wurde. Für sie sei es
widersprüchlich, dass auf der einen Seite Betreuungsangebote gemacht würden,
auf der anderen Seite geprüft werde, ob eine Kürzung bei dem zuerkannten Grad
der Schwerbehinderung vorzunehmen sei. Nach ihrer Ansicht würden bei der
Prüfung im Verfahren zur Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft zu viele
Anforderungen gestellt.
Herr Göpfert erwiderte, dass es mit
Sicherheit immer Möglichkeiten einer Prozessoptimierung gebe. Bestimmte
Prüfungen seien aber unabdingbar.
Frau von Lück bat darum, die von Herrn
Diekmännken vorgestellte Übersicht über die Funktionsbeeinträchtigungen, die
zur Zuerkennung des Merkzeichens „aG“ führen, in der Sachbearbeitung bekannter
zu machen.
Herr Diekmännken erwiderte, dass die
Zuerkennung des Merkzeichens „aG“ nur bei Vorliegen schwerster Einschränkungen
und auf Dauer erfolge. Diese Feststellung werde ausschließlich von einem
Mediziner getroffen.
Herr Diester bat darum, eine digitale Quelle
für die Versorgungsmedizin-VO bekanntzugeben.
Frau Kappen sagte dies zu.
Protokollnotiz:
In der weiter oben
aufgeführten digitalen Quelle ist sowohl die Verordnung als auch die Anlage zu
§ 2 der Verordnung enthalten.