Frau Unger stellte die systemische Weiterentwicklung der Arbeit im Frauenhaus vor. Nachdem das Projekt „Richtungswechsel“ beendet werden musste, werde die Arbeit im Sinne des Projektes aber weiter  fortgeführt. Dazu qualifizieren sich drei Mitarbeiterinnen nebenberuflich zu systemischen Beraterinnen. Die Leiterin des Frauenhauses sowie eine Erzieherin haben ihre Zusatzausbildung bereits abgeschlossen. Dieses neue Konzept, das eine „Öffnung“ des Frauenhauses beinhaltet, hat zur Folge, dass sowohl das technische Sicherheitskonzept erweitert als auch ein Softwareprogramm zur Gefährdungsanalyse angeschafft werden musste. Anhand eines Fragebogens werde mit jeder einzelnen Frau geklärt, ob das Frauenhaus des Frauenforums das richtige für sie ist oder ob sie besser in einem anderen Haus aufgehoben ist. Es komme vor, dass sehr gefährdete Frauen aus Sicherheitsgründen in ein anderes Frauenhaus vermittelt werden müssen. Ein nach außen sichtbares Indiz der „Öffnung“ sei z.B. das neue Schild „Frauenforum im Kreis Unna e.V.“ an der Eingangstür. Eine weitere Neuerung sei in diesem Zusammenhang die Einrichtung eines Besuchszimmers. Unter festgelegten Rahmenbedingungen können sowohl die Frauen als auch die Kinder Besuch empfangen, z.B. Freundinnen, Kolleginnen, Großeltern, oder Schulfreundinnen und -freunde. Möglich sei jetzt auch, dass Kinder, die z.B. beim Vater leben, über Nacht zu Besuch bei der Mutter bleiben können. Erste erfolgreiche Besuche haben bereits stattgefunden.

 

Auf die Frage von Frau Groer gab Frau Unger an, dass Jungen bis zu 14 Jahren im Frauenhaus mit aufgenommen werden. Ältere Kinder werden oftmals von der Verwandtschaft aufgenommen oder in die Obhutnahme des Jugendamtes gegeben.

 

Frau Gerdes erkundigte sich nach dem Tagesablauf der Kinder.

 

Frau Unger gab hierzu an, dass die Kinder im Kita-Alter im Frauenhaus verbleiben, während die schulpflichtigen Kinder in Unna zur Schule gehen. Da ca. 50% - 60% der Frauen nicht aus dem Kreis Unna stammen, ist besonders für die Kinder die neue Situation sehr belastend. Um zu unterstützen und zu trösten begleitet deshalb ein kleiner Bär „Bruno“ das Kind vom ersten Tag im Frauenhaus bis über den Auszug in eine neue Umgebung hinaus. Sie berichtete weiter, dass für das Projekt  „Richtungswechsel“ viel Geld akquiriert worden sei, und auch deshalb solle die damit verbundene inhaltliche Ausrichtung fortgesetzt werden. Für die Arbeit mit Tätern gebe es bereits eine Zusammenarbeit mit der „Gewaltberatung für Männer - Katholischer Sozialdienst e.V. Hamm“ und aktuell werden erste Gespräche mit dem Träger „Die Brücke e.V.“ in Dortmund geführt, der gerade ausdrücklich auch für den Kreis Unna mit dem Angebot „Mann ohne Gewalt – Prävention häuslicher Gewalt für Täter“ startet. Dieses Angebot werde vom Justizministerium NRW gefördert.

 

Herr Heidler merkte an, dass bei den Tätern ein hohes Maß an Selbsterkenntnis vorhanden sein müsse, um eine Beratung in Anspruch zu nehmen und fragte nach den bisher gemachten Erfahrungen.

 

Frau Unger antwortete, dass der Katholische Sozialdienst auf freiwilliger Basis arbeite und ausschließlich ein Angebot zur Beratung vorhalte. Die Erfahrung zeige aber, dass oftmals ein Einstieg über die Kinder sehr hilfreich und durchaus erfolgversprechend sei. „Die Brücke“ in Dortmund arbeite mit dem Gericht zusammen und die Täter bekommen die Teilnahme als Auflage verordnet.

 

Frau Karrasch erkundigte sich, ob die Zusammenarbeit mit den Männern nicht eher kontraproduktiv für die Arbeit mit den Frauen sei.

 

Frau Unger erklärte, dass die wichtigste Voraussetzung sei, dass sich Männer um die Täter kümmern. Diese notwendige Voraussetzung habe es in den vergangenen Jahren aufgrund mangelnder Angebote kaum gegeben, so dass es in der Tat kontraproduktiv gewesen wäre, wenn die Mitarbeiterinnen des Frauenforums auch mit den Männern gearbeitet hätten. Die jetzige Möglichkeit führe dazu, dass von zwei Seiten aufgeklärt und daran gearbeitet werden könne, was zu tun sei, um eine derartige Situation zukünftig zu verhindern. Die bisher gemachten Erfahrungen lassen den Schluss zu, dass diese Aufarbeitung auch den Frauen zugute komme, da die Situationen ganz anders reflektiert werden. Das führe wiederum dazu, dass Frauen seltener zurück in die Partnerschaft gehen sondern sich eine eigene Lebensperspektive aufbauen. Dieses neue Konzept bedeute auch, die Frau nicht als Opfer zu sehen sondern sie zu unterstützen, das Zepter selbst in die Hand zu nehmen und Eigenverantwortung zu übernehmen.

 

Abschließend berichtete Frau Unger, dass das Frauenforum einen Antrag zur Förderung von sogenannten „Second-Stage-Projekten“ beim Land gestellt habe. Die Landesregierung möchte mit passgenauen Hilfen die von häuslicher Gewalt betroffenen Frauen in der schwierigen Phase des Auszugs aus dem Frauenhaus und der Monate danach unterstützen, und sie dadurch befähigen, selbstbestimmt und gewaltfrei leben zu können. Die Umsetzung soll auch zur Schaffung freier Kapazitäten in Frauenhäusern als akute Kriseneinrichtung beitragen.

 

In Anbetracht der fortgeschrittenen Zeit schlug Frau Hartig vor, Frau Unger zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal in den Beirat einzuladen, um die weiteren Themen wie Vorstellung der „Fachstelle zu sexualisierter Gewalt“ und die Arbeit mit „traumatisierten Flüchtlingsfrauen“ zu behandeln.