Der Vorsitzende der Geschäftsführung der GSW, Herr Baudrexl, berichtete über die Stationen auf dem Weg in die Neue Welt der Energiewirtschaft am Beispiel der GSW.

 

Er stellte fest, dass die Gründung der GSW ein Leuchtturmprojekt einer erfolgreichen

(Re-)Kommunalisierung und interkommunalen Zusammenarbeit gewesen sei.

Hierbei habe man eine weitsichtige, stabile Basis geschaffen, um in der Zukunft zu bestehen.

 

Unternehmensentwicklung:

Zunächst sei ein auf die Größe des Versorgungsgebietes ausgerichtetes Unternehmen aufgebaut worden.

Die Verhandlung zu Netzübernahmen (Gas, Strom) gestalteten sich schwierig und auch bei der Personalentwicklung sei man vorsichtig vorgegangen. Gerade im Hinblick auf die Drohkulisse der Liberalisierung und des prognostizierten „Stadtwerkesterben“.

Von Vorteil sei die Kostenstruktur im Verhältnis zu tradierten Stadtwerken gewesen, die im Monopol „Fett“ angesetzt haben.

Durch Netzkäufe sei es zu einem hohen Fremdkapitalbedarf gekommen, welcher  zu einer  hohen Zinslast und Afa sowie einer  geringen Eigenkapitalquote (15 %) geführt habe.

 

Konsortialrecht:

Unterschiedliche konsortialrechtliche Regelungen haben zu einer gemeindescharfen Bäderfinanzierung, der Festlegung einer Eigenkapitalquote von 33 %, sowie auf den Verzicht von  Gewinnausschüttungen zur Stärkung des EK geführt.

 

Er stellte die Kennzahlen des  Jahresabschluss 2015 wie folgt dar:

 

Aktuelle Eigenkapitalquote: 30 %

Verbindlichkeiten: 64,1 Mio. Euro gegenüber 2014: 69,2 Mio. (Sondertilgungen)

Eigenkapital: 46,0 Mio

Bilanzsumme: 151, 5 Mio. und Umsatz: 147, 2 Mio.

Afa: 9,4 Mio.

Personalkosten: 12,7 Mio.

185 Mitarbeiter

2015: 9 Auszubildende, in der Spitze bis zu 16

(Industriekaufleute, Anlagenmechaniker, Elektroniker für Betriebstechnik

und Fachangestellte für Bäderbetriebe)

 

 

Liberalisierung:

Die Liberalisierung, so Herr Baudrexl weiter,  sei durch das Energiewirtschaftsgesetz im Jahre 1998 umgesetzt worden. Wesentliches Ziel sei gewesen, dass jeder seinen Stromlieferanten frei wählen könne. Ferner könne  jeder Stromanbieter unabhängig von seinem Standort seine Leistungen anbieten.

Die Entwicklung sei holprig verlaufen. Es fehlten die richtigen Instrumente dafür, dass jeder Anbieter auch einen diskriminierungsfreien Zugang zum Versorgungsnetz bekam.

2001 hatten nicht mehr als 10 Anbieter gemeinsam einen Anteil von 80 %.

 

Novellierungen des EnWG:

Durch die  1. Novellierung EnWG in 2005 sei mehr Wirkung entstanden. Erste Instrumente, Prozesse und rechtliche Regelungen seien sukzessive geschaffen worden, um den Netzzugang zu ermöglichen und effektive, standardisierte Wechselprozesse zu modellieren.

Die nachfolgend aufgeführten Punkte  waren die zentralen Inhalte der 2.Novellierung des EnWG in 2012:

·         diskriminierungsfreier Zugang zu Netzen gegen ein Netznutzungsentgelt 

·         Entflechtung von Verteiler- und Transportnetzen, d.h. die Trennung zwischen dem Netzbereich und den sonstigen Unternehmensbereichen, wie z.B. Energieerzeugung  (informatorisch, buchhalterisch, gesellschaftsrechtlich und personell)

·         Bestimmung der Bundesnetzagentur als nationale Regulierungsbehörde 

·         Stromkennzeichnung für Endverbraucher, die den Strommix offenlegt 

·         Genehmigungsverfahren für Netznutzungsentgelte 

·         Liberalisierung des Messwesens 

·         Smart Metering (Einrichtung intelligenter Zähler) 

·         Informations- und Hinweispflichten gegenüber Letztverbrauchern 

·         Schlichtungsstelle Energie

 

Herr Baudrexl betonte, dass die Schaffung von Marktrollen und Prozessen, die völliges Neuland waren, die Energieversorger intern vor große organisatorische, personelle und kostenintensive Herausforderungen gestellt haben. Dies sei zum Teil noch heute so. Nicht zuletzt durch den enormen Anstieg der IT-Kosten und durch die Einführung von IT-gestützten Verfahren, die auch die Systemhäuser überfordert haben.

 

Kooperationen:

Die GSW habe  immer den Weg gemeinsamer Kooperationen gesucht.

Die Stadtwerke seien geborene Kooperationspartner für die GSW.

Folgende Kooperationen wurden in den letzten Jahren geschlossen:

 

·         1998: Energiebeschaffung über Börsen (Marktzugang) durch Gründung der ehw

 

·         1999: Strategisches Ziel: Positionierung im regionalen Telekommunikationsmarkt durch Gründung HeLiNET

 

·         2005: Gründung Stadtwerkeverbund Hellweg-Lippe-Netz, Kooperation im Netzbereich, Pachtmodell mit regulatorischen Vorteilen

·         2005: Gründung der Stadtwerkeverbund Hellweg-Lippe-Netz-Service: IT-Betrieb und Unterstützung Marktkommunikation, fehlende Bereitschaft existierende Systeme aufzugeben

 

·         2005: Gründung Stadtwerke Energie Verbund, überregionaler Energievertrieb, Produkt „Kleiner Racker“

·         Positionierung in der Wertschöpfungskette Erzeugung über Trianel und eigene Windparks, Trianel erneuerbare Energien,

·         Trianel Windpark Borkum II

 

 

Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit vs. Bäderdebatte

Herr Baudrexl referierte, dass die GSW wirtschaftlich und strategisch gut aufgestellt sei, um die Herausforderungen, die die tiefgreifenden Veränderungen in der Energiewirtschaft mit sich bringen, zu bestehen.

Trotz schwieriger Rahmenbedingungen habe das Unternehmen gute Ergebnisse erzielt.

 

Hierbei sei nicht nur ein solide 5-jährigen Planung mit Bestandsbädern zu erwähnen, sondern auch von einer guten Kundenbindung sowie verantwortungsbewussten Anteilseignern, die es der GSW ermöglichen strategische Investitionsentscheidungen zu treffen, um das Unternehmen zukunftsfest zu machen.

Die Verankerung liege im Konsortialrecht.

Motiv sei die Verantwortung für das Unternehmen und 185 Arbeitsplätze sowie

die Erhaltung der wirtschaftlichen Kraft, um das Unternehmen zukunfts- und investitionsfähig aufzustellen.

Herr Baudrexl war dem Aufsichtsrat und den Anteilseignern sehr dankbar, diesen Weg mitzugehen. Ökonomische Weitsicht und Verantwortung für das Unternehmen kollidierten an dieser Stelle mit einer politischen Debatte, um das Maß kommunaler Daseinsvorsorgeangebote.

Wirtschaftliche Notwendigkeiten prallten auf Partikularinterressen.

Das Unternehmen sei für die Zukunft gut aufgestellt, wenn es  auch weiterhin die Möglichkeit habe, Entscheidungen mit ökonomischer Vernunft zu treffen. Die Bäderdebatte sei nicht geeignet, die grundsätzliche Leistungsfähigkeit des Unternehmens in Frage zu stellen.

Das Unternehmen wolle auch weiterhin eine bedarfsorientierte Bäderlandschaft betreiben und für die Anteilseigner ein werthaltiges Beteiligungsunternehmen mit angemessenen Renditen sein. Ferner sei es auch Ziel den Kunden wettbewerbsfähige Energiepreise zu bieten und soziale, sportliche und kulturelle Zwecke zu  fördern und zu unterstützen.

Dafür müsse die GSW die Ressourcen bündeln.

 

Hinweis auf interne Prozessherausforderungen der letzten Jahre:

Die Implementierung der Marktrollen (Verteilnetzbetreiber, Lieferant, Messstellenbetrieb (MSB) bleibe eine Herausforderung, so der Geschäftsführer.

Herausforderung an die IT:

·         Papierlose Marktkommunikation über Datenformate,

·         Energiedatenmanagement (EDM)

·         Bilanzierung und Abgleich der der physikalischen und virtuellen Welten unter Berücksichtigung von Lastgängen

·         Monatliche Mehr-, Mindermengenabrechnung an jedem Zählpunkt

 

Anreizregulierung:

Da das Netz eine Monopolstellung habe, sei im Wege der sogenannten Anreizregulierung die Monopolrendite des Netzbetreibers festgelegt worden.

Auf der Grundlage einer sogenannten Erlösobergrenze werde das zulässige Netznutzungsentgelt festgelegt. Basis sei die kalkulatorische Verzinsung des eingesetzten Eigenkapitals. Für jede sogenannte Regulierungsperiode ermittele die Bundesnetzagentur risiko- und finanzadäquate Zinssätze. Die sich daraus ergebende Rendite sei

für das Unternehmen nur erreichbar, wenn ein Effizienzwert von 100 % erreicht würde.

Prognostisch werde in Zukunft die Rendite eher sinken. Die Bedeutung der Verteilnetze für die erneuerbaren Energien steige. 90 % des EEG-Stromes werde in Verteilnetze eingespeist.

Durch das Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende komme es zu Einbauverpflichtungen intelligenter Messsysteme. Diese übermitteln im Viertelstundentakt die Daten an den Energieversorger. Hierdurch entstünden neue Geschäftsmodelle und damit auch neue Tarife. Ein wichtiger Punkt sei, dass die Kunden diese intelligenten Maßsysteme akzeptieren und auf die Arbeit und den Datenschutz der Stadtwerke vertrauen.

 

Engagement in Erneuerbare Energien:

Herr Baudrexl hob hervor, dass die GSW verstärkt auf erneuerbare Energien setze. So sei es durch die Beteiligung am Trianel Windpark Borkum, durch eigene Windräder in Süddeutschland, PV-Anlagen auf kommunalen Dächern, Beteiligung an TEE (Trianel Erneuerbare Energie {Onshore Windparks und Freiflächen PV-Anlagen) möglich, heute schon 15.000 Haushalte mit Strom aus erneuerbaren Energien zu beliefern.

Eine Beteiligung an einem 2. Bauabschnitt im Windpark Borkum sei geplant.

 

Energiepreise:

Die GSW werde den Gaspreis zum 01. Januar 2017 voraussichtlich senken. Auch im Strombereich werde die GSW ihren Beschaffungsvorteil aufgrund gesunkener Strompreise  in 2017 an die Kunden weitergeben. Aufgrund des hohen Umlagen- bzw. Staatsanteils, der voraussichtlich deutlich steigen werde, könne maximal der Strompreis stabil gehalten werden. Der Anteil der Beschaffungs- und Vertriebskosten läge bei lediglich 23 %.

 

Sonstiges:

Abschließend wies Herr Baudrexl darauf hin, dass die Gründung von Provion, eine  gemeinsame IT-Gesellschaft mit dem SW Unna, in Planung sei, um Synergien aus der Tatsache desselben IT-Unternehmens zu generieren zum Vorteil für beide Stadtwerke.

 

Herr Lipinski bedankte sich bei Herrn Baudrexl für die äußerst interessanten Ausführungen.

 

Herr Krause sprach Herrn Baudrexl für die detaillierte Darstellung der Geschäftsmodelle und der wirtschaftlichen Situation der GSW seinen Dank aus.

Bei der weiteren Entwicklung von neuen Geschäftsideen wünsche er der GSW weiterhin eine glückliche Hand. Er betonte, dass die Bäderdiskussion nicht vor dem Hintergrund der momentanen tatsächlichen wirtschaftlichen Situation zu führen sei.

 

Herr Heuchel bedankte sich für die Ausführungen. Er habe einen tiefen Einblick in die Geschäftswelt der GSW erhalten. Er erkundigte sich, ob die früheren Prepaidzähler weiterhin zum Einsatz kommen werden.

 

Herr Baudrexl erläuterte, dass diese Technik veraltet sei, sicherlich aber mit den neuen, intelligenten Zählern in der Zukunft ein Prepaidtarif umsetzbar sei.

 

Frau Dörlemann erkundigte sich nach der Möglichkeit der regionalen Stromerzeugung durch Windkraft und nach Erdgastankstellen.

 

Durch dicht besiedelte Flächen, die Nähe zur Autobahn aber auch aus Naturschutzgründen stünden planungsrechtlich keine Flächen zur Verfügung, so Herr Baudrexl.

Er  bestätigte weiterhin die Aussage von Frau Dörlemann, dass eine Betankung der mit Erdgas betriebenen Autos derzeit schwierig sei. Hintergrund sei ein Unfall beim Betanken eines Fahrzeuges, woraufhin ARAL und auch andere Anbieter die Erdgastankstellen geschlossen haben.

Er wies darauf hin, dass die GSW eine Tankstelle in Bergkamen betreibe. ARAL prüfe derzeit, ob sich die Tanksperre auf ddie Automarke VW reduzieren lasse.

 

Herr Hupe ergänzte, dass die Verwaltung derzeit prüfen lasse, inwieweit die Erstellung von Windkraftanlagen im Stadtgebiet möglich sei.

 

Herr Ebbinghaus wies daraufhin, dass es im Stadtgebiet zwar keine Windkraftanlagen gebe, aber Bio-Gasanlagen die ebenfalls zur Stromerzeugung genutzt werden.

 

Herr Heidler begrüßte die von Herrn Baudrexl beschriebene Kooperation mit anderen Städten sowie die für die Zukunft geplanten Projekte der GSW.

 

Herr Baudrexl berichtete über ein weiteres Projekt der GSW, das Energiedach.

Hierbei handele es sich um eine für den Kunden individuell ausgerichtete Photovoltaikanlage. Mit wenigen Informationen, die auf der Internetseite der GSW anzugeben seien, würde ein maßgeschneidertes Produkt erstellt, welches auf die persönlichen Gegebenheiten des jeweiligen Kunden angepasst sei.

Die erzeugte Energie sei selbst nutzbar und könne auch ins Netz eingespeist werden. Auch die Instandhaltung und Wartung der Anlage seien Bestandteil dieses Produktes.

 

Herr Lipinski bedankte sich und wünschte der GSW weiterhin eine glückliche Hand.