Frau Liebner und Frau Stuben von der Diakonie sowie Frau Windfuhr-Koch von der AWO gaben einen Überblick über das Angebot zur Schwangerschaftsberatung in Kamen.

 

Frau Liebner erläuterte, dass das Schwangerschaftskonfliktgesetz eine Trägervielfalt vorsehe, um den Frauen, die Hilfe und Rat suchten, eine Wahlmöglichkeit einzuräumen. Darüber hinaus würde das Gesetz auch die Anzahl an Beratungsstellen in Abhängigkeit von der Einwohnerzahl vorgeben. Neben Kamen gäbe es auch noch in Bergkamen, Lünen, Werne und Unna entspre­chende Anlaufstellen.

Die Schwangerschaftsberatung ließe sich, so Frau Liebner, in drei Bereiche einteilen. Als erstes sei die Schwangerschaftskonfliktberatung zu nennen, bei der es um eine umfassende, ergeb­nisoffene Beratung mit Aufzeigen aller Pros und Kontras zu einem Schwangerschaftsabbruch gehe.

Als weitere Säule des Beratungsspektrums sei die allgemeine Schwangerschaftsberatung zu nennen. Hier würden sämtliche Themen rund um Schwangerschaft und Geburt behandelt. Ge­rade im Bereich der finanziellen Hilfen wie Kindergeld oder Elterngeld würde ein erheblicher Beratungsbedarf bestehen. Darüber hinaus werde zu allem, was zur Familienplanung gehöre sowie die Beratung bei unerfülltem Kinderwunsch, die sich als ein sehr schwieriges Thema dar­stelle, Information und Unterstützung angeboten.

Der dritte Aufgabenkreis der Beratungsstellen umfasse Projekte und präventive Arbeit. Dazu gäbe es Angebote der AWO in weiterführenden Schulen oder Kooperationsveranstaltungen mit beispielsweise der AIDS-Hilfe. Die Diakonie habe ein Netzwerk mit ehrenamtlichen Familienpa­ten initiiert, die gezielt Familien unterstützten und Hilfestellungen leisteten, sei es durch Entlas­tung im Haushalt, Erledigungen oder aber auch durch Kinderbetreuung. Ein weiteres Angebot sei das Müttercafé Bambini, das als Anlaufstelle für Schwangere oder Müttern mit kleinen Kin­dern genutzt werde. Dieser Treffpunkt sei ein Ort, wo Probleme jeglicher Art besprochen werden könnten und diene somit zum Austausch. Als weitere präventive Maßnahme sei die Arbeit der Familienhebamme zu erwähnen. Die Betreuung der Familien erfolge bis zu einem Jahr nach Geburt des Kindes und umfasse neben der Beratung auch Unterstützung durch praktische An­leitung.

 

Frau Windfuhr-Koch schilderte, dass die Beratung von ausländischen Frauen in der letzten Zeit weiter zugenommen hätte. Gerade mit Blick auf die sehr emotional belastete wie auch physi­sche Situation von Flüchtlingsfrauen sei eine intensive Betreuung unabdingbar. Da die vorhan­denen Sprachbarrieren in aller Regel eine Beratung erschwerten, habe man nun einen Dolmet­scherpool geschaffen, um bessere Hilfestellungen anzubieten. Neben arabisch könnten auch noch weitere Sprachen wie kurdisch oder bosnisch übersetzt werden. Die Finanzierung der Übersetzer erfolge durch das Land NRW.

Zum Bereich der finanziellen Hilfen führte Frau Windfuhr-Koch aus, dass bei den Beratungs­stellen auch einmalige Zuschüsse der Bundesstiftung Mutter und Kind von den Schwangeren beantragt werden könnten. Oftmals könnten dadurch erste Kontakte zu Frauen mit Beratungs­bedarf hergestellt und ggf. weitere Hilfen angeboten werden. Darüber hinaus wies sie auf die Unterstützung der Beratungsstellen in verschiedenen Netzwerken wie z.B. "Kein Kind zurück­lassen" hin.

Des weiteren würde die Beratungsstelle der AWO auch Anlaufstelle von Schwangeren sein, die sich für eine vertrauliche Geburt entschieden hätten. Dabei handele es sich um eine anonyme Geburt, bei der sich die Mutter ein Pseudonym geben würde und nur der Beratungsstelle der wirkliche Name bekannt sei. Die Beratung und Betreuung sei durch Gesetz vorgegeben.

 

Frau Stuben fügte hinzu, dass die Zahl der Beratungen zu einer vertraulichen Geburt eher ge­ring sei. Seit Einführung dieses Gesetzes in 2014 hätte es bundesweit ca. 80 vertrauliche Ge­burten gegeben.

 

Ferner wies Frau Stuben auf die Arbeit der Beratungsstellen in verschiedenen Netzwerken hin. Für die Koordination und Einbindung sei der Fachbereich Jugend der Stadt federführend. Da­durch werde die Möglichkeit gegeben, die Zusammenarbeit mit diversen Einrichtungen wie Kitas oder der Erziehungsberatungsstelle zu forcieren.

 

Frau Liebner verdeutlichte, dass gerade durch die gute Vernetzung mit anderen Stellen gewisse Angelegenheiten bzw. Probleme von Beratungssuchenden "auf dem kleinen Dienstweg" gere­gelt werden könnten, was zu begrüßen sei.

 

Frau Klanke erkundigte sich nach der Bundesstiftung Mutter und Kind. Sie habe vernommen, dass die Zahlungen aus diesem Fond rückläufig seien.

 

Frau Windfuhr-Koch erwiderte, dass der Stiftungsstock in seiner Höhe nicht verändert worden sei. Jedoch habe es mehr Anträge gegeben, so dass sich die Höhe des gewährten Zuschusses je Fall reduziert hätte.

 

Frau Klanke dankte den Referentinnen für den ausführlichen Vortrag. Sie sei überrascht, wie vielschichtig doch die Arbeit der Beratungsstellen sei. Sie hätte lediglich die klassische Schwan­gerschaftskonfliktberatung vor Augen gehabt. Frau Klanke fragte nach, wie hoch der Anteil der Konfliktberatung am gesamten Beratungsaufkommen sei.

 

Die Schwangerschaftskonfliktberatung mache, so Frau Windfuhr-Koch, ca. ein Drittel des Ar­beitsaufwandes der Beratungsstellen aus.

 

Herr Langner bat um weitere Auskünfte hinsichtlich des Beratungsbedarfs ausländischer Frauen

 

Frau Stuben erläuterte, dass der religiöse Hintergrund der ratsuchenden Frauen oft ausschlag­gebend sei. Bei der Schwangerschaftskonfliktberatung sei somit der Anteil muslimischer Frauen gegenüber dem Anteil der Frauen, die z. B. aus osteuropäischen Ländern stammten, geringer. In den ehemaligen Ostblockländern seien Schwangerschaftsabbrüche quasi als Verhütungs­möglichkeit gesehen worden.

 

Frau Werning erkundigte sich nach der Zahl der vertraulichen Geburten im Kreis Unna. Darüber hinaus bat sie um Informationen hinsichtlich minderjähriger Schwangerer bzw. Mütter.

 

Frau Stuben erklärte, dass es bislang ca. zwei vertrauliche Geburten kreisweit gegeben hätte. Zu den sogenannten Teenie-Müttern führte sie aus, dass aufgrund der besseren Aufklärung sowie Verhütung die Zahl der minderjährigen Schwangeren rückläufig sei.

 

Herr Heuchel befragte die Referentinnen zur Familienhebamme und zur Situation der Hebam­men im Kreis.

 

Frau Stuben schilderte, dass die Familienhebamme durch den Verein FörJu mitfinanziert werde. Sie wies auf eine Zusatzqualifikation aus dem Bereich der Sozialarbeit hin, die für die Tätigkeit einer Familienhebamme erforderlich sei. Im Gegensatz zu einer herkömmlichen Hebamme könne Hilfestellung bis zu einem Jahr nach Geburt des Kindes angeboten werden.

Zur derzeitigen Situation der hier praktizierenden Hebammen im Kreis könne festgestellt wer­den, dass eine hohe Nachfrage bestehe und die Hebammen sehr schnell ausgebucht seien. Es sei auch schon zu Engpässen gekommen.

 

Herr Kemna dankte für die umfassenden Informationen und entließ die Referentinnen um 18.40 Uhr.