Nach einer kurzen Vorstellung seiner Person berichtete Herr Freudhofen über sein Aufgabenge­biet als Teamleiter „Unterhaltsheranziehung“ im Jobcenter Unna.
Diese Aufgabe habe mit einer Gesetzesänderung im Unterhaltsrecht im Jahr 2008 gravierende Veränderungen erfahren. Seit diesem Zeitpunkt stehen Kinder in der Reihenfolge der Unterhalts­berechtigten an erster Stelle und die Mütter, die die Kinder betreuen seien ihnen gleichgestellt.

 

Geschiedene Ehefrauen könne man als Verliererinnen dieser Reform bezeichnen. Habe der Unterhaltsanspruch der Ehefrau bis 2008 noch bis ans Lebensende gegolten, stehe nun die Eigenverantwortlichkeit im Vordergrund. Jede geschiedene Ehefrau sei nun verpflichtet, eigenverantwortlich für ihren Le­bensunterhalt zu sorgen.
Problematisch sei aus seiner Sicht, dass in Deutschland noch immer ein sehr traditio­nelles Rollenbild bestehe, mit der Folge, dass in Ehen ein starkes Einkommens­gefälle vor­herrsche.

In seinem Arbeitsgebiet erlebe er klassischerweise den Ehemann, der z.B. als Fach­arbeiter tätig sei und die Ehefrau, die einen 450,00 Euro-Job ausübe. Durch das Ehegatten­splitting sei in dieser Situation das Familieneinkommen gesichert. Bei einer Trennung hin­gegen müsse der besser­verdienende Ehemann in die Steuerklasse 1 wechseln und Unterhalt für die Kinder zahlen. Da ihm ein Selbstbehalt von 1.100,00 Euro zustehe könne er in der Regel für seine Frau keinen Unterhalt zahlen. Für die geschiedene Ehefrau führe diese Situation oft­mals sehr schnell in eine Verschuldung, da nach seiner Erfahrung vielfach auch noch gemein­same Raten abzuzahlen seien. Das ziehe gravierende oftmals auch gesundheitliche Konse­quenzen nach sich. Hieraus sei bereits ein neues Krankheitsbild „Unterhaltsneurose“ entstan­den, hervor­gerufen durch den ständigen Kampf um das monatliche Geld. Deshalb gehe es bei seiner Arbeit neben der finan­ziellen Situation auch darum  Unterstützungsangebote aufzuzei­gen, wie Schuld­nerberatung, Wohngeld, Unterhaltsvorschuss etc. Des Weiteren werden ge­meinsam Perspek­tiven für die eigene  Erwerbstätigkeit entwickelt, z.B. eine Zusatzqualifizierung oder auch ein Neubeginn. Als Auffangnetz fungiere letztlich das SGB 12.

 

Auf die Frage von Frau Hartig, ob bei der Verpflichtung zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit das Alter der Kinder berücksichtigt werde, antwortete Herr Freudhofen, dass es sowohl nach dem Gesetzgeber als auch nach der aktuellen Rechtsprechung keine Altersstaffelung mehr gebe. Wenn das Kind 3 Jahre alt ist, müssen individuelle kindbezogene Gründe vorgebracht werden, um von der Verpflichtung arbeiten zu gehen entbunden zu werden.

 

Frau Kollmeier merkte an, dass für gut ausgebildete Frauen, der Abschluss eines  Ehevertrages ratsam sei.

 

Frau Arnold gab zu Bedenken, dass es in Berufen, in denen oftmals Frauen tätig seien, sehr schwierig sei, Vollzeitstellen zu bekommen.

 

Herr Freudhofen bestätigte, dass nicht unbedingt lebensnahe Gesetzesänderungen vorgenom­men worden seien. Auch die Kinderbetreuungsinfrastruktur sei noch nicht zufriedenstellend. Abschließend appellierte Herr Freudhofen an die Beiratsmitglieder, Frauen, die sich in einer derartigen Situation befinden, zu ermutigen sich so schnell wie möglich bei ihm oder seinem Team zu melden, um frühzeitig Hilfe anbieten zu können.