Frau Dyduch stellte die Referenten Frau Nikbin von der RAA - Regionale Arbeitsstelle zur Förderung von Kindern und Jugendlichen aus Zuwandererfamilien - und Herrn Ciftci – Vor­sitzender des Ausländerbeirates der Stadt Kamen - vor.

 

Frau Nikbin gab zuerst eine Übersicht über die Geschichte der Zuwanderungen, die Ent­wicklung der Ausländergesetzgebung sowie der Ausländerpädagogik in Deutschland. Hierbei wies Frau Nikbin darauf hin, dass es in Nordrhein-Westfalen 27 Beratungsstellen der RAA gäbe. Sie stellte die Immigrationsentwicklung seit Beginn der 50er-Jahre bis zum heutigen Tage dar und wies insbesondere im Rahmen der Ausländergesetzgebung daraufhin, dass bei der Erteilung des Bleiberechtes den Behörden seit jeher ein großer Ermessensspielraum eingeräumt werden würde.

In Bezug auf die Ausländerpädagogik wies Frau Nikbin daraufhin, dass es hier eine Entwick­lung von der Kompensierung sprachlicher und kultureller Defizite bei ausländischen Kindern und Jugendlichen hin zu einer interkulturellen Pädagogik mit dem Ziel des Kennenlernens und Verstehens der unterschiedlichen Kulturen gäbe. Anhand einer der Niederschrift bei­ge­fügten Übersicht stellte sie die Probleme dar, wie sie punktuell in einzelnen Kommunen des Kreises Unna auftreten. Sie stellte beispielhaft die Projekte im Kindergarten Ludwig-Schrö­der-Str. 20 sowie an der Hermann-Ehlers-Gesamtschule vor.

 

Frau Bartosch betonte, dass das Erlernen der Muttersprache eine allseits anerkannte Grundlage zum Erlernen von Fremdsprachen sei und wundere sich, dass für die iranischen Kinder an der Hermann-Ehlers-Gesamtschule keine andere Förderung möglich sei.

 

Herr Kampmann erläuterte, dass zurzeit an 55 Schulen im Kreis Unna muttersprachlicher Unterricht gegeben werde; die Nachfrage seitens der Kinder bzw. deren Eltern jedoch zu­rückgehe. Im muttersprachlichen Unterricht werden nur anerkannte Sprachen berück­sichtigt. Farssi (persisch), wie im Falle der iranischen Kinder an der Hermann-Ehlers-Gesamtschule, gehöre nicht hierzu.

 

Herr Weigel ergänzte, dass an der Hauptschule, an der er unterrichte, die ausländischen Eltern bewusst ihre Kinder vom muttersprachlichen Unterricht abmelden würden.

 

Frau Nikbin führte aus, dass die von Herrn Kampmann und Herrn Weigel beschriebene Tendenz ihrer Ansicht nach darauf zurückzuführen sei, dass beim muttersprachlichen Unter­richt keine Gleichstellung mit den anderen Fächern erfolge, die Teilnahme und der Erfolg hierbei nicht versetzungsrelevant sei und es hierdurch an einer Anerkennung des Faches mangele.

 

Herr Suk wies auf ein anderes Problem im Bereich der Kindertageseinrichtungen hin. Er er­klärte, dass ein Teil der Einrichtungen lange Wartelisten ausländischer Kinder habe, da diese Einrichtungen an die Grenzen der Aufnahmekapazität für ausländische Kinder gelangt seien. Er regte an zu prüfen, ob ausländische Kinder in entferntere Kindertageseinrichtungen mit einem Kleintaxi gefahren werden könnten.

 

Herr Güldenhaupt teilte hierzu mit, dass der Fachbereich Jugend und Soziales im ver­gan­genen Jahr eine Briefaktion an alle ausländischen Eltern gemacht habe, wodurch der Anteil ausländischer Kinder in den Kindertageseinrichtungen wesentlich erhöht werden konnte. Er bezweifelte, dass durch diesen erzwungenen Quartierwechsel die Integration wesentlich gefördert würde.

 

Herr Weigel stellte anhand des Beispieles türkischer und vietnamesischer Kinder zur Dis­kussion, ob die türkischen Familien die Integration überhaupt wollen.

 

Frau Nikbin stellte hierzu fest, dass man diese beiden Gruppen nicht vergleichen könne. Die vietnamesischen Flüchtlinge seien sofort durch die Caritas aufgefangen und gefördert worden. Die türkischen Kinder seien hingegen zuerst gar nicht berücksichtigt worden, da ihr Zuzug ursprünglich nicht eingeplant worden sei. Später sei die Förderung nicht ausreichend betrieben worden, so dass sich eine Art Halbsprachlichkeit herausgebildet habe. Die hat zur Folge, dass diese Kinder weder die deutsche noch die Muttersprache richtig lernen würden.

 

Herr Kampmann wies auf eine weitere Gruppe von imigranten Kindern - Kinder von Asyl­bewerbern - hin. Diese würden von dem deutschen Schulsystem gar nicht erfasst, was dazu führe, dass sie teilweise bis zur Berufstätigkeit keine Schule bzw. diese nur in unzu­reichendem Maße besuchen würden.

 

Herr Güldenhaupt wies darauf hin, dass in diesem Zusammenhang umfangreiche Gesprä­che zwischen Schule und Jugendhilfe laufen würden, um hier eventuell Hilfen anbieten zu können.

 

Herr Rickwärtz-Naujokat stellte fest, dass die Förderung ausländischer Kinder in den Kin­dertageseinrichtungen beginnen müsse. Dies zeige nicht zuletzt die Projekte der RAA in den Kindertageseinrichtungen in Kamen.

 

Frau Nikbin ergänzte hierzu, dass die Motivation der Eltern gerade in den Kindertages­ein­richtungen besonders groß sei.

 

Herr Güldenhaupt wies darauf hin, dass im Rahmen der Sozialraumkonferenzen das Pro­jekt in der Kindertageseinrichtung Ludwig-Schröder-Str. 20 initiiert worden sei.

 

Nun gab Herr Ciftci einen Bericht über die Arbeit des Ausländerbeirates.

 

Herr Ciftci benannte als das Hauptziel des Ausländerbeirates in Kamen zwischen hier leben­den Imigranten und den Deutschen zu vermitteln, damit die kulturellen Gegensätze nicht als fremde Elemente angesehen, sondern als Bereicherung der Gesellschaft erlebt werden.

Er wies daraufhin hin, dass sich in den Schulen mit einem hohen Ausländeranteil Schüle­rinnen und Schüler nach Nationalitäten gruppieren und die Gruppe der ausländischen Schü­lerinnen und Schüler sehr inhomogen seien.

Gleiches gelte für öffentliche Jugendhilfeeinrichtungen, wie die Jugendfreizeitzentren und dergleichen mehr.

Auf der anderen Seite sei auch festzustellen, dass öffentliche Einrichtungen, wie z. B. die Büchereien, von ihrem Angebot her wenig auf die Bedürfnisse der Imigranten eingerichtet seien.

 

Als ein bewährtes Mittel zur Integration nannte Herr Ciftci den Sport. Hier zeige sich, dass der Sport kulturübergreifend die Menschen zusammenbringe und hierdurch das Miteinander fördere.

 

Frau Scharrenbach begründete an dieser Stelle den Antrag der CDU-Fraktion, indem sie ausführte, dass in der letzten Sitzung des Jugendhilfeausschusses seitens des Arbeitsamtes wiederholt auf die hohe Jugendarbeitslosigkeit bei ausländischen Jugendlichen und jungen Heranwachsenden hingewiesen wurde. Als Ursache seien hierfür wiederholt die geringen Deutsch- und Schulkenntnissen genannt worden. Die CDU-Fraktion wünsche sich für die hier rechtmäßig lebenden ausländischen Menschen eine Integration in die deutsche Gesell­schaft, statt “Multi-Kulti”.

 

Herr Kusber führte die Diskussion nochmals auf den Ansatz der Förderung innerhalb der Kindergärten zurück und stellte die Frage, inwieweit die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Kindertageseinrichtungen auf den Umgang mit imigranten Kindern vorbereitet seien.

 

Frau Nikbin führte hierzu aus, dass die RAA in Zusammenarbeit mit den Märkischen Berufs­schulen im Rahmen der Fortbildung für angehende Erzieherinnen ein Projekt gerade zu die­sem Themenbereich anbiete, welches sehr stark nachgefragt werde. In nächster Zeit soll für die Ausbildung der Erzieherinnen ein Rahmenkonzept zum Thema "Imigrantenkinder" vor­gelegt werden.

 

Frau Lungenhausen erklärte, dass ihrer Ansicht nach vor einer Integration von Imigranten, die Akzeptanz durch die hiesige Bevölkerung stünde, da ansonsten zwangsläufig eine Sepa­rierung von Imigranten und Deutschen erfolge.

 

Herr Kaczmarek machte die unterschiedliche Sichtweise von Integration deutlich. Er wies z. B. auf ein Ergebnis der gerade veröffentlichten Shell-Studie hin. Hierin wurde festgestellt, dass mehr als 50 % der deutschen Jugendlichen der Meinung sind, dass es zu viele Aus­länder in Deutschland gebe. Bemerkenswert sei, dass diese Meinung vor allem in Bereichen mit einem geringen Ausländeranteil vertreten werde.

 

Frau Nikbin führte dies auf die Angst des Einzelnen zurück, die durch die Gefährdung der Lebensstellung des einzelnen innerhalb der Gesellschaft durch Arbeitslosigkeit und dgl. zu­rückzuführen sei.

 

Herr Dunker brachte die Sichtweise des Sozialraumes Kamen Nord-West in die Diskussion ein. Er machte deutlich, dass innerhalb der Sozialraumkonferenz als ein Hauptproblemfeld das Miteinander mit den ausländischen Bewohnern des Stadtteiles gesehen werde. Ins­be­sondere die Konzentration der ausländischen Bevölkerung in einigen Straßenzügen wird als eines der Hauptprobleme erkannt. Seitens des Sozialraumes werden Projekte ange­strebt, die ein stärkeres Miteinander zwischen ausländischen und deutschen Bewohnern des Stadtteils fördern. Er wies darauf hin, dass Integration nicht nur allein bei der sprachlichen Förderung stehen bleiben könne.

Er appellierte an Herrn Ciftci, seitens des Ausländerbeirates ein aktives Miteinander auf Bür­gerebene zu fördern.

 

Frau Bucek ergänzte hierzu, dass sich häufig Zuwanderer nicht in unserer Gesellschaft tole­riert fühlen. Häufig sei Zusammenarbeit von oben aufgedrückt und künstlich und würde da­her nicht angenommen werden.

 

Frau Scharrenbach machte für die CDU-Fraktion deutlich, dass diese “Multi-Kulti” als ein Nebeneinander unterschiedlicher Kulturen und Nationen ablehne. Nach Ansicht der CDU bedeute die Integration von Ausländern nicht, dass diese sämtliche ihrer Eigenheiten auf­geben. An Herrn Ciftci gerichtet bat sie diesen, Forderungen hinsichtlich der Integration ausländischer Mitbürger zu formulieren.

 

Herr Ciftci erklärte hierzu, dass die Anliegen ausländischer Mitbürger in allen Ebenen der Politik und Verwaltung auf fruchtbaren Boden fallen. Er wünsche sich, dass insbesondere ausländische Eltern offener seien und somit den Kindern einen leichteren Umgang mit der hiesigen Kultur erlauben.

 

Am Ende der Diskussion machte Frau Dyduch deutlich, dass die im Rahmen der Diskussion genannten Beispiele deutlich mache, dass in allen Bereichen die Integration der auslän­di­schen Einwohner gefördert werden könne. Daher schlug sie vor, dieses Thema auch im Schul- und Sportausschuss zu diskutieren. Insgesamt sei Integration, insbesondere auf kommunaler Ebene, nur in kleinen Schritten möglich.