Sitzung: 12.06.2014 Jugendhilfeausschuss
Vorlage: 055/2014
Beschluss:
Der Jugendhilfeausschuss
beschließt die in der Sachdarstellung und Begründung vorgestellten Kriterien
und die entsprechende Anerkennung der benannten Kindertageseinrichtungen als
plusKITA-Einrichtungen gemäß § 16 a in Verbindung mit § 21 a des Regierungsentwurfs
zur Änderung des Kinderbildungsgesetzes (KiBiz) bzw. als
Sprachfördereinrichtungen gemäß § 16 b in Verbindung mit § 21 b.
Die Verwaltung wird beauftragt,
den insoweit anerkannten Kindertageseinrichtungen die entsprechenden Zuschüsse
nach § 21 a bzw. § 21 b des Regierungsentwurfs zur Änderung des KiBiz zu
gewähren.
Die Anerkennung gilt in der
Regel für einen Zeitraum von fünf Jahren bis zum Ende des Kindergartenjahres
2018/19 am 31.07.2019.
Diese Beschlussfassung erfolgt
vorbehaltlich des Inkrafttretens der angekündigten Revision des
Kinderbildungsgesetzes zum 01.08.2014. Die Anzahl der anzuerkennenden
Kindertageseinrichtungen hängt von der als Anlage beigefügten Höhe der
avisierten Landesförderung ab.
Finanzielle Auswirkungen
Keine. Es handelt sich um eine
reine Landesmittelförderung, die in voller Höhe an die Träger der
Kindertageseinrichtungen weitergeleitet wird.
Abstimmungsergebnis: einstimmig angenommen
Frau Dyduch gab eine kurze Einführung zum Thema
und leitete dann zu Frau Köhler über.
Frau Köhler erläuterte anschließend die
Beschlussvorlage und stellte zunächst die Kriterienauswahl für die
plusKITA-Förderung vor. Diese würden es ermöglichen, Einrichtungen mit Kindern
mit besonderem Unterstützungsbedarf zu identifizieren. Es werde daher auf kleinräumigen
Sozialkriterien abgestellt. Ermittelt wurde die Anzahl der Kinder deren
Elternjahreseinkommen unter 20.000 € beträgt und die Anzahl der Kinder mit
Kontakten zum Fachbereich 51.1 -Wirtschaftliche Jugendhilfe, Soziale Dienste.
Bei Letzterem werde davon ausgegangen, dass Familien, die Zugang zu den
diversen Unterstützungsangeboten suchen, wie z.B. im Bereich der Hilfe zur
Erziehung oder bei Trennungs- und Scheidungsberatung, sich in einer belastenden
Lebenslage befinden. Das Einkommen solle ebenfalls berücksichtigt werden, da
Armut einer der Risikofaktoren in der kindlichen Entwicklung sei. Die erhobenen
Daten seien stichtagsbezogen ausgewertet worden. Der voraussichtliche
Zuweisungsbetrag werde durch die
ermittelte Summe der Fallpunktzahl dividiert. Der so gebildete Faktorwert,
multipliziert mit der Summe der Fallpunktzahl, ergebe die Anzahl der gerundeten
Pakete. Bei der Sprachförderung, so Frau Köhler weiter, werde ein ähnliches
Verfahren angestrebt. Hier habe die Verwaltung die Anzahl der Kinder, in deren
Familien vorrangig nicht deutsch gesprochen wird und die Anzahl der Kinder,
die an der Sprachförderung nach Delfin 4 auf der Grundlage der letzten
Testungen teilnahmen, als Kriterien herausgearbeitet. Die Ermittlung der
Sprachfördereinrichtungen erfolge nach dem gleichen Berechnungsverfahren wie
die plusKITA-Förderung.
Frau Köhler
wies darauf hin, dass diejenigen Kindertagesseinrichtungen, welche Fördermittel
zur Sprachförderung erhielten, im Team eine Fachkraft vorhalten müssten, die in
der Sprachförderung besondere Kenntnisse erworben habe oder noch erwerbe. Bei
der plusKITA- und der Sprachförderung müsse die zweckentsprechende Verwendung
durch einen Verwendungsnachweis nachgewiesen werden. Sie betonte, dass die
dargestellten Kriterien mit sämtlichen Trägern im Vorfeld abgestimmt wurden;
hier ein breiter Konsens erzielt wurde.
Frau Dyduch dankte Frau Köhler für die
Darstellung.
Herr Bucek hinterfragte die zeitliche
Differenzierung der Förderpakete für die plusKITA – und
Sprachfördereinrichtungen von zwei bzw. fünf Jahre.
Herr Brüggemann erklärte, dass in der Beschlussvorlage
bewusst die Formulierung einer Anerkennung der förderberechtigten
Einrichtungen in der Regel für einen Zeitraum von fünf Jahren angestrebt werde.
Jedoch schlage die Verwaltung hinsichtlich der Sprachförderung vor, diese
zunächst für zwei Jahre festzulegen. Eine längerfristige Förderung auf dann
insgesamt fünf Jahre werde dadurch nicht ausgeschlossen. Zunächst sollten sich
nach zwei Jahren die Einrichtungen, die Träger und der Fachbereich 51.1 über
die Erfahrungen austauschen und die Festlegung eines längeren Förderzeitraumes
erörtern. Dies ermögliche ein gewisses Maß an Entscheidungsflexibilität,
insbesondere vor dem Hintergrund, dass es sich bei der nun reformierten
Sprachförderung um eine stichtagsbezogene Bestandsaufnahme der Kinder handele.
Ziel sei jedoch, die Kinder über die gesamte Zeit in einer Kindertageseinrichtung
fördergerecht zu begleiten.
Frau Scharrenbach fragte an, ob die Kriterien für die
plusKITA- und Sprachfördereinrichtungen kreiseinheitlich festgelegt seien.
Ferner
vertrat sie die Auffassung, dass die Wahl einer Zweijahreszeitspanne sinnvoll
sei. Die Festlegung auf fünf Jahre wäre viel zu lang, um Entwicklungen und die
Zusammensetzungen der Kindertageseinrichtungen absehen zu können. Grundsätzlich
kritisierte sie die durch die Bündelung der Fördermittel auf Pakete
hervorgerufene Schwerpunktförderung. Folglich würden in der Zukunft viele
Einrichtungen, die ebenfalls Sprachförderung anbieten würden, keine zusätzlichen
finanziellen Zuwendungen erhalten. Hier habe es im Landesgesetzgebungsverfahren
eine Abweichung vom Grundsatz gegeben, der besagt, dass jedes Kind, welches
einen Förderbedarf hat, auch eine Förderung erfährt. Im Rahmen der Sachverständigenanhörung
sei sehr deutlich geworden, dass die alleinige alltagsintegrierte
Sprachförderung nicht bei jedem Kind zum gewünschten Erfolg führen werde. Die
gesetzlichen Auswirkungen werde die CDU-Fraktion aufmerksam verfolgen. Die
ermittelten Kriterien seien nachvollziehbar; das Ergebnis überrasche nicht.
Herr Brüggemann ging kurz auf die vorherigen Aussagen
zur Landespolitik ein. Dies sei durchaus von Interesse, sollte
grundsatzbezogen in diesem Ausschuss jedoch nicht vertieft werden.
Eine
überwiegende Anzahl der Kreiskommunen habe ähnliche Eckpunkte zur Ermittlung
der Fördereinrichtung gewählt. Abweichungen gäbe es hinsichtlich der
detaillierten Ausformulierung, beispielsweise bei der Festlegung der
Einkommensgrenze.
Herr Dunker ergänzte die Ausführungen von Herrn
Brüggemann dahingehend, dass bei der letzten Besprechung der Jugendamtsleiter
im Kreis Unna deutlich geworden sei, dass die
anwesenden
Kommunenvertreter auch die Kriterien des Elterneinkommens, die Anzahl der
Sprachförderungen nach Delfin 4 sowie die Nichtdeutschsprachlichkeit innerhalb
der Familie gewählt hätten.
Frau Möller verwies darauf, dass das
Änderungsgesetz, welches zum 01.08.2014 in Kraft treten wird, umfangreiche
Änderungen für die Kindertageeinrichtungen mit sich bringen werde. Es gäbe
hier tatsächlich einen Bruch zum bisherigen Sprachförderverfahren und zwar weg
von der Einzeldiagnostik hin zu einer alltagsintegrierten Sprachförderung. Jede
Einrichtung werde die alltagsintegrierte Sprachförderung durchführen, das
Personal fortbilden, die Entwicklungen beobachten und dokumentierten, aber nur
diejenige Einrichtung mit besonderen Bedarfen werden finanzielle Mittel
erhalten. Sie gab zu bedenken, dass der Gesetzgeber hier einen Zeitraum in
der Regel von fünf Jahren anvisiert habe. Dies führe zu einer Kontinuitätssteigerung
der pädagogischen Arbeit. Für das qualifizierte Fachpersonal müsse
Planungssicherheit geschaffen werden. Kurzfriste Neuausrichtungen im Bereich
der Sprachfördereinrichtungen seien auch im Hinblick auf eine hochwertige
Netzwerkarbeit kontraproduktiv.
Frau Dyduch verdeutlichte, dass es sich bei dem
Zweijahreszeitraum nicht um eine Frist handele. Den Akteuren sollte vielmehr
die Möglichkeit eröffnet werden, die dann erworbenen fachbezogenen Erfahrungen
zu den neuen Ansätzen in der Sprachförderung auszutauschen und ggf. zu
bewerten.
Frau Schaumann erklärte, dass sie die Wahl der
jeweiligen Kriterien auf Ebene der Stadt Kamen für sinnvoll erachtet. Auch sie
kritisierte die generelle Loslösung der individuellen Sprachförderung vom Kind
hin zu soziodemographischen Faktoren. Die Gründe für eine längerfristige
Festlegung der Förderzeiträume sei nachvollziehbar, hier müsse aber auch
bedacht werden, dass die Einrichtungen, deren Sprachförderkinder noch
reinwachsen oder in einer nichtberücksichtigten Einrichtung betreut werden,
über einen längeren Zeitraum keine Möglichkeiten haben, ebenfalls in den
Genuss von zusätzlichen Fördermitteln zu kommen.
Herr Klanke äußerte, dass er die Konzentration
auf die Schwerpunkte grundsätzlich begrüße. Eine individuelle Förderung sei
inzwischen in vielen Bereichen, auch in der Elementarbildung, vorgeschrieben.
Dies würde auch praktiziert. Es sei daher sinnvoll, die Einrichtungen mit herausragenden
besonderen Bedarfen auch gezielt zu fördern. Um gut ausgebildetes Fachpersonal
binden zu können, müsse Planungssicherung für die Einrichtungen und Träger
geschaffen werden. Daher sei ein gewisses Maß an Kontinuität unverzichtbar.
Ferner vertrat er die Auffassung, dass sich die förderbegünstigten Sozialräume
in naher Zukunft wahrscheinlich nicht grundlegend verändern werden.
Frau Scharrenbach resümierte, dass nun politisch von der
Landesregierung entschieden worden sei, das Sprachstandfeststellungsverfahren
zu ändern. Nun würde eine Sprachstandsfeststellung im Rahmen der Erziehung
ohne Stundenerhöhung des Personals stattfinden. Obwohl bekannt sei, dass
einige Einrichtungen bereits die Beobachtungsverfahren SISMEK bzw. SELDAK
nutzen, führe dies zu einer Mehrbelastung der Erzieherinnen und Erzieher. Die
alltagsintegrierte Sprachförderung sei fortwährend und auch bereits vor Delfin
4 ein Bestandteil der Erziehungstätigkeit gewesen. Zielsetzung sollte sein,
dass die Kinder bei Schuleintritt über das Beherrschen der deutschen Sprache
eine Schulbildung erhalten können. Durch die Konzentration der Fördergelder
auf bestimmte Einrichtungen würden die übrigen Einrichtungen ausgeschlossen.
Die Zuschusshöhe für die einzelne Einrichtung betrage 5.000,00 €. Damit könne
keine Fachkraft für ein Jahr finanziert werden. Sie gab zu bedenken, dass
sich die Mittel aus dem Bundesprojekt „Sprache und Integration“ auf ca.
19.000,00 € belaufen.
Frau Dyduch verwies darauf, dass der
Jugendhilfeausschuss über die Verteilung der zugewiesenen Mittel der Stadt
Kamen entscheiden müsse. Sie schätze durchaus die fachliche, intensive
Diskussion in diesem Gremium, bat aber ausdrücklich darum, eng beim Thema zu
bleiben.
Frau Mann stellte heraus, dass die
dargestellten Kriterien im fachlichen Konsens mit sämtlichen im Stadtgebiet
tätigen Einrichtungsträgern im Vorfeld abgestimmt wurden.
Zusätzlich ergänzte
Frau Dyduch, dass diese Information
für den Jugendhilfeausschuss Bedeutung habe. Bei der Trägerkonferenz am
05.06.2014 seien keine allgemeinen Belange besprochen worden, sondern vielmehr
wurden, fachlich fundiert, die Kriterien und die Vertei-lung erörtert und
Konsens erzielt.
Frau Möller merkte an, dass das Gesetz nun im
Landtag verabschiedet worden sei und nun vor Ort umgesetzt werden müsse. Es
gäbe in jeder Einrichtung Kinder mit Sprachförderbedarf und auch Familien, die
besondere Unterstützung benötigen. In den benannten Fördereinrichtungen gäbe
es nur signifikant mehr Familien bzw. Kinder, die die Kriterien erfüllen. Die
Förderungen würden nun sozialraumbezogen gebündelt. Es werde künftig immer
Kindertageseinrichtungen geben, die keine gesonderte Förderung erhalten.
Herr Bucek erkundigte sich, ob ein detaillierter
Verwendungsnachweis von den betreffenden Kindertageseinrichtungen erbracht
werden müsse.
Herr Dunker bejahte dies. Es müsse gegenüber dem
Landschaftsverband Westfalen-Lippe die zweckentsprechende Verwendung der Mittel
nachgewiesen werden.
Da es keine
weiteren Wortmeldungen zu TOP 2 gab, ließ
Frau Dyduch die Beschlussvorlage abstimmen.