Sitzung: 10.03.2014 Jugendhilfeausschuss
Frau Köhler erläuterte
anschließend den Konzeptentwurf eines Familienbüros im Rahmen eines kommunalen
Managements für Familien. Bedarfe von Familien zu bedienen sehe sie als
Querschnittsaufgabe verschiedener Fachleute. Ein Familienbüro sei als Stelle
zu sehen, die Informationen bündele und deren Weitergabe anstrebe, Vernetzungen
und Kooperationen der Informationsträger und Akteuren anrege und moderiere.
Das betreffe sowohl die Familien als auch die Fachkräfte. Es handele sich bei
dem Namen „Familienbüro“ zunächst um einen Arbeitstitel. Frau Köhler führte
weiter aus, dass aufgrund der räumlichen Nähe eines Trägers die Errichtung
eines Familienbüros in Abstimmung mit diesem erfolgen solle, damit die zukünftigen
Angebote aufeinander abgestimmt und Doppelstrukturen vermieden würden. Zudem
habe dieser Träger den Familienkompass erstellt und verfüge somit über Wissen,
welches sich auf Angebote im Stadtgebiet beziehe. Der seit 2008 bei der Stadt
Kamen eingerichtete Familienservice habe neben der besuchenden Tätigkeit auch
die Funktion, eingehende Anfragen zu bearbeiten. Die Zusammenarbeit mit den
unterschiedlichen Institutionen wurde kontinuierlich ausgebaut, so dass hier
ebenfalls eine intensive Netzwerkarbeit auf Fachkräfteebene stattfinde. Aus
diesen Gründen sei vorgesehen, den Familienservice als elementaren Bestandteil
in das Familienbüro mit einzubeziehen. Der Aufbau des Familienbüros solle
schrittweise erfolgen. Ziel sei, Kamener Familien eine umfassende Anlaufstelle
zu bieten. Es solle ein offenes Beratungs- und Vermittlungsangebot geschaffen
werden und zwar in der Vielfältigkeit der diversen örtlichen Unterstützungs-
und Hilfsdienste. Sofern sich das Familienbüro etabliert habe, sei geplant,
verschiedene Professionen mit einzubeziehen. Die Beratung basiere auf dem
Prinzip der Freiwilligkeit und gegenseitigen Wertschätzung. Das räumliche
Konzept sehe einen Vorraum als Empfang vor. Dort könnten auch telefonische
Anfragen entgegengenommen und ggf. dokumentiert werden. Ein weiterer Raum
solle für Beratungsgespräche genutzt werden. Die Ausstattung sei offen,
freundlich und kindgerecht geplant. Eine differenzierte Wahrnehmung zum
Leistungsbereich des Jugendamtes sei gewollt und angestrebt. Daher sei angedacht,
das Familienbüro im Erdgeschoss des Rathauses in unmittelbarer Nähe zum
Bürgerbüro einzurichten, sofern die Räume im Herbst zur Verfügung stehen.
Gestartet werden solle mit einer offenen Sprechstunde jeweils montags in der
Zeit von 15.00 Uhr bis 18.00 Uhr. Die Öffnungszeit käme sowohl Berufstätigen
als auch Eltern mit Kleinkindern entgegen. Außerhalb der Öffnungszeit werde
eine telefonische Ansage über die Erreichbarkeit informieren. Letztlich solle
eine inhaltliche als auch strukturelle Evaluation der erfolgten Beratungen und
Bedarfe folgen.
Herr Brüggemann ergänzte, dass
die Ausführungen zur Konzeption eines Familienbüros als Information verstanden
werden sollen. Zu gegebener Zeit werde dem Jugendhilfeausschuss abschließend
eine entsprechende Beschlussvorlage vorgelegt. Die aufschlussreichen Beiträge
der Ausschussmitglieder zu dem Thema würden aufgenommen, reflektiert und ggf.
umgesetzt. Er gab zu bedenken, dass die Konzeption des Familienbüros
hinsichtlich der personellen Gegebenheiten früh an ihre Grenzen stoße. Das
interne Personal müsse ausgelöst werden, um Freiräume für die neue Aufgabe zu
schaffen. Geplant sei auch die Zusammenführung externer Fachkräfte
unterschiedlicher Professionen, hier insbesondere der qualifizierten Mitarbeiter
der Beratungs- und Unterstützungsdienste der freien Träger. In diesem Zusammenhang
stellte Herr Brüggemann heraus, dass es neben der Familienbande in
unmittelbarer räumlicher Nähe zum Rathaus, welche durchaus ein hervorragendes
vielfältiges Kursangebot mit bürgerlicher Mitwirkung biete, eine lebhafte
engagierte Trägerlandschaft in Kamen gebe. Zur Zeit stünde die Verwaltung mit
dem Träger Familienbande zwecks Ausgestaltung des Familienkompasses in regem
Austausch. Dieser Träger verfüge über erschöpfendes praxisorientiertes
Material hinsichtlich diverser Zuständigkeiten und Adressen. Eine endgültige
Namensgebung müsse noch stattfinden; zunächst werde der Begriff „Familienbüro“
als Arbeitstitel geführt.
Frau Schaumann stellte fest,
dass Mitteilungen zum Planungsfortschritt des Familienbüros bereits mehrmals
im Jugendhilfeausschuss erfolgten. Kritisch sehe sie die Entstehung einer
Doppelstruktur, da der Träger Familienbande bereits über ein Familienbüro
verfüge und dort auch trägerübergreifend berate. Ferner wäre das Jugendamt
bemüht, die Wächterfunktion und die Präventionsfunktion deutlich zu trennen.
Sie sehe das Gelingen dieser Trennung skeptisch, da die Meinung und die
Wahrnehmung der Bürger landläufig und allgemein eine andere sei. Diese würden
eher zurückhaltend agieren und bei Beratungsbedarf nicht vorrangig das
Jugendamt aufsuchen. Daher wäre es aus ihrer Sicht sinnvoller das Familienbüro
bei einem freien Träger anzusiedeln. Ein Familienbüro unter kommunaler Leitung
halte sie nicht für zielführend. Eine Kooperation zwischen dem Familienbüro
und dem kommunalen Familienservice werde dadurch nicht ausgeschlossen. Ferner
bemängelte sie die Planung der unflexiblen und zu kurzen Öffnungszeiten. Dies
würde einer Anlaufstelle für Familien nicht gerecht. Spontane Anliegen der
Ratsuchenden liefen ins Leere; gezielte Terminplanung und Organisation der
Kontaktsuche stelle für einige Familien ein Hemmnis dar.
Auch Frau Möller kritisierte
ebenfalls die anvisierte Öffnungszeit, da diese nicht bedarfsdeckend sei. Auch
die Ansiedlung des Familienbüros in den Räumen des ehemaligen JobCenters sehe
sie kritisch, weil negative Erfahrungen der Vergangenheit hier einwirken
könnten. Die Tätigkeiten, die künftig dem Familienbüro zugeordnet werden
sollen, würden bereits von jedem Familienzentrum erfüllt. Zudem sei es eine
Selbstverständlichkeit, dass in vielen Einrichtungen, und nicht ausschließlich
in einer speziellen Einrichtung, vielfältiges Informationsmaterial vorgehalten
würde. Sie halte es für äußerst wichtig, dass das Familienbüro völlig
trägerneutral und stadtteilübergreifend geführt werde. Der Familienservice mit
dem Besuchs- und Beratungsdienst, welcher gut von den Familien angenommen
werde, solle bei der Stadt Kamen verbleiben.
Herr Klanke gab zu bedenken,
dass gerade durch die Einrichtung eines Familienbüros eine veränderte Wahrnehmung
des Jugendamtes in der Bevölkerung stattfinden solle. Es sei daher konsequent,
das Familienbüro trägerneutral zu führen.
Frau Mann ging auf das
wichtige Element der Freiwilligkeit ein. Sie habe die Erfahrung gemacht, dass
Familien durchaus in der Lage seien zwischen der Leistungsabteilung, also dem
Wächteramt, und einem Servicebereich zu unterscheiden.
Frau Scharrenbach bekräftigte, dass
die vom Jugendamt erarbeitete Konzeption durchaus den Charakter einer
Doppelstruktur zum Träger Familienbande habe. Es gebe bereits einen Träger, der
sich familienpolitisch breit aufgestellt habe und eine enorme Angebotsvielfalt
biete. Diese positiven Aspekte sollten genutzt werden. Auch Frau Scharrenbach
hält die dargestellten Planungen zum Familienbüro in dieser Form für nicht
zielführend. Zudem äußerte sie Bedenken, dass die Fördermittel aus dem Bundesprojekt
„Frühe Hilfen“ für eine ausschließliche Koordinierungsfunktion des Jugendamtes
nicht zweckentsprechend verwendet würden. Sie wies darauf hin, dass die erforderliche
Büroausstattung nicht aus diesen Mittel finanziert werden dürfe. Die Fördermittel
seien für Qualifizierungen von Familienhebammen und Ehrenamtlichen vorgesehen.
Sie unterbreitete den Vorschlag, bezüglich der Schaffung von
Familiennetzwerkstrukturen den Blick auf die Stadt Werne zu richten. Diese
habe es unter der Koordination des Jugendamtes so eingerichtet, dass alle
Träger in einem Haus zusammenwirken und Angebote unterbreiten. Dadurch würden
Konkurrenzsituationen vermieden. Auch bemängelte sie die geplanten
Öffnungszeiten. Dieses seien zu starr und zu kurz, als dass z.B.
benachteiligtes Klientel hierüber angesprochen und erreicht werden könne. Sie
bat um einen ehrlichen Austausch über die Ziele eines Familienbüros.
Herr Brüggemann bestätigte den
gemeinsamen Ansatz in dieser Sache. Es ginge darum eine bestimmte Struktur in
Kamen aufzunehmen und dort Beratungsangebote hinsichtlich vielfältiger
Themenfelder zu unterbreiten. Er halte drei Stunden an einem bestimmten
Wochentag für eine Erstberatung für ausreichend. Er verwies hier auf die
spätere Evaluation. Die Beachtung der personalwirtschaftlichen Grenze sei unausweichlich.
Er schloss sich der zum Ausdruck gebrachten allgemeinen Wertschätzung der Familienbande
an. Andere Träger seien gleichwohl ebenfalls gut aufgestellt und arbeiteten
engagiert. Die Wortbeiträge und Äußerungen der Vorsprecher würden als
Anregungen von der Verwaltung bewertet. Die letztliche Ausformung solle abgewartet
werden. Anschließend könne nochmals ein Austausch erfolgen.
Herr Ritter erinnerte daran,
dass in dem Ausschuss dieselben Diskussionen bezüglich der Errichtung eines
Familienservices geführt wurden. Rückblickend seien die seinerzeitigen
Befürchtungen zur differenzierten Wahrnehmung zwischen Beratung/Service und
Leistungsabteilung nicht eingetreten, so dass er zuversichtlich sei, sofern
ausreichende Transparenz bezüglich der Strukturen geschaffen werde, dass dies
auch beim Familienbüro gelingen werde. Den geplanten räumlichen Standort halte
auch er für ungünstig, diesbezüglich sollten Alternativen entwickelt werden.
Ferner bat er bei der Konzeption um stärkere Berücksichtigung der Stadtteile.
Er erinnerte hier an die Sozialraumkonferenzen. Herr Ritter sieht die
Zuständigkeit deutlich beim Jugendamt, daher müsse die Koordination durch
dieses erfolgen. Jedoch müsse die Einbindung der freien Träger sorgsam
überdacht werden. Er erwarte eine inhaltlich aussagekräftige Vorlage in diesem
Ausschuss.
Frau Schnepper wünsche sich eine
stärkere Unterstützung der bestehenden Familienzentren in Kamen. Sie schlug
vor, alternative Standorte in den Blick zu nehmen, wie z.B. das
Jugendfreizeitzentrum oder stadtteilbezogen das Bürgerhaus. Die
unterschiedlichen Träger bräuchten einen offenen Zugang zur Elternberatung.
Frau Scharrenbach fasste zusammen,
dass die Verwaltung aufgrund eines Prüfauftrages nun das Projekt vorantreibe.
Sie halte es für sinnvoll und wichtig, an diesem Punkt mit den Akteuren in
einen Dialog zu treten. Es solle grundsätzlich eine größere übergreifende Form
für das Familienbüro gewählt werden, die auch die freien Träger mit den
unterschiedlichen Angeboten einbinde und so den Grundgedanken des Projektes
„Kein Kind zurücklassen“ mit aufnehme. Darüber könne dann auch die
Netzwerkarbeit intensiviert werden.
Frau Dyduch warb darum, den
Arbeitsstand zum Familienbüro zunächst hinzunehmen und dadurch den
Beschäftigen des Fachbereiches die Möglichkeit zu eröffnen, dieses Projekt
wachsen zu lassen. Sie wies darauf hin, dass die formulierten Vorstellungen
zum Familienbüro realisierbar sein sollten und verwies in diesem Zusammenhang
auf die Ausführungen von Herrn Brüggemann zur begrenzten Personaldecke. Zur
Aufgabenerfüllung sei kein zusätzliches Personal im Stellenplan vorgesehen.
Herr Brüggemann wies darauf hin,
dass das abschließende Konzept frühzeitig den Ausschussmitgliedern zugehen
werde. Diese hätten dann ausreichend Zeit, das Konzept zu beraten und ggf.
Vorschläge zu unterbreiten. Letztlich würde das Familienbüro unter Mitwirkung
vieler Personen entstehen; das Ergebnis bleibe abzuwarten.
Frau Mann missbilligte
nachdrücklich die demotivierende Auseinandersetzung in dieser Sache. Es handele
sich um ein neues zu entwickelndes Projekt. Die ablehnenden Äußerungen zum
Planungsinhalt seien unangebracht. Sie erachte eine positivere Haltung
gegenüber den mit der Aufgabe betrauten Kollegen und Kolleginnen als
konstruktivere Motivationsform.
Abschließend äußerte Herr Kemna,
dass der an die Ausschussmitglieder gerichtete Appell, die Konzeption in der
begonnenen Form fortzusetzen, seiner Auffassung nach in eine nicht vertretbare
Pseudobeteiligung münde. Besonders in einer frühen Planungsphase ergeben sich
Möglichkeiten konstruktive Ideen einzubringen oder ggf. nach Abwägung der Vor-
und Nachteile zu verwerfen. Nur so könne ein Familienbüro mit breiter
Zustimmung entstehen.