Frau Köhler erläuterte anschließend den Konzeptentwurf eines Familienbüros im Rah­men eines kommunalen Managements für Familien. Bedarfe von Familien zu bedienen sehe sie als Querschnittsaufgabe verschiedener Fachleute. Ein Familien­büro sei als Stelle zu sehen, die Informationen bündele und deren Weitergabe an­strebe, Vernetzun­gen und Kooperationen der Informationsträger und Akteuren an­rege und moderiere. Das betreffe sowohl die Familien als auch die Fachkräfte. Es handele sich bei dem Na­men „Familienbüro“ zunächst um einen Arbeitstitel. Frau Köhler führte weiter aus, dass aufgrund der räumlichen Nähe eines Trägers die Er­richtung eines Familienbüros in Ab­stimmung mit diesem erfolgen solle, damit die zu­künftigen Angebote aufeinander abge­stimmt und Doppelstrukturen vermie­den würden. Zudem habe dieser Träger den Fami­lienkompass erstellt und verfüge somit über Wissen, welches sich auf Angebote im Stadtgebiet beziehe. Der seit 2008 bei der Stadt Kamen eingerichtete Familienservice habe neben der be­suchen­den Tätigkeit auch die Funktion, eingehende Anfragen zu be­arbeiten. Die Zusam­men­arbeit mit den unterschiedlichen Institutionen wurde kontinuier­lich aus­gebaut, so dass hier ebenfalls eine intensive Netzwerkarbeit auf Fachkräfte­ebene stattfinde. Aus diesen Gründen sei vorgesehen, den Familienservice als ele­mentaren Bestandteil in das Familienbüro mit einzubeziehen. Der Aufbau des Familien­büros solle schrittwei­se erfolgen. Ziel sei, Kamener Familien eine umfassende Anlauf­stelle zu bieten. Es solle ein offenes Beratungs- und Vermittlungsangebot geschaffen wer­den und zwar in der Vielfältigkeit der diversen örtlichen Unterstützungs- und Hilfs­dienste. Sofern sich das Familienbüro etabliert habe, sei geplant, verschiedene Profes­sionen mit einzubeziehen. Die Beratung basiere auf dem Prinzip der Freiwillig­keit und gegen­seitigen Wertschätzung. Das räumliche Konzept sehe einen Vorraum als Empfang vor. Dort könnten auch telefonische Anfragen entgegengenommen und ggf. doku­men­tiert werden. Ein weiterer Raum solle für Beratungsgespräche genutzt werden. Die Aus­stattung sei offen, freundlich und kindgerecht geplant. Eine diffe­ren­zierte Wahrnehmung zum Leistungsbereich des Jugendamtes sei gewollt und angestrebt. Daher sei ange­dacht, das Familienbüro im Erdgeschoss des Rathauses in unmittel­barer Nähe zum Bürgerbüro einzurichten, sofern die Räume im Herbst zur Verfügung stehen. Gestartet werden solle mit einer offenen Sprechstunde jeweils montags in der Zeit von 15.00 Uhr bis 18.00 Uhr. Die Öffnungszeit käme sowohl Berufstätigen als auch Eltern mit Kleinkin­dern entgegen. Außerhalb der Öffnungszeit werde eine telefonische Ansage über die Erreichbarkeit informieren. Letztlich solle eine inhalt­liche als auch strukturelle Evaluation der erfolgten Beratungen und Bedarfe folgen.

 

Herr Brüggemann ergänzte, dass die Ausführungen zur Konzeption eines Familien­büros als Information verstanden werden sollen. Zu gegebener Zeit werde dem Ju­gend­hilfeausschuss abschließend eine entsprechende Beschlussvorlage vorgelegt. Die auf­schlussreichen Beiträge der Ausschussmitglieder zu dem Thema würden auf­genom­men, reflektiert und ggf. umgesetzt. Er gab zu bedenken, dass die Konzeption des Fa­milienbüros hinsichtlich der personellen Gegebenheiten früh an ihre Grenzen stoße. Das interne Personal müsse ausgelöst werden, um Freiräume für die neue Aufgabe zu schaffen. Geplant sei auch die Zusammenführung externer Fachkräfte unterschiedlicher Professionen, hier insbesondere der qualifizierten Mit­arbeiter der Beratungs- und Un­terstützungsdienste der freien Träger. In diesem Zu­sammenhang stellte Herr Brügge­mann heraus, dass es neben der Familienbande in unmittelbarer räumlicher Nähe zum Rathaus, welche durchaus ein hervorragendes vielfältiges Kursangebot mit bürgerlicher Mitwirkung biete, eine lebhafte engagierte Trägerland­schaft in Kamen gebe. Zur Zeit stünde die Verwaltung mit dem Träger Familienbande zwecks Ausgestaltung des Fami­lienkompasses in regem Austausch. Dieser Träger verfüge über erschöpfendes praxis­orientiertes Material hinsichtlich diverser Zu­ständig­keiten und Adressen. Eine endgültige Namensgebung müsse noch stattfinden; zu­nächst werde der Begriff „Familienbüro“ als Arbeitstitel geführt.

 

Frau Schaumann stellte fest, dass Mitteilungen zum Planungsfortschritt des Fami­lien­büros bereits mehrmals im Jugendhilfeausschuss erfolgten. Kritisch sehe sie die Entste­hung einer Doppelstruktur, da der Träger Familienbande bereits über ein Fa­milienbüro verfüge und dort auch trägerübergreifend berate. Ferner wäre das Ju­gendamt bemüht, die Wächterfunktion und die Präventionsfunktion deutlich zu tren­nen. Sie sehe das Ge­lingen dieser Trennung skeptisch, da die Meinung und die Wahrnehmung der Bürger landläufig und allgemein eine andere sei. Diese würden eher zurückhaltend agieren und bei Beratungsbedarf nicht vorrangig das Jugendamt aufsuchen. Daher wäre es aus ihrer Sicht sinnvoller das Familienbüro bei einem freien Träger anzusiedeln. Ein Familienbüro unter kommunaler Leitung halte sie nicht für zielfüh­rend. Eine Kooperation zwischen dem Familienbüro und dem kommunalen Familien­service werde dadurch nicht ausge­schlossen. Ferner bemängelte sie die Planung der unflexiblen und zu kurzen Öffnungs­zeiten. Dies würde einer Anlaufstelle für Familien nicht gerecht. Spontane Anliegen der Ratsuchenden liefen ins Leere; ge­zielte Terminplanung und Organisation der Kontakt­suche stelle für einige Familien ein Hemmnis dar.

 

Auch Frau Möller kritisierte ebenfalls die anvisierte Öffnungszeit, da diese nicht be­darfsdeckend sei. Auch die Ansiedlung des Familienbüros in den Räumen des ehe­mali­gen JobCenters sehe sie kritisch, weil negative Erfahrungen der Vergangenheit hier einwirken könnten. Die Tätigkeiten, die künftig dem Familienbüro zugeordnet werden sollen, würden bereits von jedem Familienzentrum erfüllt. Zudem sei es eine Selbstver­ständlichkeit, dass in vielen Einrichtungen, und nicht ausschließlich in einer speziellen Einrichtung, vielfältiges Informationsmaterial vorgehalten würde. Sie halte es für äußerst wichtig, dass das Familienbüro völlig trägerneutral und stadtteilüber­greifend geführt werde. Der Familienservice mit dem Besuchs- und Beratungsdienst, welcher gut von den Familien angenommen werde, solle bei der Stadt Kamen ver­bleiben.

 

Herr Klanke gab zu bedenken, dass gerade durch die Einrichtung eines Familien­büros eine veränderte Wahrnehmung des Jugendamtes in der Bevölkerung statt­finden solle. Es sei daher konsequent, das Familienbüro trägerneutral zu führen.

 

Frau Mann ging auf das wichtige Element der Freiwilligkeit ein. Sie habe die Erfah­rung gemacht, dass Familien durchaus in der Lage seien zwischen der Leistungsab­teilung, also dem Wächteramt, und einem Servicebereich zu unterscheiden.

 

Frau Scharrenbach bekräftigte, dass die vom Jugendamt erarbeitete Konzeption durchaus den Charakter einer Doppelstruktur zum Träger Familienbande habe. Es gebe bereits einen Träger, der sich familienpolitisch breit aufgestellt habe und eine enorme Angebotsvielfalt biete. Diese positiven Aspekte sollten genutzt werden. Auch Frau Scharrenbach hält die dargestellten Planungen zum Familienbüro in dieser Form für nicht zielführend. Zudem äußerte sie Bedenken, dass die Fördermittel aus dem Bun­desprojekt „Frühe Hilfen“ für eine ausschließliche Koordinierungsfunktion des Jugend­amtes nicht zweckentsprechend verwendet würden. Sie wies darauf hin, dass die erfor­derliche Büroausstattung nicht aus diesen Mittel finanziert werden dürfe. Die Fördermit­tel seien für Qualifizierungen von Familienhebammen und Ehren­amtlichen vorgesehen.

Sie unterbreitete den Vorschlag, bezüglich der Schaffung von Familiennetzwerkstruk­turen den Blick auf die Stadt Werne zu richten. Diese habe es unter der Koordination des Jugendamtes so eingerichtet, dass alle Träger in einem Haus zusammenwirken und Angebote unterbreiten. Dadurch würden Konkurrenzsituationen vermieden. Auch be­mängelte sie die geplanten Öffnungszeiten. Dieses seien zu starr und zu kurz, als dass z.B. benachteiligtes Klientel hierüber angesprochen und erreicht werden könne. Sie bat um einen ehrlichen Austausch über die Ziele eines Familienbüros.

 

Herr Brüggemann bestätigte den gemeinsamen Ansatz in dieser Sache. Es ginge darum eine bestimmte Struktur in Kamen aufzunehmen und dort Beratungsangebote hinsichtlich vielfältiger Themenfelder zu unterbreiten. Er halte drei Stunden an einem bestimmten Wochentag für eine Erstberatung für ausreichend. Er verwies hier auf die spätere Evaluation. Die Beachtung der personalwirtschaftlichen Grenze sei unaus­weich­lich. Er schloss sich der zum Ausdruck gebrachten allgemeinen Wertschätzung der Fa­milienbande an. Andere Träger seien gleichwohl ebenfalls gut aufgestellt und arbeiteten engagiert. Die Wortbeiträge und Äußerungen der Vorsprecher wür­den als Anregungen von der Verwaltung bewertet. Die letztliche Ausformung solle abgewar­tet werden. An­schließend könne nochmals ein Austausch erfolgen.

 

Herr Ritter erinnerte daran, dass in dem Ausschuss dieselben Diskussionen bezüg­lich der Errichtung eines Familienservices geführt wurden. Rückblickend seien die seinerzei­tigen Befürchtungen zur differenzierten Wahrnehmung zwischen Bera­tung/Service und Leistungsabteilung nicht eingetreten, so dass er zuversichtlich sei, sofern ausreichende Transparenz bezüglich der Strukturen geschaffen werde, dass dies auch beim Familien­büro gelingen werde. Den geplanten räumlichen Standort halte auch er für ungünstig, diesbezüglich sollten Alternativen entwickelt werden. Ferner bat er bei der Konzeption um stärkere Berücksichtigung der Stadtteile. Er er­innerte hier an die Sozialraumkonfe­renzen. Herr Ritter sieht die Zuständigkeit deut­lich beim Jugendamt, daher müsse die Koordination durch dieses erfolgen. Jedoch müsse die Einbindung der freien Träger sorgsam überdacht werden. Er erwarte eine inhaltlich aussagekräftige Vorlage in die­sem Ausschuss.

 

Frau Schnepper wünsche sich eine stärkere Unterstützung der bestehenden Familien­zentren in Kamen. Sie schlug vor, alternative Standorte in den Blick zu nehmen, wie z.B. das Jugendfreizeitzentrum oder stadtteilbezogen das Bürgerhaus. Die unterschiedlichen Träger bräuchten einen offenen Zugang zur Elternberatung.

 

Frau Scharrenbach fasste zusammen, dass die Verwaltung aufgrund eines Prüf­auf­trages nun das Projekt vorantreibe. Sie halte es für sinnvoll und wichtig, an diesem Punkt mit den Akteuren in einen Dialog zu treten. Es solle grundsätzlich eine größere übergreifende Form für das Familienbüro gewählt werden, die auch die freien Träger mit den unterschiedlichen Angeboten einbinde und so den Grundgedanken des Projektes „Kein Kind zurücklassen“ mit aufnehme. Darüber könne dann auch die Netzwerkarbeit intensiviert werden.

 

Frau Dyduch warb darum, den Arbeitsstand zum Familienbüro zunächst hinzu­neh­men und dadurch den Beschäftigen des Fachbereiches die Möglichkeit zu eröff­nen, dieses Projekt wachsen zu lassen. Sie wies darauf hin, dass die formulierten Vorstel­lungen zum Familienbüro realisierbar sein sollten und verwies in diesem Zusammen­hang auf die Ausführungen von Herrn Brüggemann zur begrenzten Personaldecke. Zur Aufga­benerfüllung sei kein zusätzliches Personal im Stellenplan vorgesehen.

 

Herr Brüggemann wies darauf hin, dass das abschließende Konzept frühzeitig den Ausschussmitgliedern zugehen werde. Diese hätten dann ausreichend Zeit, das Kon­zept zu beraten und ggf. Vorschläge zu unterbreiten. Letztlich würde das Fami­lienbüro unter Mitwirkung vieler Personen entstehen; das Ergebnis bleibe abzu­warten.

 

Frau Mann missbilligte nachdrücklich die demotivierende Auseinandersetzung in dieser Sache. Es handele sich um ein neues zu entwickelndes Projekt. Die ablehn­enden Äuße­rungen zum Planungsinhalt seien unangebracht. Sie erachte eine posi­tivere Haltung gegenüber den mit der Aufgabe betrauten Kollegen und Kolleginnen als konstruktivere Motivationsform.

 

Abschließend äußerte Herr Kemna, dass der an die Ausschussmitglieder gerichtete Appell, die Konzeption in der begonnenen Form fortzusetzen, seiner Auffassung nach in eine nicht vertretbare Pseudobeteiligung münde. Besonders in einer frühen Planungs­phase ergeben sich Möglichkeiten konstruktive Ideen einzubringen oder ggf. nach Ab­wägung der Vor- und Nachteile zu verwerfen. Nur so könne ein Fami­lienbüro mit breiter Zustimmung entstehen.