hier: Bericht der Verwaltung
Neuregelungen auf
Bundesebene
Die Bundesregierung hat das Ziel formuliert
den Strom aus erneuerbaren Energien bis 2030 zu verdoppeln. Der Ausbau der
Windenergie ist zur Erreichung des Ziels aus Sicht der Bundesregierung ein
wesentlicher Faktor. Mit dem im Jahre 2022 verabschiedeten „Gesetz zur Erhöhung
und Beschleunigung des Ausbaus von Windenergieanlagen an Land“ vom
20. Juli 2022 (Wind-an-Land-Gesetz) will sie
den Ausbau der Windenergie in Deutschland erheblich beschleunigen. Das Gesetz
ist am 1. Februar 2023 in Kraft getreten.
Mit Hilfe des Gesetzes soll die Windenergie
an Land deutlich ausgebaut werden. Mittels Beschleunigung von Planungs- und
Genehmigungsverfahren und die Bereitstellung notwendiger Flächen sollen die
formulierten Ziele erreicht werden.
Der massive und schnellere Ausbau u.a. der
Windenergie ist wesentlich, um von fossilen Energieimporten unabhängig zu
werden und die Klimaschutzziele zu erreichen. Deshalb hat die Bundesregierung
die Ausbauziele für erneuerbare Energien mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz
(EEG) deutlich angehoben. Im Jahr 2030 sollen demnach 80 Prozent des in
Deutschland verbrauchten Stroms aus erneuerbaren Energien stammen, um im Jahr
2045 Treibhausgasneutralität zu erreichen.
Mit dem „Windenergie-an-Land-Gesetz“ werden
den Ländern Flächenziele für den Ausbau der Windenergie vorgegeben. Denn
bislang sind bundesweit lediglich 0,8 Prozent der Landesfläche für
Windkraftanlagen an Land ausgewiesen – allerdings werden lediglich 0,5 Prozent
faktisch genutzt.
Im Gesetz sind folgende Flächenziele fest
verankert:
Bis zum Jahr 2027 ist bundesweit 1,1 Prozent
der Landesfläche für den Ausbau der Windenergie bereitzustellen; bis zum Jahr
2032 2,0 Prozent der Landesfläche.
Das Bundesministerium für Wirtschaft und
Klimaschutz hat im Zuge der Zielformulierung die Eignung der unterschiedlichen
Bundesländer für die Windenergie untersuchen lassen. Die Untersuchung zeigt,
dass die Bundesländer unterschiedliche Voraussetzungen für den Ausbau der
Windenergie an Land haben. Diese können und sollten in einem gewissen Maße bei
der Festlegung individueller Flächenziele für die Bundesländer zur Erreichung
des 2-%-Ziels in 2032 bzw. des 1,4-%-Ziels bis 2027 auf Bundesebene
berücksichtigt werden.
Daraus ergibt sich für Nordrhein-Westfalen
ein Flächenziel von 1,1 Prozent bis 2027 und in 2032 von 1,8 Prozent der
Landesfläche. Ausgeglichen wird die Differenz zum Gesamtziel des Bundes durch
die Übertragung höherer Ziele an andere Bundesländer mit einer größeren
Windenergieeignung. Einzelne Bundesländer können auch vertraglich geregelt
Flächen an andere Bundesländer abtreten, allerdings max. bis zu einer
Größenordnung von 25 Prozent der Ausgangsfläche.
Die Bundesländer dürfen zwar weiterhin über
Mindestabstände entscheiden, müssen aber sicherstellen, dass sie ihre
Flächenziele aus dem Windenergieflächenbedarfsgesetz erreichen und so ihren
Beitrag zum Ausbau der Windenergie leisten. Erreichen sie ihr Flächenziel
nicht, treten die landesspezifischen Abstandsregeln außer Kraft. Die Verfehlung
der Flächenziele zu bestimmten Stichtagen wird künftig aber Folgen für die
Planungen der Länder haben. Damit dies nicht passiert, vereinfacht und
beschleunigt die Bundesregierung die Planungs- und Genehmigungsverfahren.
Unter anderem wurde das
Bundesnaturschutzgesetz novelliert: Um Genehmigungsverfahren zu beschleunigen,
gelten für die artenschutzrechtliche Prüfung nun bundeseinheitliche Standards.
Das Gesetz stellt klar, dass der Betrieb von Windenergieanlagen im überragenden
öffentlichen Interesse liegt und der öffentlichen Sicherheit dient. Landschaftsschutzgebiete
können in die Suche nach Flächen für den Windenergieausbau einbezogen werden.
Weitere Rechtsgrundlagen, die zur
Beschleunigung des Windenergieausbaus zum 01.02.2023 erlassen wurden:
- Gesetz zur Änderung des
Energiesicherungsgesetzes und anderer energiewirtschaftlicher Vorschriften vom
08. Oktober 2022
- Gesetz zur sofortigen Verbesserung der
Rahmenbedingungen für die erneuerbaren Energien im Städtebaurecht vom 4. Januar
2023
Anpassung auf Ebene der
Landes- und Regionalplanung
Zurzeit erarbeitet die Landesregierung eine
Änderung des Landesentwicklungsplans zum Ausbau der Erneuerbaren Energien und
zur Umsetzung des Wind-an-Land-Gesetz des Bundes. Wie zuvor beschrieben ist das Land
Nordrhein-Westfalen verpflichtet, 1,8 Prozent der Landesfläche bis Ende 2032
als Windenergiebereiche auszuweisen. Im Rahmen der LEP-Änderung soll zudem die Erzeugung
von Windenergie künftig auch auf geeigneten Waldflächen möglich sein. Hinzu
kommt die Streichung der 1000-m- Abstandsregelung für Windenergieanlagen.
Eckpunkte der Änderung des
Landesentwicklungsplans zur Förderung der Windenergie:
- Gerechte
Verteilung der Flächenbedarfsziele
Eine gerechte Verteilung der im
Wind-an-Land-Gesetz genannten Flächenbeitragswerte für das Land
Nordrhein-Westfalen auf die regionalen Planungsgebiete
- Abstandsregelung
Wind
Die Streichung der 1000-m-Abstandsregelung
für Windenergieanlagen.
- Windenergienutzung
im Wald
Die Ermöglichung der Windenergienutzung auf
geeigneten Flächen im Wald (Kalamitätsflächen und beschädigte Forstflächen) und
in Gewerbe- und Industriegebieten.
Das Land NRW teilt derzeit im Rahmen der
LEP-Änderung den Flächenbedarf von 1,8 Prozent der Landesfläche (ca. 614 Km²)
auf die einzelnen Regierungsbezirke, bzw. auf den Regionalverband Ruhr (RVR)
auf. Die für Kamen zuständige Regionalplanungsbehörde ist der RVR. Der Entwurf
des Landesentwicklungsplans soll bis zum Frühjahr 2023 erarbeitet und dann
beraten werden. Derzeit ist geplant, ihn bis zum 31. Mai 2024 in Kraft zu
setzen.
Die Regionalplanungsbehörden werden dann die
für sie vorgesehene Flächenzuweisung auf Ebene des Regionalplans in konkreten
Flächen darstellen. Die Verfahren zur Flächensuche laufen bereits parallel zum
Anpassung des LEP´s. Für die erste Stufe der Flächenbereitstellung müssen bis
zum 31. Dezember 2027 in den Regionen zusammen 1,1 % der Landesfläche
ausgewiesen werden, die restlichen Flächen müssen bis zum 31. Dezember 2032
folgen. Inwiefern das Gemeindegebiet der Stadt Kamen durch Flächenzuweisungen
betroffen sein wird, ist derzeit nicht bekannt.
Bezug zum
Flächennutzungsplan der Stadt Kamen
Vorrangzone für
Windkraftanlagen „Lüner Höhe“
Im Flächennutzungsplan der Stadt Kamen ist
eine Vorrangzone für Windkraftanlagen dargestellt. Die Fläche hat eine Größe
von ca. 6,9 ha. Sie befindet sich in Kamen Mitte, nördlich der BAB 2, zwischen
der Töddinghauser Straße, der Bergkamener Straße und der Gemeindegrenze zur
Stadt Bergkamen. Die Darstellung der Vorrangzone für
Windkraftanlagen im Flächennutzungsplan steht der Errichtung von
Windkraftanlagen an anderer Stelle im Stadtgebiet entgegen.
Überleitungsvorschrift gem.
§ 245e BauGB
Die Rechtswirkungen eines Raumordnungs- oder
Flächennutzungsplans gemäß § 35 Absatz 3 Satz 3 in der bis zum 1. Februar 2023
geltenden Fassung für Vorhaben (…) die der Erforschung, Entwicklung oder
Nutzung der Windenergie dienen, gelten (…) fort, wenn der Plan bis zum 1.
Februar 2024 wirksam geworden ist. Sie entfallen, soweit für den
Geltungsbereich des Plans das Erreichen des Flächenbeitragswerts oder eines
daraus abgeleiteten Teilflächenziels gemäß § 5 Absatz 1 oder Absatz 2 des
Windenergieflächenbedarfsgesetzes vom 20. Juli 2022 (…) festgestellt wird,
spätestens aber mit Ablauf des 31. Dezember 2027. Der Plan gilt im Übrigen
fort, wenn nicht im Einzelfall die Grundzüge der Planung berührt werden. Die
Möglichkeit des Planungsträgers, den Plan zu ändern, zu ergänzen oder
aufzuheben, bleibt unberührt. (…)
Sonderregelungen für
Windenergieanlagen an Land gem. § 249 BauGB
(1) § 35 Absatz 3 Satz 3 (Eine Beeinträchtigung
öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben (…) schädliche
Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird), ist auf
Vorhaben die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie dienen,
nicht anzuwenden.
(2) (…) Hat ein Land gemäß (…) des
Windenergieflächenbedarfsgesetzes regionale oder kommunale Teilflächenziele
bestimmt und wird deren Erreichen gemäß (…)
des Windenergieflächenbedarfsgesetzes festgestellt, gilt die Rechtsfolge (…) für
das Gebiet der jeweiligen Region oder Gemeinde. Der Eintritt der Rechtsfolge für
das Gebiet der jeweiligen Region ist gesetzliche Folge der Feststellung.
(4) Die Feststellung des Erreichens eines
Flächenbeitragswerts oder Teilflächenziels steht der Ausweisung zusätzlicher
Flächen für Vorhaben (…) die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der
Windenergie dienen, nicht entgegen.
(5) Der nach (…) Windenergieflächenbedarfsgesetz
jeweils zuständige Planungsträger ist bei der Ausweisung von
Windenergiegebieten (…) an entgegenstehende Ziele der Raumordnung oder
entgegenstehende Darstellungen in Flächennutzungsplänen nicht gebunden, soweit
dies erforderlich ist, um den Flächenbeitragswert im Sinne des (…)
Windenergieflächenbedarfsgesetzes oder ein daraus abgeleitetes Teilflächenziel
zu erreichen. (…)
(6) Die Ausweisung von Windenergiegebieten gemäß
(…) des Windenergieflächenbedarfsgesetzes erfolgt nach den für die
jeweiligen Planungsebenen geltenden Vorschriften für Gebietsausweisungen. Für
die Rechtswirksamkeit des Plans ist es hingegen unbeachtlich, ob und welche
sonstigen Flächen im Planungsraum für die Ausweisung von Windenergiegebieten
geeignet sind.
(7) Sobald und solange nach Ablauf des
jeweiligen Stichtages (…) weder der Flächenbeitragswert (…) des
Windenergieflächenbedarfsgesetzes noch ein daraus abgeleitetes Teilflächenziel (…)
erreicht wird,
1. entfällt die Rechtsfolge des Absatzes 2
und
2. können Darstellungen in
Flächennutzungsplänen, Ziele der Raumordnung sowie sonstige Maßnahmen der
Landesplanung einem Vorhaben(…), das der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung
der Windenergie dient, nicht entgegengehalten werden.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass die
im Flächennutzungsplan der Stadt Kamen festgesetzte Vorrangzone für
Windkraftanlagen bis zur Feststellung des Flächenbeitragswertes auf Ebene der
Regionalplanung oder spätestens bis zum 31. Dezember 2027 weiterhin
uneingeschränkt rechtsgültig ist.
Auch nach Festsetzung des
Flächenbeitragswertes kann die Stadt Kamen darüber hinaus Flächen für Vorhaben,
die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie dienen,
festsetzen. Die Möglichkeit den Plan zu ändern, zu ergänzen oder aufzuheben,
bleibt unberührt.
Sollte bis zum Ablauf der Stichtage seitens
der Regionalplanungsbehörde kein Flächenbeitragswert festgestellt werden,
können Darstellungen im Flächennutzungsplan einem Vorhaben nicht mehr entgegengehalten
werden.
Linkliste:
Gesetz zur Erhöhung und Beschleunigung des
Ausbaus von Windenergieanlagen an Land
Gesetz zur Änderung des
Energiesicherungsgesetzes und anderer energiewirtschaft-licher Vorschriften
Gesetz zur sofortigen Verbesserung der Rahmenbedingungen
für die erneuerbaren Energien im Städtebaurecht
https://www.recht.bund.de/bgbl/1/2023/6/VO.html
Analyse der Flächenverfügbarkeit für
Windenergie an Land post-2030
Baugesetzbuch in der aktuellen Fassung
https://www.gesetze-im-internet.de/bbaug/index.html#BJNR003410960BJNE039501125
LEP-Erlass Erneuerbare Energien
https://www.wirtschaft.nrw/system/files/media/document/file/lep-erlass-erneuerbare-energien_0.pdf