Betreff
Ausbau der Windenergie
hier: Bericht der Verwaltung
Vorlage
011/2023
Art
Mitteilungsvorlage

Berichterstattung der Verwaltung zum zukünftigen Ausbau der Windenergie in der Bundesrepublik Deutschland und der damit einhergehenden gesetzlichen Neuregelungen auf Ebene der Landes- und Regionalplanung

 

 

Neuregelungen auf Bundesebene

 

Die Bundesregierung hat das Ziel formuliert den Strom aus erneuerbaren Energien bis 2030 zu verdoppeln. Der Ausbau der Windenergie ist zur Erreichung des Ziels aus Sicht der Bun­desregierung ein wesentlicher Faktor. Mit dem im Jahre 2022 verabschiedeten „Gesetz zur Erhöhung und Beschleunigung des Ausbaus von Windenergieanlagen an Land“ vom

20. Juli 2022 (Wind-an-Land-Gesetz) will sie den Ausbau der Windenergie in Deutschland erheblich beschleunigen. Das Gesetz ist am 1. Februar 2023 in Kraft getreten.

 

Mit Hilfe des Gesetzes soll die Windenergie an Land deutlich ausgebaut werden. Mittels Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren und die Bereitstellung not­wendiger Flächen sollen die formulierten Ziele erreicht werden.

Der massive und schnellere Ausbau u.a. der Windenergie ist wesentlich, um von fossilen Energieimporten unabhängig zu werden und die Klimaschutzziele zu erreichen. Deshalb hat die Bundesregierung die Ausbauziele für erneuerbare Energien mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) deutlich angehoben. Im Jahr 2030 sollen demnach 80 Prozent des in Deutschland verbrauchten Stroms aus erneuerbaren Energien stammen, um im Jahr 2045 Treibhausgasneutralität zu erreichen.

 

Mit dem „Windenergie-an-Land-Gesetz“ werden den Ländern Flächenziele für den Ausbau der Windenergie vorgegeben. Denn bislang sind bundesweit lediglich 0,8 Prozent der Landesfläche für Windkraftanlagen an Land ausgewiesen – allerdings werden lediglich 0,5 Prozent faktisch genutzt.

 

Im Gesetz sind folgende Flächenziele fest verankert:

Bis zum Jahr 2027 ist bundesweit 1,1 Prozent der Landesfläche für den Ausbau der Wind­energie bereitzustellen; bis zum Jahr 2032 2,0 Prozent der Landesfläche.

 

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz hat im Zuge der Zielformulierung die Eignung der unterschiedlichen Bundesländer für die Windenergie untersuchen lassen. Die Untersuchung zeigt, dass die Bundesländer unterschiedliche Voraussetzungen für den Ausbau der Windenergie an Land haben. Diese können und sollten in einem gewissen Maße bei der Festlegung individueller Flächenziele für die Bundesländer zur Erreichung des 2-%-Ziels in 2032 bzw. des 1,4-%-Ziels bis 2027 auf Bundesebene berücksichtigt werden.

 

Daraus ergibt sich für Nordrhein-Westfalen ein Flächenziel von 1,1 Prozent bis 2027 und in 2032 von 1,8 Prozent der Landesfläche. Ausgeglichen wird die Differenz zum Gesamtziel des Bundes durch die Übertragung höherer Ziele an andere Bundesländer mit einer größe­ren Windenergieeignung. Einzelne Bundesländer können auch vertraglich geregelt Flächen an andere Bundesländer abtreten, allerdings max. bis zu einer Größenordnung von 25 Prozent der Ausgangsfläche.

 

Die Bundesländer dürfen zwar weiterhin über Mindestabstände entscheiden, müssen aber sicherstellen, dass sie ihre Flächenziele aus dem Windenergieflächenbedarfsgesetz er­reichen und so ihren Beitrag zum Ausbau der Windenergie leisten. Erreichen sie ihr Flächen­ziel nicht, treten die landesspezifischen Abstandsregeln außer Kraft. Die Verfehlung der Flächenziele zu bestimmten Stichtagen wird künftig aber Folgen für die Planungen der Länder haben. Damit dies nicht passiert, vereinfacht und beschleunigt die Bundesregierung die Planungs- und Genehmigungsverfahren.

 

Unter anderem wurde das Bundesnaturschutzgesetz novelliert: Um Genehmigungsverfahren zu beschleunigen, gelten für die artenschutzrechtliche Prüfung nun bundeseinheitliche Standards. Das Gesetz stellt klar, dass der Betrieb von Windenergieanlagen im überragen­den öffentlichen Interesse liegt und der öffentlichen Sicherheit dient. Landschafts­schutz­gebiete können in die Suche nach Flächen für den Windenergieausbau einbezogen werden.

 

Weitere Rechtsgrundlagen, die zur Beschleunigung des Windenergieausbaus zum 01.02.2023 erlassen wurden:

 

-       Gesetz zur Änderung des Energiesicherungsgesetzes und anderer energiewirt­schaftlicher Vorschriften vom 08. Oktober 2022

 

-       Gesetz zur sofortigen Verbesserung der Rahmenbedingungen für die erneuerbaren Energien im Städtebaurecht vom 4. Januar 2023

 

 

Anpassung auf Ebene der Landes- und Regionalplanung

 

Zurzeit erarbeitet die Landesregierung eine Änderung des Landesentwicklungsplans zum Ausbau der Erneuerbaren Energien und zur Umsetzung des Wind-an-Land-Gesetz des  Bundes. Wie zuvor beschrieben ist das Land Nordrhein-Westfalen verpflichtet, 1,8 Prozent der Landesfläche bis Ende 2032 als Windenergiebereiche auszuweisen. Im Rahmen der LEP-Änderung soll zudem die Erzeugung von Windenergie künftig auch auf geeigneten Waldflächen möglich sein. Hinzu kommt die Streichung der 1000-m- Abstandsregelung für Windenergieanlagen.

 

Eckpunkte der Änderung des Landesentwicklungsplans zur Förderung der Windenergie:

 

-       Gerechte Verteilung der Flächenbedarfsziele

Eine gerechte Verteilung der im Wind-an-Land-Gesetz genannten Flächenbei­trags­werte für das Land Nordrhein-Westfalen auf die regionalen Planungsgebiete

 

-       Abstandsregelung Wind

Die Streichung der 1000-m-Abstandsregelung für Windenergieanlagen.

 

-       Windenergienutzung im Wald

Die Ermöglichung der Windenergienutzung auf geeigneten Flächen im Wald (Kalamitätsflächen und beschädigte Forstflächen) und in Gewerbe- und Industriegebieten.

 

 

Das Land NRW teilt derzeit im Rahmen der LEP-Änderung den Flächenbedarf von 1,8 Pro­zent der Landesfläche (ca. 614 Km²) auf die einzelnen Regierungsbezirke, bzw. auf den Regionalverband Ruhr (RVR) auf. Die für Kamen zuständige Regionalplanungsbehörde ist der RVR. Der Entwurf des Landesentwicklungsplans soll bis zum Frühjahr 2023 erarbeitet und dann beraten werden. Derzeit ist geplant, ihn bis zum 31. Mai 2024 in Kraft zu setzen.

Die Regionalplanungsbehörden werden dann die für sie vorgesehene Flächenzuweisung auf Ebene des Regionalplans in konkreten Flächen darstellen. Die Verfahren zur Flächensuche laufen bereits parallel zum Anpassung des LEP´s. Für die erste Stufe der Flächenbe­reit­stellung müssen bis zum 31. Dezember 2027 in den Regionen zusammen 1,1 % der Landes­fläche ausgewiesen werden, die restlichen Flächen müssen bis zum 31. Dezember 2032 folgen. Inwiefern das Gemeindegebiet der Stadt Kamen durch Flächenzuweisungen betroffen sein wird, ist derzeit nicht bekannt.

 

 

Bezug zum Flächennutzungsplan der Stadt Kamen

 

Vorrangzone für Windkraftanlagen „Lüner Höhe“

Im Flächennutzungsplan der Stadt Kamen ist eine Vorrangzone für Windkraftanlagen dargestellt. Die Fläche hat eine Größe von ca. 6,9 ha. Sie befindet sich in Kamen Mitte, nördlich der BAB 2, zwischen der Töddinghauser Straße, der Bergkamener Straße und der Gemeindegrenze zur Stadt Bergkamen. Die Darstellung der Vorrangzone für Windkraft­anlagen im Flächennutzungsplan steht der Errichtung von Windkraftanlagen an anderer Stelle im Stadtgebiet entgegen.

 

 

 

 

 

 

Überleitungsvorschrift gem. § 245e BauGB

 

Die Rechtswirkungen eines Raumordnungs- oder Flächennutzungsplans gemäß § 35 Absatz 3 Satz 3 in der bis zum 1. Februar 2023 geltenden Fassung für Vorhaben (…) die der Erfor­schung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie dienen, gelten (…) fort, wenn der Plan bis zum 1. Februar 2024 wirksam geworden ist. Sie entfallen, soweit für den Geltungsbereich des Plans das Erreichen des Flächenbeitragswerts oder eines daraus abgeleiteten Teilflächenziels gemäß § 5 Absatz 1 oder Absatz 2 des Windenergieflächenbedarfsgesetzes vom 20. Juli 2022 (…) festgestellt wird, spätestens aber mit Ablauf des 31. Dezember 2027. Der Plan gilt im Übrigen fort, wenn nicht im Einzelfall die Grundzüge der Planung berührt werden. Die Möglichkeit des Planungsträgers, den Plan zu ändern, zu ergänzen oder aufzuheben, bleibt unberührt. (…)

 

Sonderregelungen für Windenergieanlagen an Land gem. § 249 BauGB

 

(1)  § 35 Absatz 3 Satz 3 (Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben (…) schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird), ist auf Vorhaben die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie dienen, nicht anzuwenden.

 

(2)  (…) Hat ein Land gemäß (…) des Windenergieflächenbedarfsgesetzes regionale oder kommunale Teilflächenziele bestimmt und wird deren Erreichen gemäß  (…) des Windenergieflächenbedarfsgesetzes festgestellt, gilt die Rechtsfolge (…) für das Gebiet der jeweiligen Region oder Gemeinde. Der Eintritt der Rechtsfolge für das Gebiet der jeweiligen Region ist gesetzliche Folge der Feststellung.

 

(4)  Die Feststellung des Erreichens eines Flächenbeitragswerts oder Teilflächenziels steht der Ausweisung zusätzlicher Flächen für Vorhaben (…) die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie dienen, nicht entgegen.

 

(5)  Der nach (…) Windenergieflächenbedarfsgesetz jeweils zuständige Planungsträger ist bei der Ausweisung von Windenergiegebieten (…) an entgegenstehende Ziele der Raumordnung oder entgegenstehende Darstellungen in Flächennutzungsplänen nicht gebunden, soweit dies erforderlich ist, um den Flächenbeitragswert im Sinne des (…) Windenergieflächenbedarfsgesetzes oder ein daraus abgeleitetes Teilflächen­ziel zu erreichen. (…)

 

(6)  Die Ausweisung von Windenergiegebieten gemäß (…) des Windenergie­flächenbe­darfs­gesetzes erfolgt nach den für die jeweiligen Planungsebenen geltenden Vorschriften für Gebietsausweisungen. Für die Rechtswirksamkeit des Plans ist es hingegen unbeachtlich, ob und welche sonstigen Flächen im Planungsraum für die Ausweisung von Windenergiegebieten geeignet sind.

 

(7)  Sobald und solange nach Ablauf des jeweiligen Stichtages (…) weder der Flächenbeitragswert (…) des Windenergieflächenbedarfsgesetzes noch ein daraus abgeleitetes Teilflächenziel (…) erreicht wird,

1. entfällt die Rechtsfolge des Absatzes 2 und

2. können Darstellungen in Flächennutzungsplänen, Ziele der Raumordnung sowie sonstige Maßnahmen der Landesplanung einem Vorhaben(…), das der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie dient, nicht entgegengehalten werden.

 

 

Zusammenfassend ist festzustellen, dass die im Flächennutzungsplan der Stadt Kamen festgesetzte Vorrangzone für Windkraftanlagen bis zur Feststellung des Flächenbei­trags­wertes auf Ebene der Regionalplanung oder spätestens bis zum 31. Dezember 2027 weiterhin uneingeschränkt rechtsgültig ist.

Auch nach Festsetzung des Flächenbeitragswertes kann die Stadt Kamen darüber hinaus Flächen für Vorhaben, die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie dienen, festsetzen. Die Möglichkeit den Plan zu ändern, zu ergänzen oder aufzuheben, bleibt unberührt.

Sollte bis zum Ablauf der Stichtage seitens der Regionalplanungsbehörde kein Flächen­beitragswert festgestellt werden, können Darstellungen im Flächennutzungsplan einem Vorhaben nicht mehr entgegengehalten werden.

 

 

Linkliste:

 

Gesetz zur Erhöhung und Beschleunigung des Ausbaus von Windenergieanlagen an Land

https://dip.bundestag.de/vorgang/gesetz-zur-erh%C3%B6hung-und-beschleunigung-des-ausbaus-von-windenergieanlagen-an/288780

 

Gesetz zur Änderung des Energiesicherungsgesetzes und anderer energiewirtschaft-licher Vorschriften

https://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav#__bgbl__%2F%2F*%5B%40attr_id%3D%27bgbl122s1726.pdf%27%5D__1676374508420

 

Gesetz zur sofortigen Verbesserung der Rahmenbedingungen für die erneuerbaren Energien im Städtebaurecht

https://www.recht.bund.de/bgbl/1/2023/6/VO.html

 

Analyse der Flächenverfügbarkeit für Windenergie an Land post-2030

https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Publikationen/Energie/analyse-der-flachenverfugbarkeit-fur-windenergie-an-land-post-2030.pdf?__blob=publicationFile&v=4

 

Baugesetzbuch in der aktuellen Fassung

https://www.gesetze-im-internet.de/bbaug/index.html#BJNR003410960BJNE039501125

 

LEP-Erlass Erneuerbare Energien

https://www.wirtschaft.nrw/system/files/media/document/file/lep-erlass-erneuerbare-energien_0.pdf