Betreff
Brandschutzbedarfsplan 2018
Vorlage
035/2018
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

 

1.    Die vorgelegte Neufassung des Brandschutzbedarfsplans der Stadt Kamen wird beschlossen.

 

2.    Die Verwaltung wird beauftragt, im Rahmen bereitgestellter Haushaltsmittel die sich aus diesem Plan ergebenden notwendigen organisatorischen, baulichen und technischen Maßnahmen vorzubereiten und umzusetzen.

 


Sachverhalt und Begründung (einschl. finanzielle Möglichkeit der Verwirklichung):

 

Die Sicherstellung des Brandschutzes und der Hilfeleistung ist eine Aufgabe, die von den Städ­ten und Gemeinden als Pflichtaufgabe zur Erfüllung nach Weisung wahrgenommen wird. Mit dem Brandschutzbedarfsplan legt die Kommune fest, wie sie dieser Aufgabe nachkommen will.

Städte und Gemeinden sind gesetzlich verpflichtet, eine Feuerwehr zu unterhalten, um bei Bränden, Unglücksfällen oder öffentlichen Notständen zur Hilfeleistung in der Lage zu sein (§ 3 Abs. 1 des Gesetzes über den Brandschutz, die Hilfeleistung und den Katastrophenschutz – BHKG). Die Feuerwehr der Stadt muss „den örtlichen Verhältnissen entsprechend leistungsfä­hig“ sein (§ 3 Abs. 1 BHKG). Diese Festlegung trifft der im Rahmen der kommunalen Selbstver­waltung gemäß § 3 Abs. 3 BHKG aufzustellende Brandschutzbedarfsplan.

Der vorgelegte - neu aufgestellte Brandschutzbedarfsplan - ersetzt die Fortschreibung des gel­tenden Brandschutzbedarfsplans aus dem Jahr 2008. Diese Fassung und die von den kommu­nalen Spitzenverbänden herausgegebene Handreichung zur Brandschutzbedarfsplanung dien­ten als Arbeitsgrundlage für die Erstellung des vorliegenden Brandschutzbedarfsplans.

Der Plan wurde im Wesentlichen von der Arbeitsgruppe „Brandschutzbedarfsplan“, bestehend aus der Leitung der Feuerwehr und den Zugführern, erarbeitet.

Im Wesentlichen beschreibt der Brandschutzbedarfsplan das Sicherheitsniveau der Stadt, ana­lysiert vorhandene Gefahrenpotentiale und die Fähigkeit der Feuerwehr zur Gefahrenabwehr. Die Leistungsfähigkeit der Feuerwehr wird anhand von festgelegten Schutzzielen und deren Erreichungsgraden dargestellt, und es werden Vorschläge zur Verbesserung der Erreichungs­grade unterbreitet. Zugleich sind Maßnahmen zur Weiterentwicklung des Brandschutzes und der Hilfeleistung bezogen auf das Personal (haupt-und ehrenamtliche Feuerwehrangehörige, Quali­fikation und Verfügbarkeit) und die Ausstattung (z.B. Fahrzeuge, Geräte, Standorte) beschrie­ben.

 

Gefährdungspotenzial und Risikoanalyse

Das Gefährdungspotenzial ergibt sich aus der Ausprägung und Nutzung der Siedlungsbereiche, Freiflächen, Gewerbe- und Industriegebiete, Verkehrsflächen, der Art und Dichte der Bebau­ungsstruktur, der Bevölkerungsdichte etc. Die Grundgefährdung in den Stadtteilen wird mit Hilfe einer Matrix ermittelt und bewertet. Im Ergebnis besteht in Kamen-Mitte und Kamen-Südkamen eine hohe, im Stadtteil Kamen - Methler eine mittlere und in Kamen-Heeren-Werve eine hohe Grundgefährdung (Risikoanalyse S.13-16).

 

Aufgaben und Organisation der Feuerwehr

Die Stadt Kamen unterhält eine hauptamtlich besetzte Feuerwache und ist i.S.d. § 10 BHKG eine Freiwillige Feuerwehr mit hauptamtlichen Kräften. Brandschutz und Hilfeleistung im Stadt­gebiet gehören zu den originären Aufgaben. Hinzu kommen zugewiesene Einsatzbereiche der Bundesautobahnen A 1 und A 2 sowie auf Anforderung überörtliche Hilfeleistungen, Leistungen im Bereich des vorbeugenden Brandschutzes durch die Brandschutzdienststelle, Durchführung der Notfallrettung und des Krankentransportes in der Stadt Kamen sowie in den Nachbarkom­munen Bergkamen und Bönen, diverse Sonderaufgaben zur Unterstützung der örtlichen Ord­nungsbehörde, die Aufgaben der Schulung, Aus- und Fortbildung der ehrenamtlichen Einsatz­kräfte, Aufgaben im Rahmen der Warnung der Bevölkerung.
Die Freiwillige Feuerwehr Kamen wird durch den ehrenamtlichen Leiter der Feuerwehr geleitet. Die Feuerwehr ist mit 7 Standorten in drei Löschzügen organisiert.

 

·         Löschzug 1 mit Standorten an der Feuer- und Rettungswache Mersch 28 und Dortmun­der Allee 49 für die Ausrückebereiche Kamen-Mitte und Südkamen sowie die BAB 1und BAB2.

·         Löschzug 2 mit den Löschgruppen Methler, Bunte Kuh 4b, Wasserkurl, Hohes Feld 7 und Westick, Heidkamp 28 mit dem Ausrückebereich im Stadtteil Methler.

·         Löschzug 3 mit den Löschgruppen Kamen-Heeren-Werve, Mitelstr. 49a und Rottum, Rottumer Str. 16 den Ausrückebereich Kamen-Heeren-Werve und Rottum und Derne umfassend.

 

Die Feuer- und Rettungswache Mersch ist ständig mit hauptamtlichen Kräften besetzt. Die per­sonelle Vorhaltung ist entsprechend der von der Bezirksregierung erteilten Ausnahmegenehmi­gung, auf die Verfügbarkeit der ehrenamtlichen Kräfte (werktags von 7 bis 16 Uhr - 6 Einsatz­kräfte mindestens Staffelstärke – außerhalb dieser Zeiten mindestens Truppstärke mit 3 Ein­satzkräften), ausgerichtet.

 

Alarmierung und Einsatztaktik

Die Alarmierung erfolgt über digitale Meldeempfänger durch die Leitstelle für Feuerschutz und Rettungsdienst des Kreises Unna. Auf der Basis einer örtlichen Alarm- und Ausrückeordnung, unter Angabe von den die jeweiligen Schadensereignisse kennzeichnenden Einsatzstichwörtern, werden die notwendigen Einsatzeinheiten alarmiert.

 

Technische Ausstattung / Ausrüstung

 

Nachdem bundesweit ein digitales Funknetz für die Behörden und Organisationen mit Sicher­heitsaufgaben errichtet wurde, wurden 2014 analoge durch digitale Sprechfunkgeräte ersetzt bzw. ergänzt. Der aus insgesamt 30 Einsatzfahrzeugen bestehende Fuhrpark sowie die gesam­te feuerwehrtechnische Ausstattung unterliegen der permanenten Überwachung auf Eignung, Bedarf und Einsatzfähigkeit. Das gilt insbesondere für die persönliche Schutzausrüstung. Si­cherheit und der Schutz der Einsatzkräfte haben höchste Priorität.

 

Bauliche Gegebenheiten der Standorte

Hier ist die Feststellung zu treffen, dass die Standorte der Löschgruppen in Heeren, Rottum, Methler und Westick sukzessive in den vergangenen Jahren dem Bedarf entsprechend saniert und erweitert worden sind. Die Umbaumaßnahmen am Feuerwehrhaus in Wasserkurl laufen. Der Standort wurde erweitert um eine Fahrzeughalle, in 2018 sollen der Umbau und die Sanie­rung des Sozialtraktes vollständig abgeschlossen sein.

Handlungsbedarf besteht für die Feuer- und Rettungswache in Kamen-Mitte. Der für den Betrieb bemessene Raumbedarf ist im Jahr 2000 ausgerichtet worden auf 54 Einsatzkräfte.
Bedarfsorientierte Erhöhung der Sollbereitschaftszeiten der Rettungswagen und die Verände­rung von arbeitsschutzrechtlichen Bestimmungen, hat die Anzahl der Beschäftigten auf 96 Mit­arbeiterinnen und Mitarbeiter anwachsen lassen. Dem erforderlichen Raumbedarf kann dauer­haft nicht mehr entsprochen werden. Insbesondere sind hier für den hauptamtlichen Bereich Büroräume, Umkleideräume, für den gemeinschaftlich genutzten Bereich Alarmgarderoben zu nennen. Im technischen Bereich fehlen Lagerflächen und Fahrzeugunterstellmöglichkeiten. Mit dem Bau und der Betriebsaufnahme der vorgesehenen Ergänzungswache für den Rettungs­dienst ist in Teilbereichen eine geringe Entlastung der angespannten Raumsituation an der Hauptwache möglich. Das schließt weitere bauliche Maßnahmen zur Verbesserung der Raumsi­tuation und der Einsatzabläufe des Feuer- und Rettungsdienstes an der Wache Mersch nicht aus

Leistungsfähigkeit und Schutzziele

Erfolgreicher Brandschutz und Leistungsfähigkeit der Feuerwehr werden an der Frage bemes­sen, in welcher Personalstärke und in welcher Zeit die alarmierten Einsatzeinheiten nach der Alarmierung an der Einsatzstelle eintreffen. Die Personalstärke und zugehörige Zeitgrenzen werden in Form der Schutzzielfestlegung von der Bezirksregierung Arnsberg vorgegeben. Die Umsetzung der diesbezüglichen Vorgaben des Brandschutzbedarfsplanes (Erreichungsgrade) wird laufend jährlich von der Bezirksregierung Arnsberg überprüft.

 

Im Schutzziel 1 müssen in maximal 8 Minuten 9 Funktionen vor Ort an der Einsatzstelle sein; nach weiteren 5 Minuten insgesamt 16 Funktionen (Schutzziel 2).

 

Aus der Analyse möglicher Einsatzszenarien folgt, dass zu bestimmten Zeiten und bei Einsatz­lagen wie „Brand in Sonderbauten“ (Abschnitt 5.3.2) die Feuerwehr Kamen nur unter Einsatz aller Kamener Löschzüge und ggfls. Unterstützung benachbarter Feuerwehren bewältigen kann.

Gestützt ist diese Erkenntnis aus der Auswertung aller Einsatzberichte aus dem Leitrechnersys­tem der Kreisleitstelle der Jahre 2008 bis 2017. Bei der Darstellung und Bewertung der Errei­chungsgrade wurden pro Tag drei gleiche Zeitabschnitte an Werktagen und an allen anderen Tagen in den 3 Löschzügen betrachtet. Zudem wurden die Simulationsszenarien – Schutzzie­lerhöhung um 30 Sekunden und personelle Ausweitung vom Trupp (3) auf die Staffel (6) analy­siert und gerechnet.

 

Löschzug 1 (Kamen-Mitte-Süd)
Der Gesamterreichungsgrad von 47% im SZ 1 wird als nicht ausreichend betrachtet. Bemer­kenswert kritisch sind die Zeiträume „werktags 0-6 Uhr“ mit 18% und „SaSoFei 0-6 Uhr“ mit 23%.
Die Schutzzielerhöhung um 30 Sekunden führt zu einer Steigerung auf 53%. Eine deutliche Steigerung auf 69% wird erst durch eine personelle Ausweitung auf die Staffel erreicht. Die Er­reichungsgrade im SZ 2 (13 Minuten) belegen, dass die alarmierten Einsatzkräfte im Rahmen ihrer Möglichkeiten in den Einsatz gehen, jedoch die zeitliche Vorgabe von 8 Minuten nicht er­reichen. Im Zeitfenster „werktags 0-6 Uhr“ ist der Erreichungsgrad auch im SZ 2 mit 59% nicht ausreichend.

 

Löschzug 2 (Kamen-Methler)
Der Gesamterreichungsgrad von 75% im SZ 1 ist ausreichend. Die Simulation +30 Sekunden bewirkt eine Steigerung auf 83%.
Im Schutzziel 2 beträgt der Erreichungsgrad 99%.

 

Löschzug 3 (Kamen-Heeren-Werve, Rottum, Derne)
Der Gesamterreichungsgrad im SZ 1 ist mit 59% unzureichend. Erschwert wird die Bewertung dadurch, dass für die Zeiträume „werktags 0-6 Uhr“ keine Daten zur Verfügung stehen. Im Zeit­raum „werktags 6-18 Uhr“ werden nur 22% erreicht. Die Simulation 2 (+30 Sekunden) führt zu einer leichten Verbesserung auf 26 %. Dass aber ausreichend alarmierte Einsatzkräfte in den Einsatz gehen, die das Schutzziel 2 erreichen können, beweisen die Werte zwischen 90 und 100% Erreichungsgrad im SZ 2, wenn ausreichend Kräfte im Stadtteil verfügbar sind.

 

 

Betrachtung Gesamterreichungsgrad
Der Gesamterreichungsgrad von 59% im SZ 1 ist nicht ausreichend.
Der im SZ 2 von 89% ist ein gutes Ergebnis.

Vorschläge zur Verbesserung

Die Arbeitsgruppe empfiehlt Rat und Verwaltung zur Verbesserung der Erreichungsgrade die nachfolgend auf die Löschzüge und Standorte bezogenen Maßnahmen zu prüfen und sukzessi­ve umzusetzen (s. Kap. 7, S. 109). Für den Löschzug Kamen-Mitte  wird die Ausweitung der Vorhaltung von zur Zeit einer Staffel 1/5 an Werktagen in der Zeit von 7.00 bis 16.00 Uhr auf 24 Stunden an 7 Tagen in der Woche vorgeschlagen. Das kann nur über eine personelle Verstär­kung erreicht werden. Zur Optimierung der Erreichungsgrade für den Löschzug Heeren-Werve wird die Einführung eines Rendezvoussystems zur schnellstmöglichen Zusammenführung eh­renamtlicher und hauptamtlicher Einsatzkräfte an der Einsatzstelle vorgeschlagen. Dabei sollen Einsatzkräfte der Hauptwache über einen verkürzten Anfahrtsweg Lenbachstraße, Frielinger Weg geführt werden.

 

Der Entwurf des Brandschutzbedarfsplanes ist in diversen Vorgesprächen mit dem Kreisbrand­meister und der Bezirksregierung Arnsberg vorbesprochen und abgestimmt worden.

 

Der Rat der Stadt Kamen wird um Beratung und Beschlussfassung gebeten.

 


Finanzielle Auswirkungen:

 

Die vorgeschlagene Ausweitung der Staffelvorhaltung 7/24 an der Wache Mersch hat haushaltsrechtliche Auswirkungen. Rein rechnerisch bedeutet die sukzessiv mögliche Ausweitung einen Stellenmehrbedarf von rd. 7,26 Stellen. Der daraus resultierende jahresbezogene Mehraufwand an Personal-, Sach- und Gemeinkosten wird ca. 530.000 Euro betragen.

Zu berücksichtigen ist aber, dass noch in 2018 eine Organisationsuntersuchung im Bereich des Feuerwehr- und Rettungsdienstes durchgeführt wird. Insbesondere soll die Funktionalität, die Aufgabenstruktur und die Dienstplangestaltung untersucht werden. Es ist zu erwarten, dass die Ergebnisse und Erkenntnisse daraus Synergieeffekte und eine Optimierung in der Aufgabenstrukturierung des Rettungsdienstes und des Brandschutzes ermöglichen.

 

Die Umsetzung des Vorschlags zur Einführung eines Rendevoussystems zur Verbesserung der Erreichungsgrade der Hilfsfristen im Stadtteil Heeren-Werve wird Aufwand auslösen für die Beschaffung eines Fahrzeugs und die Umgestaltung einer Hastsperre im Bereich Frielinger Weg. Dies wird zu detailliert zu prüfen sein. Ergebnisse dazu werden berichtet und fließen in die Haushalts- und Finanzplanung ein.