Beschlussvorschlag:
1.a Der Gründung der Tarifgemeinschaft Münsterland/Ruhr-Lippe
GmbH, an der die Stadt Kamen mittelbar beteiligt sein wird, wird auf der
Grundlage des als Anlage 1
beigefügten Gesellschaftsvertrags zugestimmt.
1.b Die kommunalen Vertreter der Stadt Kamen werden
beauftragt, alle erforderlichen Erklärungen zur Verwirklichung der in Ziffer
1.a beschriebenen Maßnahmen – insbesondere eine Zustimmung zum Abschluss des
als Anlage 1 beigefügten
Gesellschaftsvertrags – abzugeben.
1.c Die Beschlussfassungen zu den Ziffern 1.a und
1.b stehen unter dem Vorbehalt des positiven Abschlusses des Anzeigeverfahrens
bei der zuständigen Bezirksregierung.
1.d Der Rat der Stadt Kamen beschließt die
Bestellung des Geschäftsführers der Verkehrsgesellschaft Kreis Unna mbH als
Vertreter des Gesellschafters Verkehrsgesellschaft Kreis Unna mbH in die
Gesellschafterversammlung der Tarifgemeinschaft Münsterland/Ruhr-Lippe GmbH.
2.a Der Gründung der WestfalenTarif GmbH durch die
Tarifgemeinschaft Münsterland/Ruhr-Lippe GmbH, an der die Stadt Kamen mittelbar
beteiligt sein wird, wird auf der Grundlage des als Anlage 2 beigefügten Konsortialvertrags und des als Anlage 3 beigefügten
Gesellschaftsvertrags zugestimmt.
2.b Die kommunalen Vertreter der Stadt Kamen werden
beauftragt, alle erforderlichen Erklärungen zur Verwirklichung der in Ziffer
2.a beschriebenen Maßnahmen – insbesondere eine Zustimmung zum Abschluss des
als Anlage 2 beigefügten
Konsortialvertrags sowie des als Anlage
3 beigefügten Gesellschaftsvertrags – abzugeben.
2.c Die Beschlussfassungen zu den Ziffern 2.a und 2.b
stehen unter dem Vorbehalt des positiven Abschlusses des Anzeigeverfahrens bei
der Bezirksregierung Detmold.
Sachverhalt und Begründung (einschl. finanzielle Möglichkeit der Verwirklichung):
1.
Anlass: Einführung
eines einheitlichen Gemeinschaftstarifes in Westfalen-Lippe („WestfalenTarif“)
Gemäß § 5 des Gesetzes über den öffentlichen Personennahverkehr in
Nordrhein-Westfalen (ÖPNVG NRW) hat der Zweckverband Nahverkehr Westfalen-Lippe
(NWL) als zuständiger Aufgabenträger für den schienengebundenen
Personennahverkehr (SPNV) in Westfalen Lippe in Abstimmung mit seinen
Mitgliedern u. a. auf einen einheitlichen
Gemeinschaftstarif in Westfalen-Lippe hinzuwirken. Dazu hat sich der NWL
mit den regionalen Tariforganisationen und den erlösverantwortlichen Partnern
in Westfalen-Lippe darauf verständigt, auf der Grundlage des als Anlage 2 beigefügten Konsortialvertrags
und des als Anlage 3 beigefügten
Gesellschaftsvertrags die WestfalenTarif GmbH zu gründen. Gegenstand des
Unternehmens ist die Entwicklung, Bildung und die kontinuierliche
Weiterentwicklung des WestfalenTarifes.
Auf Grundlage des § 5 Abs. 3 ÖPNVG NRW haben die für die Tarifräume in
Westfalen-Lippe („Der Sechser“, „Hochstift-Tarif“, „Münsterland-Tarif“,
„Ruhr-Lippe-Tarif“, „VGWS-Tarif“) zuständigen Aufgabenträger und der NWL
bereits im Jahr 2012 eine Kooperationsvereinbarung unterzeichnet, nach der ein
raumweiter Gemeinschaftstarif vorbereitet und umgesetzt werden soll. Mit der
verstärkten tariflichen Zusammenarbeit wird ein Abbau von Zugangshemmnissen, insbesondere bei
tarifraumüberschreitenden Fahrten, angestrebt. Damit ist die gutachterlich
bestätigte Erwartung verbunden, mit dem neuen Gemeinschaftstarif auch Zuwächse bei den Fahrgeldeinnahmen zu
erzielen.
Der „WestfalenTarif“ soll ab dem 01.08.2017 für alle Fahrten im
öffentlichen Personennahverkehr angewendet werden, die innerhalb der Grenzen
von Westfalen-Lippe beginnen und enden. Die heute bestehenden
Gemeinschaftstarife werden dabei in den WestfalenTarif überführt. Auch alle
Fahrten innerhalb des Gebietes von Westfalen-Lippe, die derzeit noch im
NRW-Tarif tarifiert werden, werden künftig im WestfalenTarif abgebildet.
2.
Gründung einer
WestfalenTarif GmbH
Zur Koordinierung des neuen Gemeinschaftstarifes in Westfalen-Lippe ist
die Gründung einer WestfalenTarif GmbH erforderlich. Gesellschafter werden die
bereits bestehenden Tariforganisationen, wie die Tarifgemeinschaft
Münsterland/Ruhr-Lippe sowie der NWL als Aufgabenträger des SPNV. Die
Gesellschaft wird sich für das operative Geschäft der heute schon bestehenden
Geschäftsstellen bedienen. Damit bleiben bewährte dezentrale Strukturen
erhalten, und der Aufbau einer gänzlich neuen Organisationseinheit wird
vermieden (s. Ziff. 4).
3.
Gründung der
Tarifgemeinschaft Münsterland/Ruhr-Lippe GmbH | Umwandlung der bestehenden
Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)
Die Tarifgemeinschaft Münsterland/Ruhr-Lippe ist derzeit als
Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) organisiert. Gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1
Nr. 3 GO NRW dürfen für die privatwirtschaftliche Betätigung von Kommunen aber
grundsätzlich nur Rechtsformen gewählt werden, die die Haftung der Kommune auf einen bestimmten Betrag begrenzen. Außerdem
muss die Tarifgemeinschaft Münsterland/Ruhr-Lippe als Gesellschafterin der
WestfalenTarif GmbH außenrechtliche
Verpflichtungen eingehen können. Beides ist bei einer GmbH der Fall. Daher
ist es erforderlich, die bestehende GbR in eine GmbH umzuwandeln. Mit der
Änderung der Rechtsform ist keine
Änderung der Gesellschafter- oder Finanzierungsstruktur der bestehenden
Tarifgemeinschaft Münsterland/Ruhr-Lippe GbR verbunden.
4.
Organisation und
Management des WestfalenTarifes – Zwei-Ebenen-Modell
Aufgaben wie Preisgestaltung in den unteren
Preisstufen (regionale und innerstädtische Fahrten), die Verteilung der
entsprechenden Einnahmen auf die einzelnen Verkehrsunternehmen, regionale und
lokale Marketingmaßnahmen, Einführung nur regional gültiger Fahrausweise etc.
werden weiterhin von den bestehenden
Tarifgemeinschaften vor Ort wahrgenommen.
Aufgaben wie Preisgestaltung in den oberen Preisstufen (lange
Reiseweiten), die Verteilung der entsprechenden Einnahmen auf die einzelnen
Verkehrsunternehmen, westfalenweite Marketingmaßnahmen, Schaffung eines
technischen Rahmens für den Vertrieb, Einführung neuer, in ganz Westfalen-Lippe
geltender Fahrausweise sowie das Stellen des Tarifantrags bei der zuständigen
Bezirksregierung werden zukünftig von der WestfalenTarif GmbH koordiniert.
Diese überregionalen Aufgaben werden in Abstimmung zwischen den Partnern von
einzelnen Geschäftsstellen federführend wahrgenommen.
Mit dieser Trennung der Einflusssphären in eine regionale westfälische
Ebene und eine gemeinsame westfälische Ebene wird ein Zwei-Ebenen-Modell etabliert. Die lokale und regionale
Verantwortung für einen finanziell auskömmlichen Tarif wird auf diese Weise
nicht an eine zentrale Einheit übertragen, sondern bleibt regional verankert.
Die Fahrgäste werden dennoch einen als einheitlich strukturiert wahrzunehmenden
Gemeinschaftstarif erhalten. Dafür, dass dies so realisiert wird und auch
bleibt, wird die WestfalenTarif GmbH Sorge tragen. Die bisher der Vielfalt der
Tarife geschuldete Komplexität wird aus Fahrgastsicht nicht mehr existieren.
Die dem Subsidiaritätsprinzip entsprechende Ausgestaltung der Entscheidungs-
und Organisationsstrukturen der WestfalenTarif GmbH als Zwei-Ebenen-Modell
prägt das Wesen der neuen Gesellschaft.
Der WestfalenTarif harmonisiert die regionalen Gemeinschaftstarife und
führt diese mit einer einheitlichen
Benutzeroberfläche für die Kunden zusammen. Lokale und regionale
Tarifangebote z. B. in Form einer eigenständigen Preisfestlegung werden dabei
weiterhin möglich bleiben. So sollen z. B. die Entscheidungen über die
Fahrpreisgestaltung innerhalb der bisherigen Tarifräume (Preisstufen 0 – 6 des
Münsterland/Ruhr-Lippe-Tarifes) wie bisher durch die bestehenden
Tarifgemeinschaften getroffen werden. Einheitliche Fahrpreise wird es indes in
den höheren Preisstufen geben. Die ÖPNV-Akteure vor Ort können damit im Rahmen
ihrer unmittelbaren wirtschaftlichen Verantwortung für ihre Linienverkehre
dafür Sorge tragen, dass im Zuge der Vereinheitlichung des Tarifes die lokalen und regionalen
Einflussmöglichkeiten erhalten bleiben. Dies ist zur Sicherstellung von
kundenorientierten und finanziell auskömmlichen Tarifen vor Ort sinnvoll und
kein Widerspruch zu einer Harmonisierung unter dem Dach eines einzigen neuen
Gemeinschaftstarifes.
5.
Zustimmung der
Stadt Kamen | Anzeigeverfahren
Die Zustimmungserfordernis der Stadt Kamen zur Rechtsformänderung der
Tarifgemeinschaft Münsterland/Ruhr-Lippe und zur Gründung der WestfalenTarif
GmbH ergibt sich daraus, dass die Stadt Kamen an diesen Gesellschaften über die
Verkehrsgesellschaft Kreis Unna mbH (VKU) mittelbar
beteiligt sein wird (vgl. Schaubild, Anlage
4). Die Zuständigkeit des Rates der Stadt Kamen ergibt sich aus § 41 Abs. 1
Satz 2 lit. l) und m) der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO
NRW).
Für die Gründung der WestfalenTarif GmbH und der Tarifgemeinschaft
Münsterland/Ruhr-Lippe GmbH sind Anzeigeverfahren nach § 115 der
Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NRW) erforderlich.
Aufgrund der regierungsbezirksübergreifenden Beteiligung von Kommunen hat das
Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen bereits
eine Zuständigkeitsentscheidung getroffen, nach der die Bezirksregierung
Detmold zuständige Aufsichtsbehörde für das im Zusammenhang mit der Gründung
der WestfalenTarif GmbH durchzuführende Anzeigeverfahren ist. Für das
Anzeigeverfahren im Zusammenhang mit der Gründung der Tarifgemeinschaft
Münsterland/Ruhr-Lippe GmbH wurde noch keine Zuständigkeitsregelung getroffen;
inhaltlich wurden die Gesellschaftsverträge und der Konsortialvertrag mit der
mutmaßlich zuständigen Bezirksregierung Münster besprochen.
6.
Marktanalyse
Im Vorfeld der Gründung eines Unternehmens mit kommunaler Beteiligung
muss grundsätzlich eine Marktanalyse gemäß § 107 Abs. 5 GO NRW durchgeführt
werden, mit der Chancen und Risiken des beabsichtigten wirtschaftlichen
Engagements sowie die Auswirkungen auf das Handwerk und die mittelständische
Wirtschaft eruiert werden. Den örtlichen Selbstverwaltungsorganisationen von
Handwerk, Industrie und Handel und der für die Beschäftigten der jeweiligen
Branche handelnden Gewerkschaften ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu den
Marktanalysen zu geben. Eine solche Marktanalyse wurde für die WestfalenTarif
GmbH in Abstimmung mit den Partnern federführend vom NWL durchgeführt; den
zuständigen Industrie- und Handelskammern und Handwerkskammern sowie der
Gewerkschaft ver.di wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben (Anlage 5). Im Ergebnis wird die
Gründung der WestfalenTarif GmbH von den zu beteiligenden Institutionen nicht
kritisch gesehen.
Für die Tarifgemeinschaft Münsterland/Ruhr-Lippe GmbH hält die
Bezirksregierung Münster eine eigene Marktanalyse auch mit Blick auf den reinen
Rechtsformwechsel nicht für erforderlich.
7.
Finanzielle
Auswirkungen der Gesellschaftsgründungen
a)
Tarifgemeinschaft Münsterland/Ruhr-Lippe GmbH
Der Aufwand für die Durchführung der Koordinierungsaufgaben bei der
Tarifgemeinschaft Münsterland/Ruhr-Lippe besteht bereits und wird von den
Gesellschaftern der bestehenden Tarifgemeinschaft Münsterland/Ruhr-Lippe GbR
schon heute getragen. Durch die Rechtsformänderung entsteht – neben einmaligen
Gründungskosten – zusätzlicher laufender Aufwand im Wesentlichen nur durch die
gemeindewirtschaftsrechtlich vorgeschriebene Prüfung des Jahresabschlusses
durch einen Wirtschaftsprüfer.
b)
WestfalenTarif GmbH
Der Finanzierungsbedarf für die WestfalenTarif GmbH liegt nach dem
vorläufigen Wirtschaftsplanentwurf bei rd. 900 T€ p. a., wovon der NWL als
Hauptbetroffener 80% trägt. Auf die Tarifgemeinschaft Münsterland/Ruhr-Lippe GmbH
entfallen nach § 3 Abs. 2 lit. c) des Konsortialvertrages 11,2 %, mithin rd.
100 T€ p. a. Für die quotale Verteilung auf die Gesellschafter der
WestfalenTarif GmbH wurde der NRW-Tarifreport 2014[1]
zugrundegelegt. Nach § 4 des Konsortialvertrages wird die Quote alle drei Jahre
einvernehmlich neu bestimmt.
Die VKU ist auf Basis der vom Tarifausschuss der Tarifgemeinschaft
Münsterland/Ruhr-Lippe verabschiedeten Einnahmeaufteilung 2013 derzeit mit
einem Anteil von 5,99 % an der Finanzierung der Tarifgemeinschaft
Münsterland/Ruhr-Lippe GmbH beteiligt, so dass sich auf dieser Ebene
rechnerisch jährliche Mehraufwendungen i. H. v. rd. 6 T€ ergeben.
Die Stadt Kamen ist über den an die VKU zu zahlenden Verlustausgleich
und über die Kreisumlage mittelbar an diesen Mehraufwendungen beteiligt.
[1] http://busse-und-bahnen.nrw.de/fileadmin/user_upload/dokumente/01_Tickets_und_Tarife/NRW_Tarifreport/NRW_TarifReport_2014.pdf
Anlagen:
-
Gesellschaftsvertrag Tarifgemeinschaft
Münsterland/Ruhr-Lippe GmbH
-
Konsortialvertrag WestfalenTarif GmbH
-
Gesellschaftsvertrag WestfalenTarif GmbH
-
Schaubild Beteiligungsverhältnisse
-
Marktanalyse mit Anlagen