Betreff
Durchführung der Winterwelt 2015 mit einer gemieteten oder erworbenen Eisbahn aus synthetischem Eis
hier: Bericht der Verwaltung
Vorlage
023/2015
Art
Mitteilungsvorlage

Der Rat der Stadt Kamen hat die Verwaltung in seiner Sitzung am 12.03.2015 beauftragt zu prüfen,

 

  1. Inwieweit die Durchführung der Winterwelt 2015 mit einer gemieteten oder erworbenen Eisbahn aus synthetischem Eis möglich ist,

 

  1. welche ökologischen und ökonomischen Vorteile diese Alternative zur bisherigen Lösung im Hinblick auf eine mittel- und langfristige Perspektive bietet,

 

  1. inwieweit bisherige Sponsoren auch für eine solche Lösung eingebunden bzw. gewonnen werden können.

 

 

Zu 1.) 

Zur Klärung der Durchführbarkeit der Winterwelt mit einer synthetischen Kunsteisbahn hat die Verwaltung Kontakt zu Herstellern von synthetischen Eisbahnen aufgenommen und Angebote bzw. Preise abgefragt für Miete und Kauf entsprechender Anlagen.

Grundsätzlich ist nach Herstellerangaben zu bedenken, dass die meisten Kunststoff-Schlittschuhbahnen vornehmlich für den Innenbereich geeignet sind. Bei einer Freiluftnutzung über einen längeren Zeitraum wird die Anlage immer wieder Temperaturschwankungen ausgesetzt, die dann zu vorübergehenden erheblichen Verformungen der Lauffläche und Nutzungseinschränkungen führen. Bei Regenfällen wird die zudem Kunstbahn so glatt, dass eine Nutzung dann ausgeschlossen ist.

Bei einem Einsatz über einen Veranstaltungszeitraum von mehr als 4 Wochen hinaus im Außenbereich, wie bei der Kamener Winterwelt, ist dieses grundsätzliche Risiko zu bedenken.

 

Anmietung

 

Bezüglich der Anmietung einer Kunststoff-Schlittschuhbahn hat die Verwaltung 5 Anbieter gebeten ein mit dem bisherigen Konzept vergleichbares Angebot abzugeben.

Hieran beteiligt haben sich 2 Anbieter. Ein Anbieter hat ein weitestgehend komplettes Angebot (incl. Personal, Betreuung, Schlittschuhverleih etc.) abgegeben. Die Kosten belaufen sich hierbei auf 67.138,80 €. Ein zweites Angebot steht zum jetzigen Zeitpunkt noch aus, wurde aber zugesagt.

 

Kauf

 

Für den Kauf einer Kunststoff-Schlittschuhbahn, incl. Bande und Boden liegt der Verwaltung ein geeignetes Angebot über 140.545,68 € vor.

 

Haushaltsmittel für den Erwerb einer Kunststoff-Schlittschuhbahn stehen im Haushalt 2015 nicht zur Verfügung.

 

Ungeachtet des beschriebenen grundsätzlichen Risikos könnte die Nutzungsdauer bei einer Außenanlage zwischen 5 und 10 Jahren liegen. Ausgehend von einer mittleren Nutzungsdauer von 7 Jahren (die Garantie bei Freiluftnutzung beträgt 5 Jahre), würde sich ein jährlicher Aufwand von 20.077,95 € ergeben.

 

Bei dem Betrieb der Eisbahn entfällt ein erheblicher Kostenanteil auf die Personalkosten für die Betreuung der Eisbahn und den Auf- und Abbau, für die Anmietung des Empfangszeltes, die Musik- und Beleuchtungsanlage, die Schlittschuhe und weiterem Zubehör, sowie GEMA-Gebühren. Dieser Kostenanteil beläuft sich auf 31.401,30 €.

 

Insgesamt ergäben sich folglich jährliche Kosten von mindestens 51.500,00 €.

 

Die Kosten für die bisherige 400qm große Winterwelt-Natureisbahn (Miete Eisbahn und Equipment, Betreuung, Strom, Wasser, Elektroinstallation) beliefen sich zuletzt auf 45.326,49 €.

 

 

Zu 2.)

 

Bei der Kamener Winterwelt liegt das Hauptaugenmerk der städt. Wirtschaftsförderung und des Stadtmarketings darauf,

 

·           den heimischen Einzelhandel in der Vorweihnachtszeit zu stärken,

·           den Einkaufs- und Besuchswert der Kamener Innenstadt in der Region ganzjährig zu steigern und

·           das Alleinstellungsmerkmal im Kreis Unna  - sonst nur klassische Weihnachtsmärkte – zu erhalten

·         für einen befristeten Zeitraum authentisches Eislauf- und Wintervergnügen mit Sport-, Freizeit- und Erlebniswert für eine breite Bevölkerungsgruppe im Zentrum der Stadt bieten

 

Der Betrieb der Eisbahn lässt sich also nicht nur auf die Abwägung von ökologischen und ökonomischen Vor- und Nachteilen reduzieren. Er ist auch nicht unter sportökonomischen Gesichtspunkten zu beurteilen. Es soll keine neue Sportanlage vorgehalten werden, die einen ganzjährigen Trainingsbetrieb für Eislaufsportarten ermöglicht.

 

Das zeigt auch das Ergebnis der Nachfrage bei den von den Antragstellern genannten Referenzkommunen Melrichstadt, Wiesmoor und Geldern.

Hier hat die Verwaltung differenzierte Rückmeldungen erhalten.

 

Die Schlittschuhlauffläche wird dort nicht in dem Umfang genutzt wie in Kamen

·           wesentlich geringere Größenordnungen (Bahn und Gemeinde und Nutzer)

·           kürzere Nutzungsdauer und –ort

 

Die Umfrage ergab im einzelnen folgendes Bild:

 

Zum Faktor Spaß erklärte ein Vertreter der Stadt Wiesmoor (180qm – 11.000 EWO), dass die Kunsteisfläche (Innenanlage) besser zum Eisstockschießen geeignet ist und auch überwiegend dazu benutzt wird, zum Eislaufen weniger. Ungeübte und Kinder liefen oft mit „angezogener Handbremse“ und waren nicht so begeistert.

 

Seitens der Stadt Geldern (34.000 EWO) wurde darauf hingewiesen, dass die Schlittschuhe einen besonderen Schliff benötigen, da ansonsten die Kunsteisfläche (100 qm) beschädigt werden kann. Auch hier gibt es Besucher, die das Eislaufen mit dem Inline-Skating vergleichen.

 

Die Gemeinde Melrichstadt,(11.000 EWO), der der Kunststoffbelag (180 qm) durch einen dort ansässigen Unternehmer geschenkt wurde, konnte das nicht bestätigen, die Lauffläche muss aber ständig gereinigt und poliert werden.

 

Zudem hat die Verwaltung mit dem Stadtmarketing Lippstadt, das schon seit mehr als einem Jahrzehnt während des dortigen Weihnachtsmarktes eine Eisbahn als Hauptattraktion betreibt, Kontakt aufgenommen.

2012 hat man dort die Möglichkeit geprüft aus Kostengründen einen Kunststoffbelag anstelle einer Eisfläche für die Schlittschuhbahn zu wählen. Die Prüfung der Angebote hat dann ergeben, dass sich hierdurch kein Kostenvorteil ergeben hätte, sodass man sich dann wieder für die bewährte Eisfläche entschieden hat, besonders da man bezüglich der weichen, besonders emotionalen, Faktoren (Winter, authentisches Eislaufvergnügen, Gleiten ohne Anstrengung) befürchtete, dass die Kunststofflauffläche hier zu großen Nachteilen und damit zu einem Rückgang der Attraktivität und Nutzung führt.

 

Hieran knüpft die Erfahrung weiterer Städte wie Heide (600 m²) oder Salzburg (2.800 m²) an.

Beide Städte sind nach einem Winter mit Kunststoffbelag mangels Publikumsresonanz wieder zu Natureisbahnen zurückgekehrt.

 

Zu den ökologischen Kriterien wird berichtet:

 

Für den Betrieb der Kunststoffeisbahn muss regelmäßig ein chemisches Gleitmittel aufgetragen werden, das zusammen mit dem Kunststoffabrieb, bei einem Sturz die Kleidung verunreinigt.

 

Ein sicherer Betrieb der Kunststoffeisbahn ist nur mit einer Überdachung sinnvoll, da diese bereits bei Nieselregen zu glatt wird.

 

Von den Nutzern mitgebrachte Schlittschuhe müssen vor jeder Nutzung der Lauffläche geschliffen werden, dies gilt auch für Leihschlittschuhe.

 

Die von der GSW Kamen Bönen Bergkamen für die Eisbahn der Winterwelt bereit gestellte Energie wird aus Wasserkraft gewonnen und ist somit CO² neutral und somit klimaneutral.

 

Die ökonomischen Auswirkungen wurden bereits zu Ziff. 1 beschrieben und führen zu dem Ergebnis, dass die jährliche Kosten der Kunststoffbahn mit mindestens 51.500,00 € den Kostenaufwand für die Natureisbahn von bisher 45.326,49 € übersteigen.

 

 

zu 3.)

 

Die Verwaltung hat sich schriftlich mit den Sponsoren (75) der letztjährigen Winterwelt in

Verbindung gesetzt und diese gebeten ihre Einschätzung bzgl. der Verwendung einer synthetischen Eisbahn mitzuteilen und eine Aussage über die Fortführung ihres finanziellen Engagement zu treffen. Die Abfrage war so formuliert, dass eine unterbliebene Rückantwort als ablehnende Position zu werten ist.

 

Explizit haben 13 Sponsoren geantwortet, die rund ein Viertel der Einnahmen der Winterwelt repräsentieren.

12 Sponsoren lehnten eine synthetische Eisbahn ab und erklärten ihr Sponsoring in diesem Falle nicht fortsetzen zu wollen.

 

Lediglich ein einziger Sponsor erklärte sich bereit, sein Engagement auch für eine Kunststoffbahn fortsetzen zu wollen.

 

Insofern muss unterstellt werden, dass eine Winterwelt mit Kunststoffbahn nicht mit Sponsoring zu finanzieren sein wird.

 

 

Die Verwaltung wird die Winterwelt 2015 und künftige unter der Voraussetzung der kostenneutralen Durchführbarkeit durch Sponsoring mit einer Natureisbahn organisieren.