Betreff
Regionales Einzelhandelskonzept für das Östliche Ruhrgebiet und angrenzende Bereiche (REHK)
hier: 2. Fortschreibung 2013
Vorlage
074/2013
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Der Haupt- und Finanzausschuss der Stadt Kamen stimmt der 2. Fortschreibung 2013 des "Regionalen Einzelhandels­konzeptes für das Östliche Ruhrgebiet und angrenzende Bereiche" zu und beauftragt die Ver­waltung, im Arbeitskreis REHK weiterhin auf dieser Grundlage zu arbeiten.


Sachverhalt und Begründung (einschl. finanzielle Möglichkeit der Verwirklichung):

 

1. Anlass für die Gründung des Arbeitskreises „Regionales Einzelhandelskonzept für das Östliche Ruhrgebiet und angrenzende Bereiche“

 

Handel ist Wandel, das ist nicht nur eine Binsenweisheit, sondern beschreibt den Prozess, mit dem sich die Städte und Gemeinden planerisch auseinandersetzen müssen. Vor Jahren bereits war die Tendenz festzustellen, dass besonders der großflächige Einzelhandel die gewachsenen Zentren verlässt und sich an städtebaulich nicht integrierten Standorten außerhalb der Innen­städte ansiedelt. Die Folge waren Attraktivitätsverluste dieser Innenstädte und eine Ausdünnung der wohnortnahen Grundversorgung.

 

Dieser Entwicklung wollten vor mehr als 12 Jahren 19 Städte und Gemeinden im östlichen Ruhrgebiet nicht tatenlos zusehen und beauftragten zusammen mit den Bezirksregierungen, dem Einzelhandelsverband Westfalen-Mitte (heute Einzelhandelsverband Westfalen-Münster­land) und Industrie- und Handwerkskammern mit Unterstützung des Landes NRW einen Gut­achter mit der Entwicklung eines gemeindeübergreifenden Konzeptes für eine abgestimmte Entwicklung der Einzelhandelsstrukturen in der Region.


Als Ergebnis des Gutachtens besteht seit dem Jahre 2001 der Arbeitskreis „Regionales Einzel­handels­konzept für das Östliche Ruhrgebiet und angrenzende Bereiche“ (REHK), dem inzwi­schen 24 Kommunen, fünf Industrie- und Handelskammern, zwei Einzelhandelsverbände, zwei Bezirksregierungen, der Regionalverband Ruhrgebiet und zwei Kreise angehören.

 

Wichtigstes Ziel des Konzeptes ist weiterhin die Stärkung der Innenstädte und die Sicherung der Nahversorgung. In Konkretisierung der durch die Landesplanung vorgegebenen Anforderungen wurden dazu für die wichtigsten Formen großflächigen Einzelhandels Bedingungen vereinbart, unter denen sie im Geltungsbereich des REHK im „Regionalen Konsens“ angesiedelt werden können.

 

 

2. Interkommunale Vereinbarung

 

Zur Umsetzung des Regionalen Einzelhandelskonzeptes Östliches Ruhrgebiet haben die betei­ligten Kommunen eine entsprechende Vereinbarung getroffen, die Grundlage des gemeinsamen Handelns ist.

Angestrebt wird:

·         die Stärkung der innerstädtischen Zentren,

·         die Stärkung der Stadtteilzentren mit ihrer Grundversorgung,

·         ein ergänzendes Versorgungsnetz von Sondergebieten mit nicht zentrenrelevanten Ange­boten an ausgewählten Standorten auch außerhalb der Zentren und

·         eine aktive Flächenpolitik, um mit marktwirtschaftlichen Mitteln Investitionen in die städte­baulich geeigneten (integrierten) Standorte zu lenken.

 

Wichtig dabei war die Verabredung, immer dann einen „Regionalen Konsens” mit betroffenen Nach­bargemeinden zu suchen, wenn ein Einzelhandelsvorhaben infolge seiner Größe und sei­nes Standortes überörtliche Auswirkungen erwarten lässt. Dabei wurden bewusst hohe Anforde­rungen an die Standort­qualität eines Vorhabens festgelegt, während eine quantitative Begren­zung von Entwicklungsspielräumen nur in wenigen Ausnahmefällen vorgesehen ist.

 

 

3. Erfahrungen

 

In der Praxis werden die regional bedeutsamen Einzelhandelsvorhaben regelmäßig interkom­munal in dem REHK-Arbeitskreis unter den beteiligten Kommunen, den Behörden und Interes­senverbänden erörtert und abgestimmt.

 

Darüber hinaus diskutiert der Arbeitskreis auch allgemein fachspezifische Fragen zu rechtlichen und städtebaulichen Aspekten des Einzelhandels. 

 

Neben der Abstimmung zwischen den beteiligten Kommunen zu einzelhandelsrelevanten Fra­gen auf der Grundlage des REHK werden bei  entsprechendem Anlass Stellungnahmen zu Ent­wicklungen und Einzelhandelsprojekten außerhalb des Kooperationsraumes abgegeben. Auch im Rahmen von Beteiligungen in Gesetzgebungsverfahren (z. B. LEP) gibt der REHK-AK Stel­lungnahmen ab.

 

 

4. Preisverleihung, Auswirkungen

 

Als bundesweit einziges regionales Einzelhandelskonzept wurde das REHK im Oktober 2006 vom Bundesministerium für Verkehr, Bauen und Stadtentwicklung im Rahmen des Wettbewerbs „kommKoop“  ausgezeichnet. Außerdem erhielt das Regionale Einzelhandelskonzept im Juli 2007 von demselben Bundesministerium als Beispiel für Projekte und Initiativen der Innenstadt­entwicklung im Rahmen des Bundeswettbewerbs „Lebenswerte Innenstädte – Initiativen, die bewegen“ eine weitere Auszeichnung.

 

In der Vergangenheit sind immer wieder große Einzelhandelsprojekte an peripheren, städtebau­lich problematischen Standorten in einer Gemeinde mit der Begründung realisiert worden, dass das Vorhaben andernfalls in der Nachbarkommune umgesetzt würde (Kirchturmdenken). Dass dieses Kalkül auch umgekehrt gilt und in allseitigem Nutzen zu überwinden ist, war eine Motiva­tion für das REHK. Dieses gute Beispiel hat in den letzten Jahren zu einer Vielzahl ähnlicher regionaler Einzelhandelskooperationen und -konzepte in NRW geführt.

 

 

5. Fortschreibungen

 

Eine erste Fortschreibung des REHK wurde rund 5 Jahren nach Gründung vorgenommen. Dafür sprachen mehrere Gründe:

-       Feststellung der Bestandsveränderungen

-       Evaluation der Wirksamkeit der verabredeten Verfahren

-       Sicherstellung einer realistischen, modifizierten Entscheidungs- und Abstimmungsgrund­lage für künftige Projekte

 

Es hat sich danach gezeigt, dass nur geringfügige Änderungen notwendig waren und der Schwerpunkt auf eine Aktualisierung der Grundlagen zu legen war.

 

Die Fortschreibung 2013 sollte nun in Weiterentwicklung des gültigen REHK (Fortschreibung 2007) vor allem folgende Bereiche untersuchen:

• Erfahrungen mit der Praxis des „Regionalen Konsens“

• Welche Probleme sind dabei aufgetreten?

• Handhabung der Prüfschemata

• Beschaffung der Daten zur Anwendung der Prüfschemata

• Nachweisbare Steuerungswirkungen

 

Dabei galt es, diese allgemeinen Prozesse im Bereich des Einzelhandels aufzugreifen und zu bewerten:

 

-       sinkender Bevölkerungszahlen

-       stagnierende Kaufkraft

-       Erhöhung der Verkaufsfläche im Einzelhandel

-       Expansion von Bau- und Gartenmärkten,

-       Standorterweiterungen bzw. Suche nach neuen Standorten  bei Möbel(Kauf-)häusern

 

Mit der Absicht der Landesregierung NRW, den gesamten Landesentwicklungsplan zu novellie­ren und darin die Regelungen des Landesentwicklungsplanes –Sachlicher Teilplan großflächiger Einzelhandel - aufzunehmen sowie mit der beabsichtigten Neuordnung der Regionalplanung (Aufstellung eines neuen Regionalplans Ruhr 2030 durch den RVR) ergab sich für das REHK die Notwendigkeit, darauf zu reagieren und sich eine klare eigenständige Position der Region zu erarbeiten.

 

Weitere Untersuchungsschritte bei der 2. Fortschreibung des REHK:

 

Überprüfung der Zielvorstellungen zur regionalen Einzelhandelsentwicklung

u. a. räumliche Konkretisierung von zentralen Versorgungsbereichen, Zielkonsistenz lokaler Ein­zelhandelskonzepte untereinander und mit dem REHK, Entwicklungsperspektiven regional be­deutsamer Alt-Standorte („Repowering“), Sicherung der Innenstädte als Einzelhandelsstandorte, Sicherung der Nahversorgung.

 

Überprüfung und Weiterentwicklung des Verfahrens zum regionalen Konsens

u. a. Prüfkriterien und Schwellenwerte für die Beurteilung, Erfahrungen mit der praktischen An­wendung, Einpassen der Regelungen der Geschäftsordnung in das Konsensverfahren.

 

Neue Herausforderungen

u. a. Vorschläge zur Erhöhung der Verbindlichkeit der gemeinsam getroffenen Verabredungen, Erarbeitung von gemeinsamen „Spielregeln“ für das Ruhrgebiet im Regionalplan, konkrete Um­setzung in Einzelhandelskonzepten für funktionale Teilräume wie dem östlichen Ruhrgebiet, neue Betriebsformen, allgemeine Entwicklungen im Einzelhandel und dessen gesellschaftlichem Umfeld.

 

 

6. Zweite Fortschreibung

 

Der Startschuss für die erneute Fortschreibung fiel Ende 2010. Aus der Erfahrung mit vorange­gangenen Konsensverfahren heraus wurde im ersten Schritt eine Geschäftsordnung erarbeitet, die die Entscheidungsabläufe für die Feststellung des Regionalen Konsens präzisieren sollte, ohne dabei den Rahmen zu verlassen, der durch die interkommunale Vereinbarung und das politisch beschlossene Konzept verbindlich vorgegeben war. Zugleich wurde die eigentliche Fortschreibung inhaltlich und verfahrensmäßig vorbereitet

 

Es wurden sieben Gutachterbüros aufgefordert, sich an der Ausschreibung für die Fortschrei­bung zu beteiligen. Nach einer Vorauswahl durch eine Arbeitsgruppe des REHK-Arbeitskreises wurden drei Büros zu einem Auswahlgespräch im Mai 2012 vor dem Plenum des REHK einge­laden. Die Entscheidung nach der Vorstellung fiel auf das Büro Junker & Kruse aus Dortmund.

 

Die gemeinsame Erarbeitung des nun vorliegenden Entwurfs mit dem Gutachter, der AG Fort­schreibung und dem gesamten Arbeitskreis war getragen von der Überzeugung, dass wir un­sere Innenstädte am besten stärken und weiterentwickeln können, wenn wir uns bei der Ent­wicklung und Steuerung des zentrenbildenden Einzelhandels regional verbindlich verabreden und kommunal konsequent danach handeln. Das fortgeschriebene Konzept definiert die Stand­ortstruktur neu, erarbeitet modifizierte Sortimentslisten – auch vor dem Hintergrund der aktuellen Rechtsprechung - und regelt weiterhin die Abstimmung von Planvorhaben auf regionaler Ebene durch die Weiterentwicklung von Prüfkriterien beim Regionalen Konsensverfahren.

 

Am 28.06.13 hat der Arbeitskreis den Entwurf der erneuten Fortschreibung abschließend gebil­ligt. Das konkrete kommunale Handeln, die Umsetzung des Konzeptes, wird bestimmt von den politischen Entscheidungsträgern in den Kommunen. In einer Veranstaltung am 04.07.13 in Dortmund, zu der die Vertreter aller Ratsfraktionen der beteiligten Städte einge­laden waren, wurde der Entwurf der Kommunalpolitik vorgestellt. Abschließend liegt das Kon­zept der 2. Fortschreibung nun zur Abstimmung vor.

 

Zur weiteren inhaltlichen Information wird auf das angehängte Gutachten von Junker & Kruse verwiesen. Weitergehende Unterlagen sind über das Ratsinformationssystem sowie die Links www.hamm.de/rehk/PDF/LangversFortschREHJ0907.pdf und www.hamm.de/rehk/bereiche.html verfügbar.

 

7. Kosten

 

Nach Prüfung durch die zuständigen Fachstellen des Landes und der Bezirksregierung Arns­berg konnte eine Förderung nach Städtebauförderrichtlinien nicht zugesagt werden. Vor dem Hintergrund der Haushaltslage der beteiligten Kommunen sollte der Kostenaufwand für die Fort­schreibung auf ein Mindestmaß reduziert werden. Gemäß Ausschreibung lag der maximale Auf­tragswert für das Gutachten bei 50.000 €. Weitere ca. 10.000 € entfallen auf sonstige Kosten für die Organisation des Fortschreibungsprozesses (Druck, Veranstaltungsmoderation, etc.). Sei­tens der beteiligten fünf Industrie- und Handelskammern im Kooperationsraum und des Einzel­handelsverbandes Westfalen-Münsterland wurde eine Kofinanzierung in Höhe von 10.000 € zugesagt. Zudem unterstützte die IHK zu Dortmund die während des Fortschreibungsprozesses durchgeführte öffentliche Veranstaltung im Juli dieses Jahres. Der von den beteiligten Kommu­nen zu tragende Finanzierungsanteil wurde entsprechend dem bisher üblichen Kostenvertei­lungsschlüssel (zur Hälfte auf die Zahl der Kommunen und zur Hälfte gemäß dem Einwohner­anteil) verteilt.

Für die Stadt Kamen errechnet sich daraus ein Eigenanteil von 1.478,01 €. Der Planungs- und Umweltausschuss der Stadt Kamen hat in seiner Sitzung am 03.05.2012 einstimmig der Fort­schreibung des Regionalen Einzelhandelskonzeptes für das östliche Ruhrgebiet zugestimmt. Die Kostenbeteiligung in Höhe von rd. 1.480 € wurde beim Produkt 51 – Räumliche Planung und Entwicklung – zur Verfügung gestellt. Die Auszahlung der Kostenbeteiligung erfolgte im Juli 2012.

 

 

8. Beschlussvorschlag

 

Der Kooperationsarbeitskreis „Regionales Einzelhandelskonzept für das Östliche Ruhrgebiet und angrenzende Bereiche“ (REHK) hat in den mehr als zehn Jahren seines Bestehens gezeigt, dass er erfolgreiche Arbeit geleistet hat. Nicht zuletzt durch die Bereitschaft, sich auf neue Ent­wicklungen im regionalen Einzelhandel einzustellen und modifizierte „Spielregeln“ zu vereinba­ren, wird er auch in Zukunft seiner Aufgabe als informelles Instrument bei der Einzelhandels­steuerung in der Region verantwortlich wahrnehmen können.

 

Die Verwaltung schlägt vor, der 2. Fortschreibung 2013 des "Regionalen Einzelhandelskonzep­tes für das Östliche Ruhrgebiet und angrenzende Bereiche" zuzustimmen und die Verwaltung zu beauftragen, im Arbeitskreis REHK weiterhin auf dieser Grundlage mitzuarbeiten.