Betreff
Aufbau einer interkommunalen öffentlichen Wasserversorgung in den Kommunen Kamen - Bönen - Bergkamen
Vorlage
069/2008
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

 

1.      Der Rat bestätigt die im Konsortialvertrag § 2 Abs. 4 zwischen der Gemeinde Bönen und den Städten Bergkamen und Kamen sowie der GSW (Stand 01.01.2005; Beschluss des Rates vom 21.04.2005, Vorlage-Nr. 43/2005) vereinbarte Zielsetzung, auch die öffentliche Wasserversorgung als interkommunale Gemeinschaftsaufgabe wahrzunehmen und die GSW mit der konzessionierten Durchführung zu beauftragen.

2.      Für die Ortsteile des Stadtgebietes Kamen soll die Konzession zur Wasserversorgung zum 01.01.2011 für die Dauer von 30 Jahren an die GSW vergeben werden.

3.       Die Verwaltung wird beauftragt,

a) den bis zum 31.12.2010 geltenden Konzessionsvertrag zwischen Kamen und der Gelsenwasser AG zur Wahrung kommunaler Gestaltungsmöglichkeiten bis zum 30.06.2008 zu kündigen,

b) mit der GSW einen neuen Konzessionsvertrag zu entwerfen und dem Rat zur Beratung und Beschlussfassung vorzulegen,

c) mit den Verwaltungsleitungen der Gemeinde Bönen und der Stadt Bergkamen sowie der Geschäftsführung der GSW das weitere Verfahren abzustimmen und gleiche Beschlüsse in den jeweiligen Gremien sicherzustellen.

4.      Für die  Beschlüsse zu 1. – 3. sollen folgende Bedingungen und Nebenbestimmungen gelten:

a) Beschlüsse zur Vergabe der Konzession zur Wasserversorgung an die GSW zum nächstmöglichen Zeitpunkt werden in allen beteiligten Kommunen in 2008 gefasst,

b) für eine Übergangszeit bis längstens zum 31.12.2011 kann die GSW die Rechte und Pflichten aus dem neuen Konzessionsvertrag auf die Gelsenwasser AG übertragen,

c) die GSW stellt sicher, dass die Wasserpreise nicht aufgrund des noch nicht feststehenden Kaufpreises für die zur Übernahme anstehenden Wasserversorgungsanlagen erhöht werden.

Die Stadt Kamen erwartet, dass

- bei der streitigen Kaufpreisfindung für die zu übernehmenden Anlagen die von den Kunden, Dritten und der Stadt Kamen erbrachten Leistungen berücksichtigt werden und sichergestellt wird, dass die Höhe des Kaufpreises die örtliche Wasserversorgung als eigene Angelegenheit wirtschaftlich ermöglicht,

- technische Maßnahmen zur Netzeinbindung und –entflechtung auf das erforderliche Maß beschränkt bleiben,

- die bestehende Vertriebs- und Netzpartnerschaft zwischen der GSW und Gelsenwasser erfolgreich weitergeführt werden kann und deshalb der gegenwärtige Konzessionsinhaber und künftige Wasserlieferant das kommunale Gemeinschaftsunternehmen GSW bei der Abwicklung der Übernahme unterstützt und zu fairen, die Gleichbehandlung gegenüber anderen Stadtwerken sicherstellenden Bedingungen beliefert.


Sachverhalt und Begründung (einschl. finanzielle Möglichkeit der Verwirklichung):

 

Der zuletzt am 08.10. / 16.11. 1981 vereinbarte Konzessionsvertrag zwischen der Stadt Kamen und der Gelsenwasser AG - als Folgevertrag zu früheren Konzessionsverträgen - beinhaltet den Vertragszeitraum vom 01.01.1981 bis zum 31.12.2010.

Er würde sich ohne eine Kündigung um 10 Jahre verlängern.

Eine Verlängerung durch unterlassene Kündigung ist nach Grundsätzen des europäischen Rechtssystems rechtlich angreifbar, da der Grundsatz der Transparenz und des Diskriminierungsverbotes gegenüber anderen Marktinteressenten bei einer 10jährigen Verlängerung nicht beachtet würde.

 

Für eine Aufgabenwahrnehmung durch den Konzessionsgeber, die Stadt Kamen, selbst oder durch eine eigene Gesellschaft der Stadt bzw. durch eine interkommunale Gesellschaft, die zu 100 % kommunal mit anderen Kommunen gemeinsam geführt wird – wie die GSW -, ist diese Marktabfrage nicht erforderlich. Als so genanntes “in-house”-Geschäft kann diese Übertragung unmittelbar auf die GSW erfolgen. Die GSW empfiehlt, eine Vertragsdauer von 30 Jahren im Konzessionsvertrag zu vereinbaren.



1. Interkommunale Zielsetzung

 

Die Übernahme der Wasserversorgung durch die GSW in den bisherigen Konzessionsbereichen der Gelsenwasser AG wird seit Gründung der GSW im Dezember 1994 von allen Räten und der GSW als konsequenter Abschluss der konsortialvertraglich vereinbarten Unternehmenskonzeption angesehen.

 

Neben der Zielsetzung, den kommunalen Spartenverbund im Bereich Energie- und Wasserversorgung – ergänzt um die nur mit Verlust zu betreibenden Einrichtungen (Bäder und Eissporthalle) – sicherzustellen, war die seit 1888 im Stadtgebiet von Kamen erfolgreich durchgeführte kommunale Wasserversorgung entscheidend für die interkommunale Beschlussfassung.

Denn die auch wirtschaftlich erfolgreich betriebene Wasserversorgung in Kamen-Mitte ist als Sparte in das Unternehmen eingebracht worden und hat auch den anderen Gesellschaftern einen anteiligen Erfolg gesichert.

 

Zuletzt im Rahmen der Änderung der Konsortialvereinbarung mit Wirkung zum 01.01.2005 aus Anlass der Vereinbarung zur interkommunalen Bäderkonzeption, die eine vollständige Verlustübernahme des Bäder- und Eissporthallenbetriebes durch die GSW ohne kommunale standortbezogene Verrechnung zum Inhalt hat, haben die Räte der Kommunen Kamen, Bönen und Bergkamen einstimmig die Zielsetzung zur Wassernetzübernahme konkretisiert und bekräftigt.

Sie haben sich damit der Beschlussempfehlung des Aufsichtsrates der GSW vom 10.03.2005 angeschlossen und die Vertreter in der Gesellschafterversammlung der GSW beauftragt, entsprechend abzustimmen. Die Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung der GSW erfolgte am 05.09.2005.

 

 

 

2. Konzessionsvertrag und Verfahrensstand

 

Da in Bergkamen und Bönen das Ende der Laufzeit der Konzessionsverträge auf den 31.12.2008 zeitgleich vereinbart ist und der Konzessionsvertrag für die Stadtteile in Kamen zeitnah zum 31.12.2010 beendet werden kann, haben die Verwaltungsleitungen mit der Geschäftsführung der GSW vereinbart, dass die GSW das Verfahren zur Kaufpreisermittlung  einleiten und mit Gelsenwasser die Durchführung abstimmen soll.

 

Die Verkürzung der Frist zur Kündigung der Verträge in Bergkamen und Bönen haben die Kommunen unmittelbar mit Gelsenwasser auf 30.06.2008 vereinbart. Die reguläre Kündigungsfrist für Kamen (Ortsteile) ist der 31.12.2008. Für eine gemeinsame Vorgehensweise wird vorgeschlagen, schon jetzt bzw. bis zum 30.06.2008 den mit der Stadt Kamen und der Gelsenwasser AG bestehenden Konzessionsvertrag zu kündigen.

 

Wie bei den - nach schwierigen Verhandlungen mit der VEW letztlich erfolgreich durchgeführten - Netzkäufen der Strom- und Gasversorgungsanlagen erprobt, haben sich GSW und Gelsenwasser auch auf eine gemeinsame Beauftragung des Gutachters EversheimStuible Treuberater GmbH verständigt. Der Gutachter soll die Wertermittlung auf der Grundlage vorgelegter Daten durchführen und die Parteien dabei unterstützen, einen einvernehmlichen Übernahmepreis zu finden.

 

In der Stromversorgung war allerdings erst einige Jahre nach Netzübernahme durch die GSW der endgültige Kaufpreis vereinbart worden durch einen Vergleich mit RWE. Erst dabei wurden die bis dahin bestehenden Streitfragen und rechtlichen Vorbehalte ausgeräumt.

 

Für eine geplante Übernahme der Wasserversorgung als eigene gemeinsame kommunale Aufgabe ist in den jeweiligen Konzessionsverträgen - § 11 des Konzessionsvertrages Kamen - geregelt, dass die Kommune bzw. ihr beauftragtes kommunales Unternehmen verpflichtet ist, die vorhandenen für den Betrieb erforderlichen Anlagen käuflich zu übernehmen.

 

Die Ermittlung des Kaufpreises – Übernahmepreis – erfolgt danach in zwei Schritten:

 

1.      Der Sachzeitwertermittlung der Anlagen

2.      Ermittlung der so genannten abzusetzenden Beträge

Die Differenz der Ergebnisse zu 1.und 2. ergibt den Übernahmepreis.

 

Die Preisformel in den jeweiligen Konzessionsverträgen für die Wasserversorgung unterscheidet sich im Hinblick auf Punkt 2., Ermittlung des Abzugswertes nach dem Verhältnis von Zuschussleistungen zu Herstellungskosten, wesentlich von den Klauseln in den Konzessionsverträgen für die Energieversorgung. Dort ist eine entsprechende Formel nicht enthalten.

 

Die Endfassung der jeweiligen Gutachten zur Ermittlung des Übernahmepreises in den Konzessionsgebieten ist noch nicht erfolgt, weil insbesondere

a)      die Ermittlung des Abzugswertes noch nicht abgeschlossen und noch nicht durch Nachweis der Herstellungskosten sowie der Zuschüsse nachprüfbar dokumentiert ist,

b)      die Zuordnung bestimmter Leitungen zum Konzessionsbereich oder zum Transportbereich noch nicht vereinbart werden konnte.

Die Beratungen mit dem Gutachter werden fortgesetzt und die technischen Gespräche zwischen Gelsenwasser und GSW zu Fragen der Einbindung bzw. Entflechtung von Netzanlagen sind noch nicht abgeschlossen. Diese technischen Regelungen sind sowohl von der eigentumsrechtlichen Zuordnung bestimmter Leitungen abhängig als auch für eine künftige Abrechnung der Wasserlieferung in den Konzessionsgebieten erforderlich.

 

Die bisher ermittelten Sachzeitwerte des Teilnetzes Kamen zum Stichtag 31.12.2005 beinhaltet die Auflistung und Bewertung des gesamten Wasserversorgungssystems von der Transportleitung bis hin zu den Verteilungsanlagen.

 

Das anzuschaffende Wassernetz entspricht einer durchwachsenen Altersstruktur von bis zu 104 Jahren. Es besteht aus 110,6 km Wasserverteilnetz und versorgt zurzeit 5.488 Abnahmestellen im Bereich Kamener Ortsteile.

 

 

3. Weiteres Verfahren

 

Nach Abschluss der schwierigen noch laufenden Verhandlungen beabsichtigt die GSW, die zu gegebener Zeit gemeinsam vereinbarten und damit feststehenden Übernahmepreise selbst zu finanzieren, ohne eine anteilige Einlage der Gesellschafter einzuplanen.

 

Die für die Durchführung der künftigen Wasserversorgung seitens der GSW erforderliche Wirtschaftlichkeit der Aufgabenerfüllung gem. § 2 Abs.4 des Konsortialvertrages ist insbesondere auch von dem zu zahlenden Kaufpreis für die betrieblichen Anlagen abhängig.

 

Da darüber noch kein Einvernehmen erzielt werden konnte, ist die Ausgangslage mit der damaligen Stromnetzübernahme vergleichbar.

Dass am Ende für das jeweilige Wassernetz ein Kaufpreis gezahlt wird, der dem Unternehmen einen angemessenen Ertragswert sichert, ergibt sich aus den Grundsätzen der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung, der zufolge der nach den Grundsätzen der Sachzeitwertermittlung gefundene Übernahmepreis nicht dazu führen darf, dass der Konzessionsgeber wirtschaftlich nicht in der Lage sein könnte, seine auf Zeit einem Dritten übertragene Aufgabe wieder selbst wahrzunehmen.

 

Unter Berücksichtigung der eigenen betrieblichen Erfahrungen der GSW und einem gemeinsam zu vereinbarenden Abzugswert für erbrachte Leistungen Dritter und der Kommune erwartet die Geschäftsführung eine nachhaltige Umsatzrendite.

 

Parallel zur Weiterführung der Wertermittlung, um möglichst einen gemeinsam vereinbarten Kaufpreis zu erreichen, wird die GSW intern mit der Gesellschaft für Wirtschaftsberatung mbH Infoplan die Konkretisierung der Erfolgsvorausschau mit Modellrechnung für das jeweilige Netzgebiet fortführen.

Dabei werden sich zusätzliche Vorteile für die Gesellschafter aus der gemeinsamen Aufgabenerfüllung durch die GSW ergeben.