Betreff
Änderung der Vergnügungssteuersatzung der Stadt Kamen
Vorlage
094/2007
Art
Beschlussvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Der Rat beschließt die vorgelegte “Erste Satzung zur Änderung der Satzung über die Erhebung von Vergnügungssteuern in der Stadt Kamen”.


Sachverhalt und Begründung (einschl. finanzielle Möglichkeit der Verwirklichung):

 

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hatte in mehreren Grundsatzentscheidungen vom 13.04.2005 dargelegt, unter welchen Voraussetzungen die Vergnügungssteuer für Geldspiel­geräte noch nach dem pauschalen Stückzahlenmaßstab bemessen werden darf. Das BVerwG hat zunächst die bisherige Rechtsprechung bestätigt, dass der Charakter der Automatensteuer eine zumindest lockere Beziehung zwischen Steuermaßstab und dem Spielaufwand der Benutzer erfordere. Diese Beziehung sei, wie das Gericht entschieden hatte, nicht mehr gewahrt, wenn über einen längeren Zeitraum gemittelte Einspielergebnisse einzelner Spiel­automaten mehr als 50 % von den durchschnittlichen Einspielergebnissen der Automaten in einer Gemeinde abwichen. Sei dies der Fall, so könnten auch Praktikabilitätserwägungen den pauschalen Stückzahlenmaßstab nicht mehr tragen. Die Stadt müsse dann einen anderen auf die Einspielergebnisse bezogenen Steuermaßstab wählen.

 

Mit Beschluss des Rates vom 15.12.2005 wurde die Vergnügungssteuersatzung der Stadt Kamen an diese geänderte Rechtsprechung des BVerwG rückwirkend zum 1.1.2004 angepasst. Die neuen Satzungsregelungen sahen auf Antrag wahlweise eine Besteuerung nach dem Einspielergebnis oder nach der Stückzahl der Geldspielgeräte vor (sog. Optionsmodell).

 

Ein Nebeneinander beider Maßstäbe war zum damaligen Zeitpunkt noch für möglich gehalten worden, da zum einen die damalige Mustersatzung des NW-Städte- und Gemeindebundes eine abweichende Besteuerung nach dem Stückzahlmaßstab vorsah – und auch in der neuesten Fassung vom 22.03.2007 immer noch vorsieht – und zum anderen hatte das BVerwG den Stückzahlmaßstab ja nicht generell für unzulässig erklärt. Insbesondere kleinere Betriebe sollten durch Beibehaltung des Stückzahlmaßstabes vor hohem Verwaltungsaufwand verschont bleiben.

 

In einem Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hatte das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen im Oktober 2006 noch den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung abgelehnt, da ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der streitbefangenen Vergnügungs­steuerbescheide der Stadt Kamen, die bereits auf der neuen Satzung basierten, nicht bestünden. Insbesondere wurde das Optionsmodell – Wahl zwischen der Besteuerung nach dem Einspielergebnis und der Stückzahl – nicht beanstandet.

 

In einem neueren Verfahren in gleicher Angelegenheit hat die gleiche Kammer des VG Gelsen­kirchen ihre bisherige Rechtsauffassung geändert und sich den inzwischen ergangenen Ent­scheidungen anderer Gerichte angeschlossen. Mit Beschluss vom 09.10.2007 wurde die auf­schiebende Wirkung des Widerspruchs gegen einen Steuerbescheid der Stadt Kamen ange­ordnet, da ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Maßstabes der Satzung bestünden, soweit diese die Besteuerung der Geldspielgeräte alternativ nach dem Stückzahlenmaßstab vorsieht. Die dem Steuerpflichtigen durch die derzeitige Satzung eingeräumte Wahlfreiheit zwischen der Besteuerung nach dem Stückzahlmaßstab und der Besteuerung nach dem Einspielergebnis verstoße gegen den aus Art. 3 Absatz 1 GG hergeleiteten Grundsatz der steuerlichen Gleichbehandlung.

Der Gleichheitssatz verlange für das Steuerrecht, dass die Steuerpflichtigen durch ein Steuer­gesetz rechtlich und tatsächlich gleich belastet werden. Bei der Belastungsgrenze, die sich durch die Wahl der pauschalen Besteuerung (= 170,00 € je Gerät/Monat) ergebe, handele es sich nach Auffassung der Kammer um eine den höheren Aufwand gleichheitswidrig begünsti­gende Obergrenze. Durch die Optionsmöglichkeit ergebe sich eine Begrenzung für besonders attraktive und viel bespielte Geldspielgeräte, für die bei einer Veranlagung allein nach dem Ein­spielergebnis eine Vergnügungssteuer von deutlich mehr als 2.040,00 € pro Jahr (170,00 € x 12 Mon.) zu zahlen wäre. Darin sei eine systemfremde partielle Steuerfreistellung zu sehen.

 

Die Maßstabsgestaltung für Spielgeräte ohne Gewinnmöglichkeit nach dem alleinigen Stück­zahlenmaßstab wurde in Anlehnung an die Rechtsprechung des BVerwG nicht beanstandet und weiterhin für zulässig erklärt.

 

Die geänderte Satzung sieht zur Bereinigung der bestehenden Rechtsunsicherheit für Geldspiel­geräte in Spielhallen und Gaststätten nunmehr den alleinigen Maßstab nach dem Einspiel­ergebnis vor (§ 10 Abs. 1 der Satzung). Die Steuersätze wurden – wie bisher – auf 12 v. H. (Spielhallen) bzw. 9 v. H. (Gaststätten) festgelegt. Den Festsetzungen dieser Sätze liegt folgende Interessenabwägung zugrunde:

 

Im Stadtgebiet Kamen sind zurzeit 9 Spielhallen angemeldet. Es werden 60 Geldspielgeräte mit einer Besteuerung nach der Stückzahl und 60 Geldspielgeräte mit einer Besteuerung nach dem Einspielergebnis betrieben. Bei den Geräten mit der Besteuerung nach dem Einspielergebnis ergeben sich unter Zugrundelegung eines Steuersatzes von 12 v. H. durchschnittliche Steuer­beträge, die unter den Steuerbeträgen liegen, die sich nach der bisherigen Stückzahlversteue­rung ergaben (170,00 €/Gerät und Monat). Aus diesem Grund wurde der neue Maßstab von den Aufstellern ja auch gewählt. Da dem Stückzahlenmaßstab von 170,00 € pro Gerät und Monat in Vergangenheit nie erdrosselnde Wirkung zugesprochen wurde und auch in der bisherigen Rechtsprechung der Höhe nach einem Vergleich standhielt, wird der Steuersatz von 12 v. H. des Einspielergebnisses als nicht zu hoch bemessen angesehen. Bei den 60 Geldspielgeräten mit der Besteuerung nach der Stückzahl ist davon auszugehen, dass in diesen Fällen aufgrund guter Einspielergebnisse im Rahmen des bisherigen Optionsmodells der günstigere Maßstab zur Begrenzung der Steuer­höhe gewählt wurde. Mit einer Umstellung der Besteuerung dieser Geräte auf den Maßstab “Einspielergebnis” wird auch in diesen Fällen aufgrund guter Umsätze davon ausgegangen, dass die Steuerhöhe bei einem Satz von 12 v. H. keine erdrosselnde Wirkung entfaltet.

 

Im Bereich der Gaststätten (17 Aufsteller/27 Geldspielgeräte) ist die Situation ähnlich zu sehen.

 

Änderungen in der Steuerhöhe in dem mit Beschluss des Verwaltungsgerichtes vom 09.10.2007 entschiedenen Einzelfall ergeben sich nicht, da die Steuerfestsetzung schon nach dem Einspiel­ergebnis erfolgte. Für alle anderen Automatenaufsteller, die bisher auf Antrag nach dem Stück­zahlenmaßstab besteuert wurden, ergeben sich künftig je nach Höhe der Einspielergebnisse höhere Steuerbeträge. Ob dies auch insgesamt zu wesentlich höheren Steuereinnahmen führt, kann erst nach Auswertung einzelner Vierteljahresveranlagungen Mitte des Jahres 2008 gesagt werden.

 

Eine weitere Änderung enthält § 13 Abs. 3 des Satzungsentwurfes. Danach sind die Steuer­anmeldungen ab 01.01.2008 nicht mehr monatlich, sondern vierteljährlich einzureichen. Diese Änderung dient der einfacheren Steuererhebung, einer Entlastung der Aufsteller durch geringere Auswertungen der Zählwerkausdrucke der Geräte sowie einer Minimierung möglicher Klage­verfahren nach Wegfall der Widerspruchsverfahren durch das Bürokratieabbaugesetz II ab 01.11.2007.

 

Die geänderte Satzungsregelung bezüglich des Besteuerungsmaßstabes (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 und 2) soll rückwirkend zum 01.01.2004 in Kraft treten, um einige seit dieser Zeit noch anhängige Klageverfahren in der Hauptsache abwickeln zu können. Die rückwirkende Inkraftsetzung ist zulässig, da eine unwirksame (bedeutsame) Satzungsregelung durch eine wirksame Regelung ersetzt werden soll. Zwecks Beachtung des Verschlechterungsverbotes wurde die bereits bisher in der Satzung enthaltene Übergangsregelung des § 18 überarbeitet.

 

Die übrigen geänderten Satzungsbestimmungen, die teilweise nur redaktioneller Art sind, sollen zum 01.01.2008 in Kraft treten.


Anlage

 

Entwurf der Änderungssatzung