Herr Ringelsiep wies einleitend darauf hin, dass das Arbeitsmarktprogramm des Jobcenters offiziell erst Anfang Mai vorgestellt würde. Wie des Öfteren in den letzten Jahren müsse er die Lage bezogen auf Ka­men als schwierig bezeichnen. Die Arbeitslosigkeit sei um 4,6 % angestie­gen. Das Jobcenter hatte im März 1806 Kunden aus Kamen zu betreuen. Diese hohe Zahl sei auch der schlechten Witterungslage im I. Quartal 2013 geschuldet, da diese ein großes Ver­mittlungshemmnis darstelle. Zudem sei nach seiner Ein­schätzung auf dem Arbeitsmarkt eine leichte Eintrübung zu verzeichen. Auch private Arbeitsvermittler hatten unter den Vermittlungs­hemmnissen zu leiden. Seit April habe sich die Lage jedoch gebessert und die Vermittlungs­zahlen seien erstmals im Jahre 2013 zufriedenstellend.

In Bezug auf die Kostensituation teilte Herr Ringelsiep mit, dass das Jobcenter im Dezember 2012 811.000 € für Kamener Kunden an Unterkunftskosten, die ja bekanntlich den kommunalen Kostenanteil darstellen würden, aufgebracht habe. Dieser Betrag würde jedoch in den Monaten Januar und Februar deutlich ansteigen, da durch den strengen Winter die Nebenkostenabrech­nungen Mehrausgaben verursa­chen würden.

Das Arbeitsmarktprogramm sei wie immer gekennzeichnet durch die Erwartungen der Träger. Die des Bundes seien durch Vorgaben für die Vermittlungstätigkeit gekennzeichnet; großes Au­genmerk solle auf die Vermittlung von langzeitbetreuten Kunden gerichtet werden. Der Kreis erwarte vom Jobcenter geringe Ausgabensteigerungen sowie verstärktes Ausschöpfen der SGB II-bezogenen Mittel für das Bildungs- und Teilhabepaket.

Für das Jobcenter selbst sei die Behebung des Fachkräftemangels in den Fokus der Betrach­tung gezogen worden. Anhand der Kundenstruktur lasse sich zweifelsfrei feststellen, dass Fach­kräfte sehr schnell aus einem Leistungsbezug ausscheiden würden.

Eines der Haupthandlungsfelder sehe er weiterhin in der Bekämpfung der Jugendarbeitslosig­keit, die sich 2011 auf einem historischen Tiefststand bewegte. Es müsse von vornherein ver­hindert werden, dass die jungen Menschen in eine Abwärtsspirale gelangen würden.

Herr Ringelsiep wies darauf hin, dass das Handlungsfeld „Erschließen von Marktchancen“ für ALG-II-Bezieher häufig in Zusammenarbeit mit Zeitarbeitsfirmen gelinge. In diesem Zusammen­hang sprach er die laut gewordene Kritik an einem großen Logistikunternehmen in Werne an. Gerade Hilfskräften würde hier eine Chance für einen Wiedereinstieg geboten. Die Zusammen­arbeit zwischen dieser Firma und dem Job­center sei gut und wichtig, und er halte die Kritik für überzogen. Er prognostiziere, dass  am Ende des Jahres die durchschnittliche Kundenzahl des Jobcenters höher liegen werde als im Jahr 2012. Auch und gerade deshalb sei er dankbar für jede Vermittlungsmöglichkeit.

Im Nachgang wandte sich Herr Ringelsiep den konkreten Maßnahmen für das Jahr 2013 zu. Der Schwer­punkt solle hier auf der Förderung der beruflichen Weiterbildung liegen. 20% der verfügbaren Mittel für Eingliederungsleistungen werden hier aufgewendet. Insgesamt ständen ca. 20 Mio € für Eingliederungs­maßnahmen zur Verfügung; auch diese Mittel seien im Vergleich zum Vorjahr beschnitten worden. Spe­ziell in die zukunftsträchtigen Bereiche Pflege/Erziehung solle hier investiert werden.

Erfolgsmöglichkeiten böten sich auch bei der Förderung des Handwerks. Hier könne man der hiesigen Strukturschwäche in Bezug auf das Fehlen von großen Industriebetrieben, speziell Metallbetrieben, entge­genwirken.

Lohnend erscheinen ihm weiterhin von Arbeitgebern durchgeführte Maßnahmen (wie z.B. Prak­tika), die zwar teilweise bezuschusst und in der Gesellschaft mit Vorbehalt betrachtet würden, aber nach seiner Erfahrung seien die häufig erfolgreich. In diesem Zusammenhang wies Herr Ringelsiep darauf hin, dass 50% der seitens des Jobcenters als schlecht qualifiziert eingestuften Kunden sich selbst eine Stelle in die­sem Segment gesucht haben.

Das in der Vergangenheit eingesetzte Instrument „Arbeitsgelegenheit“ wolle man zurückfahren.

Die Beschäftigung in 1-€-Jobs habe nur ganz selten zu einer Arbeitsaufnahme geführt und werde daher um 40% zurückgefahren. Ein anderer Mitteleinsatz erscheine sinnvoller.

So solle zum Beispiel ein Sonderprojekt gestartet werden, das vorsieht, die Erstausbildung von jungen Erwachsenen im Alter von 25 – 35 Jahren zu fördern. Jeder Kamener Kunde würde hierzu befragt. Vor der Aufnahme in das Projekt würde eine Prüfung stattfinden, an der unter anderem Psychologen beteiligt wären. Dies geschehe auch vor dem Hintergrund der hohen Kosten für einen Ausbildungsplatz, die Herr Ringelsiep mit rund 1.000 € pro Monat bezifferte. Kreisweit sollen 165 Maßnahmen durchgeführt wer­den, für Kamen würden 100 Plätze anfallen.

Spezielle Zielgruppen für Maßnahmen seien Frauen, Jugendliche sowie Migranten. Speziell bei den Per­sonen mit Migrationshintergrund sei ein Anstieg der Arbeitslosenquote zu verzeichnen. Problematisch sei weiterhin die Feststellung, dass der Eintritt in den Leistungsbezug häufig ein­hergehe mit einer langen Verweildauer. Vor diesem Hintergrund sollen u.a. 2 neue Vermittler mit russischen Sprachkenntnissen eingesetzt werden, die Arbeitsplätze bei Arbeitgebern mit Migra­tionshintergrund akquirieren sollen.

Nicht zuletzt wolle man die Kooperation zwischen den beteiligten Akteuren Jobcenter, Agentur sowie Jugendamt verbessern. Das entsprechende Pilotprojekt in Selm laufe gut und solle nach Möglichkeit auch in Kamen realisiert werden. Im Jahr 2013 sollen weitere 24 Vermittler einge­setzt werden. Weiteres Au­genmerk solle auf die Mitarbeiterqualifizierung gelegt werden. Dies erfolge auch vor dem Hintergrund, dass man zunehmend Kunden mit psychologischen Proble­men zu betreuen habe.

Frau Hartig dankte für den Vortrag, der wie eigentlich immer keine rosigen Perspektiven aufge­zeigt habe. Sie empfände die Umverteilung von Aufgabenschwerpunkten als richtig. Gefehlt hätten ihr in dem Vor­trag spezielle Maßnahmen für Frauen und im Besonderen für Alleinerzie­hende.

Herr Ringelsiep erwiderte, dass die Aussichten für dieses Jahr wirklich nicht gut seien. Er wies darauf hin, dass das im letzten Jahr aufgelegte Bundesprojekt für Alleinerziehende  ausgelaufen sei. Das Jobcenter würde es jedoch in Eigenregie fortführen. Dies erfolge sogar im vergrößerten Umfang. Kreisweit würden rund 200 Frauen partizipieren.

Spezielle Frauenprogramme würden nicht aufgelegt. Er wies jedoch darauf hin, dass Frauen entsprechend ihrem Anteil an der Arbeitslosenquote an Maßnahmen teilhaben würden. Eine ansteigende Arbeitslosig­keit ziehe daher auch eine stärkere Partizipation von Frauen nach sich.

Frau Lenkenhoff äußerte Kritik an der hohen Vermittlungsquote zu dem angesprochenen Wer­ner Unter­nehmen. Es handle sich hier um Zeitarbeit, die zudem noch schlecht bezahlt sei, so­dass die betroffenen Personen häufig noch Aufstockungsleistungen durch das Jobcenter in An­spruch nehmen müssten. Weiter­hin äußerte sie Kritik an der Ableistung von Praktika. Der Ar­beitgeber erhalte für 4 – 6 Wochen unent­geltlich eine Arbeitskraft, die zudem noch weiterhin Zahlungen seitens des Jobcenters in Anspruch neh­men müsse. Außerdem interessierte sie die Aufgabenstellung der Psychologen im Zusammenhang mit dem Projekt Erstausbildung für junge Erwachsene. Ebenfalls merkte sie an, dass sie eigentlich erwartet hätte, dass Schulungen der Mitarbeiter für ihr sensibles Aufgabenfeld bereits seit 2005 stattfinden würden.

Herr Eisenhardt merkte an, dass er sich eine andere Vortragsstruktur wie z.B. mittels einer Powerpoint­präsentation gewünscht hätte. Weiterhin würden ihn Statistiken über die Vermitt­lungsquoten von Leihar­beitsfirmen in feste Arbeitsverhältnisse interessieren. Zudem könne er sich nur schwer vorstellen, wie ein Psychologe die Eignung für ein bestimmtes Berufsbild fest­stellen könne, von dem der Bewerber keinerlei Vorstellung habe.

Frau Müller zeigte sich irritiert über die Aussage des Herrn Ringelsiep, dass im Jahresdurch­schnitt die Zahl der Kunden des Jobcenters im Vergleich zum Vorjahr steigen würde. Sie habe das der Presse anders entnommen. Weiterhin fragte sie nach, warum angesichts der hohen Arbeitslosigkeitsquote der Migranten erst jetzt 2 Vermittler mit Migrationshintergrund beschäftigt würden.

Herr Ringelsiep wies darauf hin, dass das Arbeitsmarktprogramm des Jobcenters erst Anfang Mai der Öffentlichkeit vorgestellt würde und er daher nicht schon im Vorgriff Präsentationen zu­gänglich machen wollte.

In Bezug auf die Kritik an der Zeitarbeit äußerte Herr Ringelsiep, dass die seitens der Presse publizierten krassen Lohndumpingfälle nicht in dieser Region zu verzeichnen gewesen wären. Weiterhin spiele das Jobcenter beim Eingehen von Zeitarbeitsverhältnissen keine aktive Rolle. Die Vermittlungen an den gro­ßen Logistiker in Werne seien allesamt ohne das Mitwirken von Zeitarbeitsfirmen erfolgt.

Zur Ableistung von für Arbeitgeber kostenfreien Praktika teilte er mit, dass weitere Zahlungen als der persönliche Regelsatz an die Kunden nicht erfolgen würden. Der Gesetzgeber sehe aber diese Maßnahmen vor und sie seien erfolgreich. Die Kritik von Frau Lenkenhoff teile er bedingt. Weiter verwies er darauf, dass Arbeitgeber, die die Praktika durch mehrfache Inanspruchnahme  missbrauchen würden, sofort von weiteren Zuteilungen ausgeschlossen würden.

Zur Inanspruchnahme des psychologischen Dienstes bei der  Rekrutierung von Bewerbern für die Erstaus­bildung von 25 – 35-jährigen teilte er mit, dass Personen dieses Alters durchaus schon einen Lebenslauf hinter sich hätten und diesen wolle man in bestimmten Fällen aufhellen. Stellten die Vermittler von vornherein die Tauglichkeit für eine Branche fest, gebe es keinesfalls die Prüfung durch den Psychologen. Reihenuntersuchungen seien erst recht nicht geplant.

In Bezug auf die Schulungen der Mitarbeiter teilte er mit, dass natürlich schon immer geschult worden sei. Hier handele es sich um spezielle vorbeugende Maßnahmen im Deeskalationsbe­reich. Die Mitarbeiter seien aber bereits vorbereitet.

Weiterhin seien im Jobcenter bereits viele Personen mit Migrationshintergrund tätig. Die von ihm avi­sierten 2 Mitarbeiter mit Migrationshintergrund seien die ersten im Arbeitgeberservice. Es handle sich um hochqualifizierte Personen mit Hochschulabschluss.

Zahlenmaterial in Bezug auf Vermittlungsquoten von Leiharbeitsfirmen liege ihm nicht vor. Dies müsse bei Bedarf über die Arbeitsagentur beschafft werden.

Das von der Presse publizierte Sinken der Arbeitslosigkeit im Jahresmittel möge vielleicht für den Bund zutreffen. Nach den ihm vorliegenden Erkenntnissen werde das für den Kreis Unna nicht eintreten; er lasse sich in diesem Fall jedoch gern eines Besseren belehren.

Frau Lenkenhoff erkundigte sich, ob das Jobcenter in Anbetracht der hohen Arbeitslosigkeits­quote bei den Migranten mit dem multikulturellen Forum zusammenarbeite. Weiterhin erkundigte sie sich nach der Joboffensive 50+. Hier seien in der Vergangenheit enorme Beträge investiert worden; das scheine jetzt offensichtlich nicht mehr so zu sein.

Herr Ringelsiep erwiderte, dass man eng mit dem Forum zusammenarbeite; es genieße jedoch kein Allein­stellungsmerkmal. Das Programm 50+ sei ein Bundesprogramm und laufe weiter.    

20 Personen seien damit weiterhin beschäftigt. Das Jobcenter werde dort zurzeit nicht in Eigen­initiative tätig.