Frau Tschaut stellte die Arbeitsschwerpunkte der ver.di Frauen- und Gleichstellungspolitik für die Jahre 2011 – 2015 vor. Der Vortrag ist der Niederschrift als Anlage beigefügt. Die Auswahl dieser Schwerpunkte sei aufgrund des 1. Gleichstellungsberichtes der Bundesregierung getroffen worden. Mit Blick auf die Lebensverlaufsperspektive von Männern und Frauen stelle ver.di Frauenarbeitsplätze und Arbeitszeiten auf den Prüfstand. Dabei werde auf die Themen Altersarmut und Entgeltgleichheit ein besonderer Focus gelegt, denn insbesondere die Entgeltgleichheit stelle einen Meilenstein in der Ungleichheit von Frauen und Männern dar. Ziel ihrer Gewerkschaft sei es, gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit zu erreichen. Sie betonte, dass der gesellschaftliche Blick mehr auf die Wertigkeit von Berufen gerichtet werden müsse, wobei sie insbesondere auf die Geringschätzung sozialer Berufe verwies. In diesem Zusammenhang er­klärte sie, dass auch ver.di sich bislang noch nicht genügend um Diskriminierungen in eigenen Tarifverträgen gekümmert habe. Zwar werde das Thema seit 15 Jahren diskutiert, eine Fülle an Broschüren sei ebenfalls erstellt worden, konkrete Erfolge könnten aber diesbezüglich nicht vor­gewiesen werden. Das Thema werde jetzt verstärkt angegangen. Im vergangenen Jahr habe es mehrere Fortbildungen für Personal- und Betriebsräte sowie Gleichstellungsbeauftragte zu dem Themenkomplex „Gerechte Vergütung im öffentlichen Dienst“ gegeben, u.a. inwieweit das „eg-check-Verfahren“ Entgeltgleichheit sicher stellen kann. Für 2013 seien hierzu weitere Seminare vorgesehen. Dabei gehe es um gleiche Bezahlung für gleichwertige Arbeit.

Aktuell komme wieder mehr Bewegung in beide Tarifpartner, die durch die größere öffentliche Aufmerksamkeit gezwungen seien, Tarifverträge zu überprüfen.

Abschließend ging Frau Tschaut auf die Niedriglohnbeschäftigung als ein wesentlicher Faktor für Altersarmut ein. 64,8 % der hier Beschäftigten seien Frauen. Im Niedriglohnsektor werde durchschnittlich 45 Stunden in der Woche gearbeitet, ¼ der Beschäftigten arbeite sogar über 50 Stunden, um ein notwendiges Einkommen zu erzielen. Alle wissenschaftlichen Analysen seien sich einig, dass die Frauenerwerbstätigkeit zwar zugenommen habe, diese Zunahme aber aus­schließlich auf dem Teilzeitarbeitsmarkt stattgefunden habe. Das Arbeitsvolumen von Frauen insgesamt sei nicht gestiegen. Die geringfügige Beschäftigung habe als Brückenfunktion in re­guläre Beschäftigung versagt. Sie gab zu bedenken, ob nicht intensiver über Arbeitszeitmodelle nachgedacht werden müsse, damit Männer und Frauen in bestimmten Lebensphasen ihre Ar­beitszeit egalitär aufteilen können. Hier seien auch Betriebe und Unternehmen aufgefordert über eine neue Arbeitszeit-Kultur nachzudenken. Aus ihrer Sicht sei es unabdingbar, das Teilzeit- und Befristungsgesetz dahingehend zu verändern, dass nach der Teilzeitbeschäftigung ein Anspruch auf Vollzeitarbeit besteht. Die Arbeitsmarktpolitik müsse auch auf Veränderungen im männlichen Lebenslauf reagieren. Sie betonte erneut, dass im Mittelpunkt der Gleichstellungs­politik die Entgeltgleichheit stehen müsse, denn nur so könne die Voraussetzung geschaffen werden, traditionellem Verhalten vorzubeugen.

 

Auf großen Widerspruch stieß bei den Beiratsmitgliedern die Aussage von Herrn Karnas, der Frauen in Partnerschaften als Zuverdienerinnen sah.

 

Frau Mann stimmte den Aussagen von Frau Tschaut, insbesondere zur Entgeltgleichheit, zu. In vielen Köpfen sei die Bedeutung dieser Ungleichbehandlung noch nicht angekommen. Sie be­grüßte deshalb den Entwurf eines Entgeltgleichheitsgesetzes, den die SPD- Bundestagsfraktion auf den Weg gebracht habe, um der Lohndiskriminierung von Frauen entgegenzuwirken. Mit dem traditionellen Bild - der Mann als Alleinverdiener und die Frau als Zuverdienerin - seien heute sowohl Frauen als auch Männer nicht mehr einverstanden. Frau Mann wies daraufhin, dass diese gesellschaftlichen Veränderungen bereits in der neueren Gesetzgebung ihren Nieder­schlag gefunden haben, z.B. im Unterhaltsrecht. Es werde davon ausgegangen, dass Frauen genauso wie Männer selbst für ihren Unterhalt verantwortlich sind.

 

Frau Groer wünschte sich gesetzliche Regelungen, um den Umgang von Arbeitgebern mit Mehrarbeit und Überstunden entgegenzuwirken und mehr Festeinstellungen zu erreichen. Sie wies auf die hohe psychische Belastung der Beschäftigten mit befristeten Verträgen hin.