Sitzung: 23.03.2010 Betriebsausschuss
Herr Werner erinnerte
zunächst an seinen Sachstandsbericht im Betriebsausschuss am 26.11.2009, in
dem er bereits alle grundlegenden Fakten vorgetragen hatte. Das Pumpwerk ist
den zuständigen Behörden und Gremien seit ca. 2001 bekannt, aber nicht das
Ausmaß an Wassermengen und Belastungen und die Ursache der kokereispezifischen
Kontaminationen, die über das Pumpwerk der Körne zugeleitet werden. Herr
Werner dämpfte jedoch zunächst die Erwartung, dass der komplexe Problemfall,
für dessen Lösung auch bisher kein Präzedenzfall vorliegt, kurzfristig oder
zeitnah gelöst werden kann. Er wies darauf hin, dass dies auch schon bei
Vorstellung der aktuellen Sachlage im Natur- und Umweltausschuss des Kreises
Unna am 16.3.2010 deutlich wurde.
Der Leiter der Unteren Wasserbehörde zeigte nochmals anhand einer Karte
den Verlauf des Pumpwerkwassers auf. Als kostengünstigster Lösungsansatz zum
Umgang mit den kokereispezifischen Kontaminationen wird vom Lippeverband die
Möglichkeit geprüft, ob die renaturierte Körne die Belastung insoweit
verträgt (Belastungsgrad Pumpwerkwasser: 15 – 100 µg/l), dass die gesetzlichen
Güteanforderungen an die Wasserqualität noch erfüllt werden, wenn weiterhin das
unbehandelte Pumpwerkwasser zugeführt wird. Wenn diese Prüfung zu dem Ergebnis
kommt, dass das Pumpwerkwasser vorbehandelt werden muss, werden dauerhafte
Kosten entstehen, die abhängig sind von der Art der notwendigen Vorbehandlung.
Vorstellbar ist u. a. z. Bsp. eine Trennung des im Pumpwerk ankommenden
Wassers, so dass evtl. nur bei Trockenwetter zusätzliche
Aufbereitungsmaßnahmen erfolgen müssen. Je nach Aufbereitungsart können
unterschiedlich hohe Kosten entstehen. Die Ergebnisse zu den Untersuchungen des
Lippeverbandes, die in ca. 4 Wochen vorliegen sollen, müssen nach Vorstellung
von Herrn Werner zunächst abgewartet werden, um dann gemeinsam mit den Städten
Kamen und Unna diskutiert zu werden. Erst nach Abstimmung einer gemeinsamen
Vorgehensweise und der entsprechenden Mitteilung soll die Anhörung mit dem
Pumpwerksbetreiber erfolgen. Auf dem Wege zu einer Lösung sind seitens der
beteiligten Institutionen noch weitere Vorarbeiten zu leisten, da auch
notwendige Pläne und Unterlagen fehlen wie zum Beispiel Übersichten über die
einleitenden Drainagen.
Als
Ursache für die kokereispezifischen Belastungen konnte ein ca. 300 qm großer,
unterirdischer Klärteich identifiziert werden, der auf dem Gelände der
ehemaligen Zeche Massen ¾ liegt und nicht ordnungsgemäß zurückgebaut, sondern
nur zugeschüttet wurde. Durch das zufließende Grundwasser haben sich die
Kontaminationen (mit kokereispezifischen Belastungen wie Phenol, Ethylbenzol
und polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK)) auch auf die
umliegenden Flächen ausgeweitet, so dass nicht nur die Ursprungsfläche des
Klärbeckens, sondern ein wesentlich größerer Bereich der Sanierung bedarf.
Wenn der Zufluss aus dem kontaminierten Bereich unterbunden werden kann, ist
eine weitere Vorbehandlung des Pumpwerkwassers nicht notwendig, jedoch besteht
weiterhin das Problem der Sanierung des maroden Pumpwerkes und die Ableitung
der großen Wassermengen. Seitens der unteren Wasserbehörde will man daher
erst die Ergebnisse aller Untersuchungen abwarten bevor Forderungen aufgestellt
werden.
Herr
Hasler wies darauf hin, dass die
beteiligten Institutionen und die Stadt Kamen ein großes Interesse an der
Beseitigung der Störung haben, die schon seit 2001 bekannt ist ohne das etwas
unternommen wurde. Seines Erachtens ist die weitere Einleitung des
kontaminierten Wassers in die Körne zur Erreichung eines Verdünnungsgrades der
Belastungen, der knapp unterhalb der gesetzlichen Grenzwerte für ein
renaturiertes Gewässers liegt, keine geeignete Dauerlösung, da die Bürger die
Renaturierung der Körne bereits über ihre Gebühren bezahlt haben. Da die
Einleitung der Schadstoffe ohne jegliche Genehmigung erfolgt, ist nach Ansicht
von Herrn Hasler der sogenannte Zustandsstörer zu belangen. Er betonte abschließend,
dass ein massives Interesse besteht, die Ursachen der Störung abzustellen.
Herr
Werner wies darauf hin, dass
seit 2001 die Belastungen von dem Pumpwerk bekannt sind, aber erst 2009 die
tatsächlichen Ursachen festgestellt wurden. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden die
Ursachen im Rahmen der allgemeinen Bergbautätigkeit vermutet. Die Sanierung des
Kontaminationsherdes, dem Teerbecken in Größe von ca. 300 qm allein bewertete
der Leiter der Unteren Wasserbehörde als nicht mehr zielführend, da auch der
umliegende Bereich bereits zu stark belastet ist. Er wies darauf hin, dass für
die Problemlösung ein breiterer Ansatz notwendig ist, da es zwar häufig normale
Pumpwerke im Ruhrgebiet gibt, die aufgrund der Bergbautätigkeit notwendig
geworden sind, aber kein Pumpwerk, dass so stark kontaminiertes Wasser führt.
Auch
Herr Kühnapfel forderte, das kontaminierte
Wasser nicht weiter in die Körne einzuleiten und zu verdünnen bis für das
renaturierte Gewässer die Belastungsgrenzwerte erreicht werden, die nicht
unumstritten sind. Er bezeichnete die kokereispezifischen Belastungen, die das
Pumpwerk nach Kamen leitet als hochproblematisch. Auch Minimalmengen von
kokereispezifischen Belastungen sind nach seinen Kenntnissen giftig, krebsauslösend
und erbgutgefährdend. Er forderte deshalb ebenfalls, auf die Ursachen
einzugehen und zumindest den Kontaminationsherd zu beseitigen und darüber
hinaus, wenn notwendig, evtl. eine Aufbereitung des zugeführten kontaminierten
Wassers durchzuführen. Herr Kühnapfel konnte es nicht nachvollziehen, dass es
in Deutschland überhaupt noch möglich ist, dass ein Pumpwerk ohne baurechtliche
und wasserrechtliche Genehmigung betrieben werde kann und zudem die Ableitung
der kontaminierten Wassermengen noch über die Kamener Gebührenzahler
finanziert wird. Er fragte abschließend nach, ob für die Wassermengen, die
ohne Wasserrecht eingeleitet werden, Gebühren erhoben werden können.
Herr
Baudrexl bestätigte, dass die
Stadt Kamen für die eingeleiteten Wassermengen über die Lippeverbandsumlage
und die Abwasserabgabe veranlagt wird, es aber keine rechtliche Grundlage für
die Stadt Kamen oder den Eigenbetrieb gibt, eine entsprechende eigene
Gebührenveranlagung gegen den Pumpwerksbetreiber durchzuführen. Die Stadt Kamen
hat den Lippeverband bereits schriftlich darauf hingewiesen, dass sie
Rechtsmittel gegen den Beitragsbescheid 2010 des Lippeverbandes einlegen wird,
wenn die Berechnungsgrundlagen für die Lippeverbandsumlage weiterhin Kosten für
das Pumpwerkswasser der Stadt Kamen anlasten.
Zu
der Forderung von Herrn Kühnapfel, auf die Verdünnung des
belasteten Wassers zu verzichten und stattdessen die Ursachen der
Kontamination zu beseitigen, wies Herr Werner darauf hin, dass bei der Lösung
des Belastungsproblems auch auf die Verhältnismäßigkeit der Mittel geachtet
werden muss. Die Einleitung darf einerseits nicht schädlich sein für die
Körne, aber andererseits sind auch die Kosten einer Dauerunterhaltung der Anlagen
zur Abwasseraufbereitung zu beachten. Zu dieser Thematik erwartet der Leiter
der Unteren Wasserbehörde kurzfristig belastbare Aussagen des Lippeverbandes.
Herr
Kress konnte sich nicht
vorstellen, dass der vorliegende Fall einmalig ist und es nicht weitere
Präzedenzfälle hierzu gibt. Herr Werner erklärte, dass ihm nur
ein weiterer ähnlicher Fall bekannt ist, an dem 3 Großbetriebe und die
Emschergenossenschaft beteiligt sind, der aber nicht zu einem Gerichtsverfahren
führte.
Auch
Frau Hartig sprach sich entschieden
gegen eine Verwässerung des kontaminierten Pumpwerkswassers mit der Körne aus,
da deren Renaturierung und jetziger Zustand von den Bürgern über Gebühren
bezahlt worden ist. Zudem wies sie darauf hin, dass es schon im Interesse der
Anwohner, die im Bereich der kontaminierten Flächen wohnen, liegt, das Boden
und Grundwasserbelastungen beseitigt werden. Sie fragte nach, wann konkrete
Maßnahmen erwartet werden können.
Herr
Werner erwartet die Berichte des
Gutachters über die kontaminierten Flächen, die insgesamt saniert werden
müssen, bis zur Mitte des Jahres. Erst hiernach kann seines Erachtens entschieden
werden, ob und wie eine Abwasservorbehandlung zu erfolgen hat. Abschließend
sind die Anforderungen an die Sanierung des Pumpwerkes festzulegen. Der Leiter
der Unteren Wasserbehörde wies darauf hin, dass bisher keine bemerkbaren Auswirkungen
im Boden durch die Ausschwemmungen aus dem Teerbecken in Nachbarflächen
festgestellt werden konnten und daher davon auszugehen ist, dass kein akutes
Gefahrenpotenzial vorhanden ist, auf das man direkt reagieren müsste.
Herr
Kühnapfel hob hervor, dass die
kokereispezifischen Belastungen und hier insbesondere die polyzyklischen
Kohlenwasserstoffe eine erhebliche Gefährdung darstellen und auch geringe
Konzentrationen noch hochgiftig sind. Auch bei Unterschreiten von Grenzwerten
sind diese Stoffe generell unerwünscht. Obwohl keine direkte Gefährdung von dem
kontaminierten Untergrund ausgeht, empfahl Herr Kühnapfel, die betroffenen
Anwohner über die festgestellten Bodenbelastungen zu informieren.
Nach
Aussage von Herrn Werner wurden die Anlieger
bereits nach den Erstuntersuchungen des Bergwerksgeländes in Massen über die
Gefahren durch die Boden- und Grundwasserbelastungen informiert. Eventuell
soll die Warnung wiederholt werden.
Herr
Hasler verwies auf die
Auswirkungen auf die „öffentliche Meinung“. Für den Bürger ist es seines
Erachtens nicht nachvollziehbar, dass ihm für die gesetzlich geforderte
Dichtheitsprüfung und evtl. Sanierung seiner Hausanschlussleitungen Kosten
entstehen, um Boden und Grundwasser zu schützen. Seines Erachtens besteht in
der Bevölkerung keinerlei Verständnis, dass bei den Dichtigkeitsprüfungen der
Eigentümer ungefragt die belastenden Kosten trägt, während ein riesiger
Störungsherd mit dem Hinweis auf die Langwierigkeit des Verfahrens und der Klärung
der Kostenträgerfrage dauerhaft weiter besteht und hingenommen wird.
Herr
Werner zeigte Verständnis für
diese Meinung. Er wies aber darauf hin, dass die beteiligten Behörden bereits
versucht haben, auf gerichtlichem Wege die Fa. Buderus heranzuziehen, hiermit
aber gescheitert sind, weil die Rechtsvorschriften vor 100 Jahren anders waren.
Den Betreiber heranzuziehen bewertet er als schwierig bis aussichtslos. Da
nach seiner Einschätzung voraussichtlich die öffentliche Hand die Kosten des
Verfahrens trägt, muss, wie bei anderen Altlasten aus dem Bergbau, der
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bei der Schadensbehebung gewahrt werden.
Herr
Eckardt kritisierte, dass die
Vorgehensweise und die Wirtschaftlichkeit des Verfahrens in Bezug auf evtl.
Vorbehandlung des Wassers und dem dann möglichen Verzicht auf eine Sanierung
der kontaminierten Flächen wenig transparent erscheint.
Herr
Werner fasste die geplante
Vorgehensweise nochmals zusammen. Die Gutachterergebnisse zur Sanierung der
Flächen werden voraussichtlich bis 30.6.2010 vorliegen. Gleichzeitig prüft der
Lippeverband, inwieweit die Körne mit der direkten Einleitung des
kontaminierten Wassers belastbar ist ohne die Grenzwerte für die
Güteanforderung an ein renaturiertes Gewässer zu überschreiten. Wenn
festgestellt wird, dass der Zufluss an kontaminiertem Wasser für das mit 80 %
Landesmitteln bezuschusste, umgestaltete Gewässer nicht zulässig ist, werden
die weiteren notwendigen Maßnahmen wie z. Bsp. Vorbehandlung des Wassers und
die Sanierungsanforderungen des Pumpwerkes zusammen mit dem Lippeverband und
der zuständigen Bezirksregierung abgestimmt. Auch wenn die Frage des Kostenträgers
noch nicht geklärt ist, werden im Wege der Ersatzvornahme die abgestimmten
notwendigen Maßnahmen durchgeführt.
Herr
Eckardt bat, den
Betriebsausschuss zeitnah über die weitere Entwicklung zu informieren, auch
wenn kein formeller Antrag vorgelegt wird.