Beschluss:

 

 

Sollte der Landtag die für 2007 geplante weitere Kürzung der Mittel des Weiterbildungsgesetzes um 18 % beschließen, würde das gesamte System der Weiterbildung in NRW irreparabel beschädigt.

 

Der Rat der Stadt Kamen befürchtet, dass auch die Volkshochschule in unserer Stadt als Folge dieser Kürzungen ihren gesetzlichen Auftrag nicht mehr wird erfüllen können. Denn wenn Weiterbildungseinrichtungen nur noch rentable Kurse anbieten können und zudem die Teil­nahmegebühren erhöhen müssen, wird vor allem den sozial Schwächsten der Zugang zur Weiterbildung verwehrt. Gerade Angebote, die sich nicht aus Teilnehmerbeiträgen tragen, weil sie sich an weniger privilegierte Menschen richten – wie Alphabetisierungskurse oder Angebote für Migrantinnen und Migranten – müssen dann gestrichen werden. Die Kürzungen verschärfen somit soziale Ungerechtigkeiten im Bildungssystem.

 

Für die Gestaltung der Wissensgesellschaft ist lebensbegleitendes Lernen unerlässlich. Öffent­liche Verantwortung für Bildung hört nicht mit der Schule auf. In allen Phasen des Lebens stellen sich neue Herausforderungen, die Lernen erfordern, für den Beruf, für die bewusste Gestaltung des Lebens, für die Erziehung von Kindern, für soziales und bürgerschaftliches Engagement. Das Land muss die Bürgerinnen und Bürger dabei unterstützen und allen die Chance auf bezahlbare Weiterbildung ermöglichen.

 

Die Projektmittel aus dem Europäischen Sozialfond (ESF) können die Einbrüche in den Grund­strukturen nicht auffangen. Da viele Weiterbildungsträger kommunal verankert sind, sollen wieder einmal die Kommunen zur Kasse gebeten werden. Aufgrund der Hauhaltslage wird die Stadt Kamen die geplanten Kürzungen aber nicht ausgleichen können.

 

Der Rat der Stadt Kamen fordert die Landesregierung auf, die geplanten Kürzungen bei der Weiterbildungsförderung zurücknehmen. Sie beschädigen die Infrastruktur der Weiterbildung in unserem Land.


Abstimmungsergebnis:  Mit Mehrheit bei 16 Gegenstimmen wurde die Resolution beschlossen.


Den eingebrachten Resolutionsantrag begründete Herr Kühnapfel mit der Absicht der Landes­regierung, die Zuwendungen für die Weiterbildung um weitere 18 % kürzen zu wollen. Ein ent­sprechender Gesetzesentwurf sehe das vor. Nach Kürzungen von insgesamt rd. 20 % in den vergangenen 5 Jahren werde mit dem jetzt erneut geplanten Einschnitt die Grenze der Belast­barkeit der Weiterbildungseinrichtungen und ihrer Träger überschritten. Das werde zu Sub­stanzverlusten führen. Zu befürchten sei, dass die Volkshochschule (VHS) ihren gesetzlichen Auftrag nicht mehr erfüllen könne. Kostenlose Kursangebote werde es nicht mehr geben können. Das werde insbesondere sozial Schwächere treffen. Das Nachholen von Schul­abschlüssen oder Sprachförderkurse für Migrantinnen und Migranten seien nicht mehr finan­zierbar. Die Volkshochschulen, so auch die örtliche VHS, hätten bereits eigene Kampagnen gestartet, um gegen die Sparpläne der Landesregierung zu protestieren. Die Kommune sehe er in der Pflicht, diese Proteste zu unterstützen.

 

Es schloss sich eine intensive kontroverse Debatte über das Pro und Contra der beantragten Resolution an.

 

Die ablehnende Position der CDU-Fraktion legte Herr Hasler dar. Seine Kritik bezog er im Wesentlichen auf die nach seiner Auffassung mangelnde Bereitschaft, mit den bestehenden Sparzwängen vor Ort umzugehen, und die politische Glaubwürdigkeit. Die jetzt vorgelegte Resolution überrasche insofern, als bei allen durch die damalige Landesregierung vorgenom­menen Kürzungen in den letzten Jahren kein Protest erhoben worden sei. Diese Einschnitte habe man hingenommen und mitgetragen, zuletzt im vergangenen Jahr innerhalb der interfrak­tionellen Sparkommission.

 

Dem gegenüber erklärte Frau Dyduch, dass ihre Fraktion der Resolution zustimmen werde. Die aktuellen Reformpläne der Landesregierung drohten örtliche Weiterbildungseinrichtungen und

-strukturen zu zerschlagen, weil die Städte nicht mehr in der Lage seien, weiteren Subventions­abbau durch eigene Mehraufwendungen auszugleichen, um das zu verhindern. Vielmehr führe die Summe der Landesmittelkürzungen beispielsweise im Gesundheitswesen, im sozialen Bereich bei der Kinderbetreuung oder im Bildungswesen die Kommunen an die Grenze ihrer finanziellen Belastbarkeit und Gestaltungskraft. Die Resolution werde unterstützt, um ein deut­liches Signal für die Bedeutung und den Erhalt der Weiterbildungseinrichtung vor Ort zu setzen.

 

Herr Behrens ergänzte, dass die VHS die für 2006 vorgenommenen Kürzungen selbst mit initiiert habe, um einen Konsolidierungsbeitrag zu leisten. Im übrigen schloss er sich der Argumentation von Herrn Kühnapfel und Frau Dyduch an.

 

Für die BG-Fraktion lehnte Herr Kaminski den Antrag als populistisch, unglaubwürdig und inkompetent ab. Er teilte die Auffassung der CDU-Fraktion, dass die von der vorherigen Landes­regierung vorgenommenen Kürzungen ohne Widerspruch hingenommen worden seien. Er sprach sich für eine Bündelung der Weiterbildungsangebote und der unterschiedlichen Träger von Weiterbildungs- und Qualifizierungsangeboten aus.

 

Herr Knop sprach sich für die FDP-Fraktion gegen die Resolution aus. In den nach seiner Einschätzung durchaus vergleichbaren Fällen der Gesundheitsreform, der Hartz IV – Reformen oder der Mehrwertsteuererhöhung habe der Rat auf eine Resolution als Protestnote verzichtet. Zudem werde gerade heute über die Gesetzesinitiative beraten. Ob es tatsächlich zu Kürzungen in der geplanten Größenordnung kommen werde, sei deshalb noch offen. Wenn der Rat zu diesem Zeitpunkt die beantragte Resolution auf den Weg bringe, laufe er Gefahr, künftig nicht mehr ernst genommen zu werden. Er schlug deshalb vor, den Antrag zurückzuziehen.

 

Dass eine Resolution zum gegenwärtigen Zeitpunkt das falsche Signal sei und die Glaubwürdig­keit des Rates gefährde, meinten auch Herr Hasler und Herr Kissing.

Herr Kissing gab zu bedenken, dass weitere kommunale Leistungsbereiche in eine Schieflage geraten seien, weil man u.a. die in der Vergangenheit augrund von Landeskürzungen erforder­lichen Mehraufwendungen jeweils aus dem kommunalen Haushalt geschultert habe. Dadurch habe das Geld an anderer Stelle gefehlt. Er hielt es für nicht so gravierend, wenn das Kurs­angebot zurückgefahren werden müsse. Er erinnerte in diesem Zusammenhang an die Vor­schläge seiner Fraktion zur Umgestaltung des Kulturbereichs, die man bisher aber abgelehnt habe. Damit habe man ein Gegensteuern bewusst unterlassen.

 

Dagegen plädierten Frau Möller und Herr Grosch für die Verabschiedung der Resolution, um Solidarität mit der VHS zu zeigen und die Bedeutung von Weiterbildungsarbeit hervorzuheben.

 

Jegliche Kritik an der Arbeit der VHS wies Herr Behrens entschieden zurück.

 

Frau Dyduch skizzierte den Wert von Bildung und Weiterbildung als hohes gesellschaftliches Gut. Man nehme den sozialen Auftrag und den staatlichen Bildungsauftrag, organisiert unter dem Dach der VHS, sehr ernst und werde deshalb unabhängig von Terminkalender und Beratungsinhalten des Landtags, wie viele andere Städte im Übrigen auch, der Resolution zustimmen.

 

Herr Hasler legte Wert auf die Feststellung, dass nicht die Weiterbildung grundsätzlich in Frage gestellt werde, auch werde die Arbeit der örtlichen Einrichtung durchaus gewürdigt, kritisch beurteilt werde das mangelhafte Bildungssystem.

 

Herr Kaminski wiederholte seinen Vorwurf der Unkenntnis und empfahl den Befürwortern des Antrags die Teilnehmerstatistiken, das Kurs- bzw. Veranstaltungsangebot und die Gebühren­ordnung sowie deren Handhabung zu analysieren. Kostenlose VHS-Kurse hielt er für ungerecht­fertigt.

 

Herr Bürgermeister Hupe forderte Herrn Kaminski diesbezüglich auf, seine Anregungen bzw. Beschwerden schriftlich zu konkretisieren, damit deren Korrektheit überprüfbar sei. Bloße Behauptungen unterstellten der VHS-Leitung bzw. den Kursleitungen unredliches Verhalten und das könne er bei allem Verständnis für die Meinungsfreiheit der Ratsmitglieder nicht gelten lassen.

 

Herr Kühnapfel begrüßte das und erklärte abschließend, dass der Resolutionsantrag nicht zurückgezogen werde.