Herr Baudrexl erläuterte ausführlich die Rahmenbedingungen und Eckwerte des Haushaltsplan­entwurfs für das Jahr 2007 auf der Basis des allen Ratsvertretern vorliegenden Eckdaten­papiers (s. Anlage). Er wies darauf hin, dass die Planung 2007 auf der Schlussbilanz zum 31.12.2005 und der Eröffnungsbilanz zum 31.12.2004 basiere. Beide Bilanzen seien noch im Prüfverfahren und deshalb noch nicht genehmigt und festgestellt. Angesichts eines Bilanz­volumens von immerhin rd. 400 Mio. Euro sei nachvollziehbar, dass sich Anpassungsbedarf im Zuge der Prüfungen ergebe. Das werde aber mit Sicherheit keinen nennenswerten Einfluss auf die künftige Haushaltswirtschaft haben.

Zur Situation der kommunalen Haushalte in NRW sei, gestützt auf den Kommunalfinanzbericht des Innenministers, der sich auf die amtliche Kassenstatistik des 1. Halbjahres 2005 bezieht, grundsätzlich festzustellen, dass die Lage insgesamt sehr angespannt ist. Das Defizit der Kommunalhaushalte habe sich in diesem Zeitraum um 244 Mio. Euro verschlechtert trotz eines Einnahmezuwachses um 1,8 %,  bedingt durch eine positive Entwicklung der kommunalen Steuern; das Gewerbesteueraufkommen sei landesweit um mehr als 13 % gestiegen. Dieser Zuwachs werde allerdings kompensiert durch einen zeitgleichen Anstieg der sozialen Lasten, im Berichtszeitraum allein bei den Aufwendungen nach Hartz IV um 3 %. Von einer Entlastung der Kommunalfinanzen könne insofern nicht die Rede sein. So befänden sich von den 427 Städten, Kreisen und Gemeinden im November 2005 194 in der Haushaltssicherung. 105 Gemeinden führten sogar nicht genehmigte Haushalte, damit 28 mehr als im Vorjahr mit steigender Ten­denz. Mit 10 Milliarden Euro werde ein neuer Höchststand bei den Kassenkrediten erreicht.

Aufgrund der relativ guten Konjunktur – gemessen an der wirtschaftlichen Entwicklung der letzten 10 Jahre – seien die Steuereinnahmen in der Referenzphase gestiegen. Das habe zu einer deutlich um mehr als 10 % erhöhten Verbundmasse nach GFG (Gemeindefinanzie­rungsgesetz) geführt. Kamen profitiere von daraus bemessenen Schlüsselzuweisungen besonders, weil die eigene Steuerkraftmesszahl im Verhältnis zum Landesdurchschnitt in diesem Zeitraum nur sehr geringfügig gestiegen sei.

In Verbindung mit einem bemerkenswerten Anstieg des Gewerbesteueraufkommens auf den Rekordwert von mehr als 12 Mio. Euro in 2006 und durchaus positiver Orientierungsdaten für die mittelfristige Finanzplanung werde die Haushaltsplanung 2007 insofern von Mehrerträgen getragen.

Bei gleichzeitiger Begrenzung bzw. Senkung der beeinflussbaren ordentlichen Aufwendungen im mittelfristigen Finanzplanungszeitraum gelinge der Haushaltsausgleich dennoch nicht. Trotz Wirtschaftswachstum und erhöhter Steuereinnahmen gelinge es nicht, die Abschreibungen zu erwirtschaften. Dies, so Herr Baudrexl weiter, sei weiteres Indiz dafür, dass die hiesige Region deutlich unterfinanziert sei. Aufgrund der bestehenden strukturell schwachen Steuerkraft sei es nicht möglich, die hohen sozialen Lasten innerhalb des Kreises Unna zu schultern.

Aus dieser Erkenntnis lassen sich nach seiner Einschätzung nachfolgende Zielsetzungen für die Haushaltspolitik ableiten.

Die formelle Konsolidierungs- bzw. Haushaltssicherungspflicht sei zwingend zu vermeiden. Unter NKF Bedingungen sei die Verwirklichung eines Haushaltsausgleichs dann auf Sicht ausgeschlossen.

Das vorhandene Defizit sei in einer Größenordnung zu begrenzen, die den Abschreibungen (ca. 10,5 Mio. Euro) abzüglich der Erträge aus der Auflösung von Sonderposten (ca. 6 Mio. Euro) entspricht. Diese Zielgröße von rd. 4 Mio. Euro dürfe nicht aus den Augen verloren werden. Nur unter dieser Bedingung erscheine ein ausgeglichener Saldo aus laufender Verwaltungstätigkeit im Finanzplan erreichbar.

Das weitere Ziel der Vermeidung einer Nettoneuverschuldung lasse sich nur verwirklichen, wenn sinnvolle und wichtige Investitionen zurückgestellt werden.

Herr Baudrexl stellte fest, dass der vorgelegte Entwurf des Haushaltsplans annähernd den v.g. Zielsetzungen entspreche.

Erreicht werde das durch die Begrenzung der ordentlichen Aufwendungen durch strikten Spar­kurs bei steigendem Finanzergebnis infolge wachsender Zinslasten. Bemerkenswert sei der Anstieg der Transferleistungen durch erhöhte Kreisumlage und Leistungen nach dem Solidar­beitragsgesetz. Hinzu zu rechnen seien die nicht beeinflussbaren Aufwandserhöhungen durch Mehrwertsteuererhöhungen und Energiekostensteigungen. In fast allen Produkten seien auf der anderen Seite die beeinflussbaren Aufwendungen deutlich begrenzt worden, um Konsolidie­rungserfolge zu erreichen. Beispielhaft verwies er auf Kürzungen im Schulbereich bei Lehr- und Arbeitsmitteln um weitere 10 % in 2007.

Auf der Ertragsseite werde konjunkturbedingt ein kontinuierlicher Anstieg, insbesondere bei den Steuereinnahmen, erwartet.

Insgesamt führe das zu einem negativen Jahresergebnis von rd. 8,5 Mio. Euro in 2007; im Vergleich zu 11,2 Mio. Euro in 2006. Das Defizit reduziere sich bis 2010 auf 3,3 Mio. Euro (Tabelle 1 Eckdatenpapier).

Das Eigenkapital entwickele sich rückläufig in 2007 um 5,49 %, in 2008 um 4,42 %, in 2009 um 3,21 % und in 2010 um 2,5 % auf einen Stand von insgesamt rd. 131,9 Mio. Euro. Durch diese Reduzierung des Eigenkapitals werde das formelle Haushaltssicherungserfordernis vermieden (Tabelle 2 Eckdatenpapier).

Ein Blick in die Gesamtfinanzplanentwicklung und auf den Bestand an eigenen Finanzmitteln (Tabelle 3 Eckdatenpapier) – so Herr Baudrexl weiter – zeige, dass es tatsächlich gelinge, den Anstieg an Kassenkrediten zu stoppen. Das negative Ergebnis von 4,2 Mio. Euro in 2007 werde bis zum Jahr 2010, in dem man einem Liquiditätszuwachs erwarten könne, kontinuierlich ver­bessert. Die Steigerung umfasse bei planmäßiger Haushaltsabwicklung nur 6,2 Mio. Euro bis 2010. Das führe zu einem Kreditvolumen von dann rd. 34 Mio. Euro.

Eine deutliche Begrenzung der Neuverschuldung ab dem Jahr 2008 werde nur unter der Voraussetzung erreicht, dass Investitionen in einer Größenordnung von insgesamt 12 Mio. Euro aus dem mittelfristigen Finanzplanungszeitraum auf die Zeit nach 2010 verschoben werden; jährlich seien das durchschnittlich 3 Mio. Euro.

Herr Baudrexl ging auf die folgenden Einzelpositionen des Ergebnisplans ein (Seite 2 bis 5 Eckdatenpapier):

 

Personal- und Versorgungsaufwendungen

Durch Fortsetzung des eingeschlagenen Konsolidierungskurses werde eine weitere Verringe­rung der Personalaufwendungen bis auf 19 Mio. Euro in 2010 erreicht. Das spiegele sich wider im Stellenplan. Die Anzahl der Planstellen ginge im kommenden Jahr um weitere 5 auf 444 zurück. Mittels des seit 2003 eingesetzten Instruments der k.w.-Stellen seien inzwischen 32 Stellen eingespart worden.

 

Anteil an der Einkommenssteuer

Geplant seien steigende Erträge von 12,7 Mio. Euro in 2007 bis auf 14,2 Mio. Euro in 2010.

 

Schlüsselzuweisungen

Infolge der vergleichsweise geringen Steuerkraft der Stadt Kamen im Referenzzeitraum profitiere der städtische Haushalt mit einem Plus von 4 Mio. Euro (17,4 Mio. Euro).

 

Kreisumlage

Herr Baudrexl erinnerte an die über den geplanten Ansatz von 16,8 Mio. Euro hinaus geleistete Mehraufwendung von 1,7 Mio. Euro, die überplanmäßig bereit gestellt worden sei. Nach derzeitigem Stand sei nicht davon auszugehen, dass der vom Kreis beschlossene Anstieg des Hebesatzes auf 48 Punkte bis 2010 noch realisiert werde, weil sich die Ertragssituation deutlich  positiver entwickelt habe als ursprünglich erwartet. Insofern seien für das Jahr 2007, basierend auf einem Hebesatz von 46,5 Punkten, rd. 20 Mio. Euro geplant. Er wies besonders darauf hin, dass die Abwicklung der Altdefizite des Kreises noch nicht berücksichtigt worden sei, weil bezüg­lich der Methodik und Verfahrensweisen noch Klärungsbedarf bestehe.

 

Gewerbesteuer

Der Ansatz 2006 von 11,8 Mio. Euro sei durch die sehr gute Entwicklung im zweiten Halbjahr 2006 bereits um rd. 200.000 Euro übertroffen worden. Für 2007 erwarte man 12,5 Mio. Euro an Gewerbesteuererträgen.

 

Kreditaufnahmen

In 2007 werde mit 7,9 Mio. Euro noch eine relativ hohe Neuverschuldung geplant, weil bereits begonnene Maßnahmen fortgesetzt bzw. unaufschiebbare Maßnahmen durchzuführen seien. Beispielhaft verwies er auf die Sanierung der Innenstadt, der Königstraße und des Quartiers Im Roten Busch. Ab 2008 greife dann die Verschiebung von Investitionen. Dadurch könne auf Kreditaufnahmen fast vollständig verzichtet werden. Allerdings baue man einen Investitionsstau für die Jahre nach 2010 auf. Der aktuelle Schuldenstand belaufe sich auf 40,3 Mio. Euro. Noch offen seien in 2006 Kreditermächtigungen in Höhe von 1,7 Mio. Euro.

 

Zinsaufwendungen

Bei leicht ansteigender Tendenz des Zinsniveaus erwarte man eine Erhöhung von 2,7 Mio. Euro in 2006 bis auf 4,2 Mio. Euro bis 2010.

 

Abschreibungen

Setze man gegen die Abschreibung in Höhe von 10,5 Mio. Euro die Erträge aus der Auflösung von Sonderposten von 6 Mio. Euro, ergebe sich ein vertretbares Defizit. Insbesondere benötige man keine weiteren Kassenkredite.

 

Herr Baudrexl resümierte, dass die Haushaltsplanung 2007 mit dem Risiko der weiteren wirt­schaftlichen Entwicklung und der damit verbundenen Steuereinnahmen behaftet sei. Ob die viel diskutierte Anhebung der Mehrwertsteuer den Konjunkturaufschwung tatsächlich bremsen könne, sei abzuwarten. Deshalb werde man nicht von der Verpflichtung entbunden, weitere Konsolidierungspotenziale zu erarbeiten.

 

Abschließend skizzierte er kurz die Gebührenhaushalte (S. 6 bis 9 des Eckdatenpapiers).

 

Märkte

Vorzuschlagen sei eine Gebührenanhebung von 10,6 %. Gebührenbedarfsmindernd werde der höhere Aufwand und Mindererlöse im Zuge der Innenstadtsanierung berücksichtigt. Die Gebühren seien zuletzt in 2003 angehoben worden; seitdem aber zweimal gesenkt worden.

 

Rettungsdienst

Eine Senkung von 2,8 % werde vorgeschlagen.

 

Bestattungswesen

Eine Gebührenanhebung um 5 % sei unvermeidbar. Das resultiere u.a. im Wesentlichen aus der Unterdeckung der Betriebsabrechnung 2005, die zu 50 % vorgetragen werde. Zu berücksich­tigen sei, dass es nur durch organisatorische Änderungen gelungen sei, die Personalauf-wendungen um 42.000 Euro zu senken und so eine noch höhere Anhebung der Gebührensätze zu vermeiden. Im Jahr 2001 seien die Gebühren zuletzt angepasst worden.

 

Abwasser

Der Gebührenbedarf steige um 0,72 %. Die Lippeverbandsumlage erhöhe sich im kommenden Jahr um lediglich 80.000 Euro. Dennoch ergebe sich aus veränderten Veranschlagungsmengen (Frischwasser, Schmutzwasser) der dargestellte Anpassungsbedarf.

 

Abfall

Trotz der durch Ausschreibung erzielten günstigen Abfuhrkosten sei eine Gebührensenkung nicht darstellbar. Wesentliche Ursachen dafür seien u.a. Unterdeckungen aus dem Jahr 2005 und ein erheblicher Anstieg der Kreiseinheitsgebühr. Der Anteil der Kosten des Einsammelns und Beförderns an dem Gesamtgebührenhaushalt betrage im Übrigen lediglich 14 %. Im Ergebnis habe das zu den dargestellten Anhebungen bei den Rest- bzw. Biomüllgefäßen geführt.

 

Straßenreinigung und Winterdienst

Zu den berechneten Gebührenanhebungen habe – so Herr Baudrexl weiter – eine Unter­deckung aus der Betriebsabrechnung 2005 geführt, die aufgrund erhöhten Personalaufwands u.a. wegen intensiverer Winterwartung, erhöhten Reinigungsaufwandes im Bereich von Bushaltestellen oder massiverer Laubbeseitigung entstanden sei.

 

Daraus ergibt sich nach Mitteilung von Herrn Baudrexl für den Kamener Musterhaushalt eine vergleichsweise moderate Mehrbelastung von insgesamt 16,62 Euro pro Jahr bzw. 1,39 Euro monatlich (Kanalgebühren A = plus 8 Euro für 160 L Frischwasser / Regenwasser = Entlastung um 3,96 Euro / Müllgebühren 80 L Gefäß Restmüll = neutral / Biomüll 80 L Gefäß = plus 4 Euro / Straßenreinigungsgebühren bei einer Frontlänge von 22 Metern = Mehrbelastung von 8,58 Euro).