Beschluss:

 

1.      Der Rat stimmt der Gründung einer 100%-igen Tochtergesellschaft durch die Verkehrs­gesellschaft Kreis Unna mbH (VKU) zu.

2.      Der Vertreter der Stadt Kamen in der Gesellschafterversammlung der VKU wird ermäch­tigt, alle zur Gründung der VKU-Verkehrsdienst GmbH erforderlichen Beschlüsse herbei­zuführen und alle erforderlichen Erklärungen abzugeben und zweckdienliche Vereinba­rungen zu treffen.


Abstimmungsergebnis: bei 2 Enthaltungen und 3 Gegenstimmen mit Mehrheit angenommen


Herr Hasler fragte im Hinblick auf die Zielsetzung, u.a. flexibler am Markt agieren zu können, an, ob es Ziel sei, den momentanen Personal- und Busbestand zu halten oder ggf. Kosten­senkung durch Fremdvergaben herbeizuführen.

 

Herr Baudrexl wies zunächst auf die angespannte Situation der VKU hin. Zum einen hätten alle kreisangehörigen Kommunen erhebliche Schwierigkeiten, die Verlustabdeckungen im Haushalt abzubilden. Aus dieser Finanznot heraus werde der Druck auf die VKU, die Ver­luste zu senken, immer größer. Zur Verlustabgrenzung beigetragen habe das Konzept der geänderten Schulanfangszeiten. Ein weiteres Thema für die VKU seien die rechtlichen Veränderungen auf der EU-Ebene. Man müsse sich mittelfristig darauf einstellen, dass Konzessionen und Linien im freien Wettbewerb ausgeschrieben werden müssen. Die VKU müsse sich somit den Problemen der Begrenzung der Verluste und der Wettbewerbsfähig­keit stellen. Insofern habe es ein umfassendes Restrukturierungskonzept gegeben, das vom Aufsichtsrat und Kreistag beschlossen sei. Es sei gelungen, auch sehr konstruktiv mit dem Betriebsrat zu vereinbaren, dass zukünftig bei der VKU ein anderes Tarifwerk angewandt wird. Dies gelte nicht nur für die neu zu gründende Tochter, sondern für die VKU insgesamt, allerdings mit der Maßgabe, dass das Regelwerk sukzessive und nicht an einem Stichtag gelte. Darüber hinaus gebe es noch eine Vielzahl anderer Restrukturierungsmaßnahmen. Die Gründung der Tochtergesellschaft sei auch insofern wichtig, als das Ziel der Verlust­reduzierung trotz der Restrukturierungsmaßnahmen möglicherweise dennoch nicht erreicht werden könne. Es werde nicht gelingen, die sogenannte Anmietquote noch höher zu gestalten. Im Rahmen der Überleitung des neuen Tarifvertrages habe der Tarifvertrags­partner vielmehr eine sehr deutliche Absenkung der Anmietquote gefordert. Dies hätte einen gegenteiligen Effekt für die VKU bedeutet, da man nicht in der Lage gewesen wäre, dem heutigen Umfang entsprechend noch Fremdunternehmen anzumieten und Spitzen, z.B. im Bereich der Schülerverkehre, abzufedern. Der gefundene Abschluss halte in etwa die bis­herige Anmietquote aufrecht.

 

Herr Wiedemann legte dar, dass die Gründung der Tochtergesellschaft Teil des Restruktu­rierungskonzeptes sei mit dem Ziel, den Zuschussbedarf der VKU zu senken oder zumindest nicht noch zu erhöhen. Die Gründung der Tochtergesellschaft sei notwendig, um die Wett­bewerbsfähigkeit der VKU zu erhalten. Es gehe nicht um die Zahlung von niedrigeren Stundenlöhnen an neu einzustellende Busfahrer, sondern um den Wegfall von Zusatz­leistungen. Wichtig sei, dass kein bereits beschäftigter Busfahrer in die neue Gesellschaft wechseln müsse. Im Gegenteil würden die vorhandenen Arbeitsplätze durch die Einspar­bemühungen gesichert. Fakt sei, dass das Defizit der VKU reduziert und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit vor dem Hintergrund des liberalisierten europäischen Marktes erhalten werden müsse. Die Monopolstellung der öffentlichen Verkehrsunternehmen werde nicht bestehen bleiben. Neue Linien würden im Rahmen des Wettbewerbs auszuschreiben sein und nicht mehr automatisch den öffentlichen Verkehrsunternehmen zugewiesen. Die SPD-Fraktion stimme daher dem Beschlussvorschlag zu.

 

Herr Grosch erklärte, dass er die Stellungnahme der Gewerkschaft inhaltlich voll mittrage und den Beschlussvorschlag daher ablehne. Die Gesellschaft werde gegründet, um ein Lohndumping für neue Busfahrer einführen zu können. Seit 1995 gebe es bereits 2 ver­schiedene Löhne für gleiche Tätigkeiten bei der VKU und werde dann zukünftig auf 3 erhöht. Die öffentliche Sanierung gehe wieder zu Lasten der Beschäftigten. Außerdem gebe es hinsichtlich der Änderung der Wettbewerbsfähigkeit bisher nur Einschätzungen. Nach den Gerichtsurteilen sei nicht ausgeschlossen, zukünftig einen öffentlichen Nahverkehr beizu­behalten. Für die GAL gehöre öffentlicher Nahverkehr zur staatlichen Daseinsvorsorge.

 

Es werde selbstverständlich gesehen, welche Bedeutung geänderte Tarifverträge für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eines Unternehmens haben können, betonte Herr Baudrexl. Es gehe hier aber nicht darum, nur von einem Tarifvertrag in einen neuen zu wechseln. Man müsse sich ernsthaft mit der Frage beschäftigen, welche Auswirkungen das neue EU-Recht haben wird. In der Bundesrepublik und anderen EU-Ländern leiteten bereits viele öffentlich-rechtliche Unternehmen Restrukturierungsmaßnahmen ein. Der Grund hierfür seien eben die verschiedenen Tarife, wenn man sehe, zu welchem Tarif private Unternehmen bzw. auch europäische Großkonzerne fahren. Es gebe auch die Meinung von Experten, wonach der jetzt vereinbarte Tarifvertrag für eine künftige Wettbewerbsfähigkeit möglicherweise noch nicht ausreichend sei. Ohne Sicherstellung der Wettbewerbsfähigkeit könne man die Arbeits­plätze auf Dauer vielleicht nicht erhalten.

 

Die FDP-Fraktion halte die Umstrukturierung für nicht weitgehend genug und lehne den Beschlussvorschlag aus diesem Grunde ab, sagte Herr Bremmer. Nach Auffassung seiner Fraktion sollte die VKU insbesondere im Bereich der Verwaltung noch mehr sparen.

 

Die Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN stimme dem Beschlussvorschlag zu, machte Herr Kaminski deutlich. Die Gründung der Tochtergesellschaft und die eingeleiteten Restruk­turierungsmaßnahmen seien der richtige Weg, um auf Dauer die VKU und die Arbeitsplätze erhalten zu können. Dennoch dürfe die Einsparung nicht nur zu Lasten der Beschäftigten gehen. In erster Linie müsse auch eine zeitgemäße nachhaltige Energiepolitik betrieben werden. Es bedürfe einer Vielzahl von Maßnahmen, um wirklich die Kosten zu reduzieren.

 

Herr Hasler fragte an, ob durch die Liberalisierung das Risiko bestehe, dass bei Ausschrei­bungen die gewinnbringenden Strecken an private Unternehmer entfielen und die kosten­intensiven Strecken weiter von den öffentlichen Unternehmen abgedeckt werden müssen. Dies würde bedeuten, dass sich der Zuschussbedarf auf Dauer noch erhöhen könnte.

 

Diese Frage sei zur Zeit ein vieldiskutiertes Thema, antwortete Herr Baudrexl, und lasse eine seriöse Antwort noch nicht zu. Vor dem Hintergrund der Liberalisierung müsse darauf geachtet werden, dass diese Situation nicht eintreten kann. Im Übrigen habe die VKU im Rahmen der Ausschreibung für die neue Schnellbuslinie von Bergkamen nach Dortmund bei ihrer Kalkulation den neuen Tarifvertrag zugrunde gelegt und das kostengünstigste Angebot abgegeben. Das mache deutlich, dass die Restrukturierungsmaßnahmen wichtig und erfolg­reich seien. Im Hinblick auf die gesamten Restrukturierungsmaßnahmen mache die Ände­rung des Tarifvertrages aber nur etwa ein Drittel aus. Zwei Drittel würden in anderen Bereichen erwirtschaftet. Insofern handele es sich nicht um einen einseitigen Beitrag der Beschäftigten.

 

Herr Kissing führte aus, dass bei der Neuordnung des Marktes die Eigenwirtschaftlichkeit von großer Bedeutung sei. Um auf dem Vergabemarkt mithalten zu können, müssten die Verkehrsunternehmen öffentlich-rechtlicher Natur ihre Wirtschaftlichkeit nachweisen können. Auch aus diesem Grunde sei die Gründung der Tochtergesellschaft notwendig. Durch die Möglichkeit, auch Subunternehmen einsetzen zu können, fahre man im Prinzip zweigleisig.

 

In diesem Zusammenhang sei auch wichtig festzustellen, dass die Mitarbeiter der VKU bereits ihren Beitrag für das Unternehmen geleistet haben. Der Kreis Unna sei aber der Beauftragter von Linien, so dass es auch Aufgabe der Politik sein müsse, auf der Seite des Aufwandes gleichermaßen entgegenzuwirken. Deutlicher als bisher müsse darüber nachge­dacht werden, welches Leistungsspektrum der VKU abverlangt werde. Der Kreis Unna müsse stärker in die Verantwortung genommen werden.

 

Herr Grosch sah die niedrigen Löhne als einzigen Grund für die Gründung der Tochter­gesellschaft an. Alle anderen Prozesse ließen sich auch in der bisherigen Unternehmens­form realisieren.

 

Herr Frey stellte die Frage, ob durch Gründung der Tochtergesellschaft nachhaltig der Zuschussbedarf der Stadt Kamen für die VKU gesenkt werde.

 

Letztlich müsse immer der Verlust der VKU insgesamt, also einschließlich der Tochtergesell­schaft, ausgeglichen werden, erläuterte Herr Baudrexl. Im Vergleich zum Jahr 2004 weise der Wirtschaftplan 2005 auf Basis der Planzahlen einen um 400.000,00 € höheren Verlust aus, obwohl bereits ein Effekt aus Restrukturierungsmaßnahmen greife. Diese Entwicklung sei im Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass die Zuschüsse des Landes im Bereich des Personenbeförderungsgesetzes deutlich zurückgingen und auf erhöhte Kosten für Diesel­kraftstoffe. Unter dem Gesichtspunkt von Konsolidierung kommunaler Haushalte werde deutlich, wie wichtig der Restrukturierungsprozess sei, da es trotz Restrukturierung nicht gelinge, die Verluste auf dem Vorjahresniveau zu halten.

 

Herr Kühnapfel wies darauf hin, dass der Betriebsrat und die Mitarbeiter den neuen Rege­lungen zugestimmt haben. Lediglich die Gewerkschaft halte aus eigenem Interesse die Gründung der VKU-Verkehrsdienst GmbH weder für sinnvoll noch für wirtschaftlich vertret­bar. Seine Fraktion sehe den Erhalt der VKU und die Sicherung der Arbeitsplätze als vorran­giges Ziel an.

 

Herr Grosch hielt den Ausführungen von Herrn Kühnapfel entgegen, dass der Betriebsrat die derzeit Beschäftigten vertrete, die von dem neuen Tarif nicht betroffen seien. Der Stellungnahme der Gewerkschaft dürfe kein Eigeninteresse unterstellt werden.

 

Der neue Tarifvertrag gelte ab sofort für einzustellende Mitarbeiter der neu zu gründenden Gesellschaft, stellte Herr Baudrexl richtig, und werde sukzessive aber auch bei der VKU angewandt. Zum Ausgleich gebe es eine Unternehmensvereinbarung, wonach u.a. bis zum Jahr 2009 auf betriebsbedingte Kündigungen verzichtet werde.