Sitzung: 12.05.2016 Rat der Stadt Kamen
Vorlage: 047/2016
Beschluss:
Die Vertreter der Stadt Kamen werden
beauftragt, in der Gesellschafterversammlung wie nachstehend aufgeführt
abzustimmen:
1.
Der Jahresabschluss der Kamener
Betriebsführungsgesellschaft mbH zum 31.12.2015 wird in der vorgelegten Form
festgestellt.
2.
Der Lagebericht wird genehmigt.
3.
Der Jahresfehlbetrag in Höhe von 354.456,21 € wird
von der Stadt Kamen ausgeglichen.
Abstimmungsergebnis: bei 2 Enthaltungen und 12 Gegenstimmen mehrheitlich angenommen
Herr Tost nahm eine Pressemitteilung der
letzten Woche zum Anlass, um einen kurzen Überblick über die Entwicklung der
Forderungen gegenüber den Restaurantpächtern zu geben. 1994 seien im Haupt- und
Finanzausschuss die notwendigen Umbaukosten im Bereich der Gastronomie
festgestellt worden. Die Zuständigkeit für den Umbau habe damals bei der
Eigentümerin (hier: Stadt Kamen) gelegen. Die Umbauten hätten der
Attraktivierung und der Gewährleistung eines reibungslosen Gastronomieablaufes gedient.
Einige Anteile der Umbaukosten habe damals der Pächter übernommen. Im April
2000 seien weitere Investitionen im Gastronomiebereich getätigt worden. Im
Oktober 2000 habe es einen Pächterwechsel gegeben. Der neue Pächter habe sich
anteilig an den Umbaukosten beteiligt. Im Februar 2004 habe ein erneuter
Pächterwechsel stattgefunden. Im April 2004 und September 2005 hätte die
Geschäftsführung der KBG in Verhandlungen mit dem neuen Pächter erreicht, dass
dieser in die offenen Forderungen eingetreten sei. Gleichzeitig sei eine neue
Investition im Küchenbereich durchgeführt worden. Die Pachtverträge und die
Verhandlungen stünden nicht im Zusammenhang. Im Oktober 2010 habe ein weiterer
Pächterwechsel stattgefunden und erneut habe die Geschäftsführung der KBG im
Januar 2011 erreicht, dass der neue Pächter in die offenen Forderungen
eingetreten sei. Herr Tost wies darauf hin, dass in der Vergangenheit mehrfach
im Aufsichtsrat der KBG über die Darlehnsabwicklung berichtet worden sei.
Im März
2015 habe die KBG den Pachtvertrag gekündigt. Zu diesem Zeitpunkt hätten Pachtrückstände
für 4 Monate bestanden. Trotz Absprache sei keine Bereitschaft zur Rückzahlung gezeigt
worden.
Spätestens
mit dem Testatexemplar zum Wirtschaftsjahr 2014 (vorgelegt und veröffentlicht
im Frühjahr/Sommer 2015) sei öffentlich die Kündigung des Pachtvertrages bekannt
worden. Weiter sei erklärt worden, dass vorsorglich die Forderungen aus dem
laufenden Geschäft in eine zweifelhafte Forderung umgebucht worden sei. Dies sei
für jeden nachlesbar gewesen. Mit keinem Wort sei von Miet- oder Pachtschulden
gesprochen worden. Daher stelle sich die Frage, welche Interpretationsabsicht
hinter dem Presseartikel gestanden hätte. Insofern Leserbriefe provoziert
werden sollten, sei das Ziel erreicht worden. Herr Tost erläuterte, dass durch
die Kündigung kurz vor der Prüfungsphase, die Wirtschaftsprüfer die bis zum
Zeitpunkt der Kündigung werthaltigen Forderungen in eine sogenannte
zweifelhafte Forderung umgebucht und somit eine Wertberichtigung vorgenommen
hätten. Dies sei erfolgt, weil durch die Auflösung des Pachtvertrages die
Rückzahlung nicht mehr vollständig gesichert gewesen sei; wie oben erwähnt sei
die Rückzahlungsvereinbarung nicht eingehalten worden.
Erst im
September 2015 sei ein Insolvenzantrag gestellt worden, weshalb mit dem Jahresabschluss
zum 31.12.2015 eine gänzliche Wertberichtigung vorgenommen und der Jahresabschluss
somit um 39.000 € wertberichtigt worden sei. Der ursprüngliche
Darlehnsbetrag in Höhe von 83.000 € wäre zu Lasten der KBG gegangen, hätte die
Geschäftsleitung in 2005 und 2010 nicht die Übernahme der offenen Forderungen
aus der Vergangenheit erreicht.
Zu den
Zahlen im Jahresabschluss berichtete er, dass im Wirtschaftsjahr 2014 mit
464.700 € abgeschlossen worden sei. Der Wirtschaftsplan 2015 habe einen
Zuschussbedarf von 468.000 € aufgezeigt. Das Ergebnis nach Wirtschaftsprüfung
betrage nun 354.500 €. Dies sei eine Verbesserung um ca. 113.000 €. Gründe für
diese Verbesserung seien stärkere Umsatzerlöse, insbesondere im Getränke- und
Speiseumsatz sowie Einsparungen bei Gehältern. Dagegen stünden Negativeffekte,
wie die oben genannte Wertberichtigung oder die Nachzahlung an die
Rentenversicherung.
Er
berichtete, dass die Gesellschafterversammlung Frau Jubitz und Herrn Dreher als
neue Geschäftsführer bestellt habe, womit weitere Kontinuität in die
Gesellschaft gebracht werden solle.
Herr Krause war erfreut über das gute
Jahresergebnis, es sei das beste Ergebnis seit mehr als 10 Jahren. Der
Jahresabschluss sei testiert und mit einem uneingeschränkten Bestätigungsvermerk
versehen. Gründe für das gute Ergebnis seien u.a. die Umsatzsteigerungen. Er
dankte den Mitarbeitern der KBG. Die getroffenen Personalentscheidungen seien
positiv. Er wünschte den neuen Geschäftsführern eine glückliche Hand und viel
Erfolg. Die SPD-Fraktion werde dem Beschlussvorschlag zustimmen.
Herr Eisenhardt verlas für die CDU-Fraktion
eine Erklärung zum Protokoll. Diese ist der Niederschrift beigefügt.
Der Bürgermeister nahm Bezug auf die
Erklärung und merkte erstens an, dass zwischen der Art der Informationsübermittlung
und dem Recht auf Information dem Grunde nach zu unterscheiden sei. Zweitens
habe der Rat sich im Jahre 2004 bewusst entschieden, eine GmbH zu gründen.
Diese unterliege dem Gesellschaftsrecht, deren Bestimmungen vollinhaltlich
beachtet würden. Die Ratsmitglieder hätten in der Gesellschafterversammlung das
Recht, den Wirtschaftsprüfern jederzeit Fragen zu stellen. Drittens erklärte
er, dass das zitierte OVG-Urteil mit dem Sachverhalt in diesem Fall nicht zu
vergleichen sei. Der CDU-Fraktion würden der Prüfbericht, das Testatexemplar
und die Beratungsergebnisse der Gesellschafterversammlung vom 09.03.2016
vorliegen.
Somit sei
in Summe der Vorwurf, der CDU-Fraktion würden Informationsmöglichkeiten
genommen, unwahr und gehe fehl.
Frau Scharrenbach zeigte auf, dass sich die
Umsatzrentabilität 1 verbessert habe, die Marge steigen würde und der
Personalaufwand um 20.000 € gesunken sei. Daher sei mit weniger Personal, mit
verbessertem Materialeinsatz mehr Umsatz erzeugt worden. Daran sei zu erkennen,
dass in den letzten Jahren eine Misswirtschaft betrieben worden sei. Denn die
Werte seien im Gegensatz zum Vorjahr sehr auffällig und dem Grunde nach nicht
nachvollziehbar. Sie wies darauf hin, dass benötigte Unterhaltungs- und
Instandhaltungsaufwendungen um 17.000 € gekürzt worden seien. Weiter sei
Vermögen in Höhe von 15.000 € verbraucht worden. Die Nachzahlung der
Sozialabgaben in 2015 sei mit 41% sehr hoch, eine Erläuterung hierzu habe es
nicht gegeben. Bei der Werbung seien aufgrund einer Vertragsauflösung 37.000 €
eingespart worden. Sie kritisierte, dass die Neustrukturierung des Personals
nur zu Verschiebungen und Intransparenz führe. Sie habe zahlreiche Fragen zum
Prüfungsbericht, die nur die Wirtschaftsprüfer beantworten könnten. Offen sei
weiterhin auch die Frage zur EU-Beihilfeprüfung. Abschließend erinnerte sie
daran, dass die CDU-Fraktion die Stadt durch die Sozialabgabenprüfung vor
einem Schaden in Höhe von 30.000 € bewahrt habe. Sie fragte nach, ob der
vorgelegte Jahresabschluss zum Anlass genommen werde, um eine Sonderprüfung
über die vergangenen Geschäftsjahre zu initiieren.
Herr Tost machte deutlich, dass die Fragen
und Anmerkungen von Frau Scharrenbach in die Gesellschafterversammlung gehören,
da sie nichtöffentlich seien. Für Investitionsmaßnahmen sei größten Teils die
Stadt Kamen verantwortlich. Dies erläuterte er anhand der neuen Beleuchtung in
der Stadthalle. Bei der Werbung werde zukünftig auf die Radiospots verzichtet,
da sie für die Kundengewinnung nicht relevant seien. Hinsichtlich der
Unterstellung zur Personalverschiebung und Intransparenz verwies er auf die
bereits zahlreichen kontrovers geführten Diskussionen der letzten Jahre.
Herr Stalz war erfreut über die deutliche
Reduzierung des Jahresfehlbetrages. Da die Fraktion FW/FDP nicht in der
Gesellschafterversammlung vertreten sei, stellen sich ihm noch ein paar Fragen
zum Jahresabschluss, warum zum Beispiel die Umsatzerlöse um 40 % höher seien
als geplant, wenn doch die Besucherzahl gesunken sei. Weiter fragte er, warum
der Planansatz des Fehlbetrages trotz des Jahresergebnisses um 100.000 €
angehoben worden sei. Er zitierte aus dem Lagebericht der Geschäftsführung.
Der Bürgermeister erinnerte daran, dass er
den Fraktionen, die nicht in der Gesellschafterversammlung vertreten seien,
jederzeit Gespräche zu den Hintergründen angeboten habe.
Herr Tost erläuterte, dass bei der
Aufstellung des Wirtschaftsplanes das Ergebnis für 2015 nicht bekannt gewesen
sei. Die Prognose sei anhand einer Zeitreihenplanung und der vorhandenen Daten
aufgestellt worden. Bei den Umsatzerlösen müsse man zwischen dem erwarteten und
tatsächlichen Umsatz unterscheiden.
Herr Heidler wies die Vorwürfe und
Unterstellungen der CDU-Fraktion entschieden zurück. Er betonte, dass der
Jahresabschluss von den Wirtschaftsprüfern mit einem uneingeschränkten
Bestätigungsvermerk versehen worden sei.
Herr Diederichs-Späh merkte an, dass die
D&O-Versicherung zwar bekannt sei, er sie aber noch nie gesehen hätte.
Weiter sei ihm nicht bekannt gewesen, dass die Tätigkeiten von Herrn Bierkemper
mit einem Anteil von 25 % bei der Stadtverwaltung veranschlagt seien. Des
Weiteren bat er um die Offenlegung weiterer Verträge. Auch er fragte, ob
aufgrund des operativen Ergebnisses eine Sonderprüfung veranlasst werden könne.
Frau Schaumann kritisierte, dass Preise von
Veranstaltungen nicht richtig kalkuliert worden seien. Somit seien
Veranstaltungen nicht kostendeckend und sollten demnach auch nicht durchgeführt
werden. Sie sei irritiert darüber, dass Diskussionen über die Stadthalle generell
als geschäftsschädigend bezeichnet werden. Als Ratsmitglied sei man den
Bürgern gegenüber verpflichtet, Verlustübernahmen zu erläutern.
Herr Tost entgegnete, dass sachliche und
qualifizierte Diskussionen erwünscht seien. Geschäftsschädigend seien u.a.
Unterstellungen gegenüber dem ehemaligen Geschäftsführer.
Zu der
Ausführung von Herrn Heidler entgegnete Herr Eisenhardt, dass der Rat ein Diskussionsgremium darstelle und
dadurch unterschiedliche Meinungen vertreten würden. Fakt sei, dass die
SPD-Fraktion Verwaltungshandeln decken würde. Ein Beispiel dafür sei die
Nichtabsetzung der Tagesordnungspunkte 4 und 5.
Weiter
erläuterte er, dass ein uneingeschränkter Bestätigungsvermerk die
kaufmännischen Buchungen bestätige, nicht aber ob eine Gesellschaft gut geführt
werde. Dieser Vermerk veranlasse seine Fraktion nicht, dem Jahresabschluss
zuzustimmen.
Herr Tost zitierte aus dem Jahresabschluss
den Umfang des Bestätigungsvermerks. Er zeigte sich verwundert über die Forderung,
eine Police den Mitgliedern schriftlich vorzulegen, obwohl sie bestätigt und
bekannt sei. Er berichtete, dass die Verträge aufgearbeitet und der
Gesellschaft vorlegt würden. Für eine Sonderprüfung gebe es keinen Anlass.
Herr Grosch bemängelte, dass das
Gesellschaftsrecht über das Informationsrecht der Ratsmitglieder gestellt
werde. Er fragte nach, wie hoch die Summe der Forderungen durch die
Pächterwechsel insgesamt gewesen sei. Weiter fragte er, wo die einmaligen
Effekte in der Gewinn- und Verlustrechnung der KBG zu finden seien.
Herr Tost bot Herrn Grosch an, diese
Thematik, insbesondere zu den Forderungen, in einem persönlichen Gespräch zu
erörtern. Die Einmaleffekte gehörten zu den sonstigen betrieblichen
Aufwendungen.
Herr Heidler nahm Stellung zu den Ausführungen
von Herrn Eisenhardt, dass ein Wirtschaftsprüfer nicht beurteilen könne, ob
die Geschäftsführung gut arbeite.
Herr Stalz bedankte sich für das Angebot
eines persönlichen Gespräches. Er fragte, ob zukünftig das Niveau von 2015 zu halten
sei.
Der Bürgermeister antwortete, dass die
Wirtschaftsplanzahl mit äußerster prognostischer Vorsicht gebildet worden sei.
Herr Diederichs-Späh stellte klar, dass ihm
eine Liste über einige Verträge vorgelegen habe, allerdings nur in Höhe von insgesamt
ca. 31.000 €.
Herr Tost entgegnete, dass es sich hier um
Einzelverträge handele und weitere Verträge in der Gesellschafterversammlung
offengelegt würden.
Frau Scharrenbach verdeutlichte, dass viele
Fragen nicht die Verwaltung sondern nur der Wirtschaftsprüfer beantworten
könne. Weiter erläuterte sie die Prüfung der ordnungsgemäßen Geschäftsführung
anhand eines Fragenkataloges. Abschließend beantragte sie vor dem Hintergrund
der persönlichen Haftbarkeit jedes Ratsmitgliedes, über die Feststellung des
Jahresabschlusses der KBG namentlich abzustimmen.
Herr Krause schloss sich den Ausführungen
von Herrn Heidler und Herrn Tost an. Auch er sehe keinen Anlass für eine
Sonderprüfung.
Für die
SPD-Fraktion beantragte Herr Heidler
eine geheime Abstimmung über den Jahresabschluss der KBG.
Auch Herr Stalz hielt eine Sonderprüfung für
sinnlos.
Der Bürgermeister erläuterte, dass der
Antrag auf geheime Abstimmung gegenüber einem Antrag auf namentlichen
Abstimmung Vorrang habe.
Herr Grosch erinnerte an die letzte geheime
Abstimmung, die er als Farce empfunden habe.
Beschluss:
Der Rat
der Stadt Kamen beschließt, über den Tagesordnungspunkt „Jahresabschluss der
Kamener Betriebsführungsgesellschaft mbH zum 31.12.2015“ geheim abzustimmen.
Abstimmungsergebnis: bei 6 Enthaltungen und 2
Gegenstimmen mehrheitlich angenommen
Es wurde
eine Zählkommission mit Beteiligung aller Fraktionen gebildet, dem Frau
Heidler, Frau Schaumann und die Herren Lütschen, Heuchel und Eisenhardt
angehörten.
Sodann
wurden die Stimmzettel verteilt und die Abstimmung in geheimer Abstimmung durchgeführt.
Die
Auszählung der Stimmzettel ergab, dass von 40 abgegebenen gültigen Stimmen 26
Ja-Stimmen, 12 Nein-Stimmen und 2 Enthaltungen auf den Beschlussvorschlag entfielen.
Damit ergibt sich folgendes Ergebnis: