Herr Tost gab einen kurzen Überblick über den bisherigen Ablauf. Seit Anfang 2000 sei die WestLB ein kommunaler Partner bei Beratungsleistungen im Kreditgeschäft. Auch Mitarbeiter der örtlichen Sparkasse haben an den Beratungen durch die WestLB teilgenommen. Im Jahr 2002 seien die ersten Abschlüsse derivater Finanzgeschäfte abgewickelt worden. In dieser Zeit verschlechterte sich die finanzielle Lage der Kommunen zunehmend. Steigendende Investitionskredite, aber insbesondere Liquiditätsdarlehen seien die Folge gewesen. Die Zinsen und die Zinsbelastung der Kommune stiegen zunehmend und habe die Verwaltung gezwungen, verstärkt Kontakt mit den Banken zu halten. Daraufhin haben die Banken Zinssicherungsgeschäfte auf Grundlage des bestehenden Schuldenportfolios angeboten. Den Weg bereiten ihnen die Aufforderung des Innenministeriums, der GPA und der Aufsichtsbehörde, sich derivaten Finanzgeschäften zu öffnen. Somit hatten ca. 300 Kommunen Derivatgeschäfte mit der WestLB abgeschlossen. Im Jahr 2006 wurden seitens der Stadt und der SEK derivate Finanzgeschäfte abgeschlossen, die später Gegenstand der Klagen seien. 2007 seien erste Diskussionen über ungünstige Entwicklungen einzelner Derivate bekannt geworden. Dies führte zur Auflösung der bestehenden Derivate durch Einbindung in andere Derviate, sogenannte streitgegenständliche Derivate. 2009 habe Kamen die negative Entwicklung erreicht. Restruktierungen der Geschäfte seien durch die WestLB angeboten und umgesetzt worden, um so mögliche Zahlungsverpflichtungen zu vermeiden. 2011/2012 seien die Zahlungen an die WestLB eingestellt worden. Am 16.05.2012 habe die Verwaltung Klage erhoben und am 02.08.2013 gab es das erste Urteil vom Landgericht Dortmund. Am 27.09.2013 wurde seitens der Stadt Kamen Berufung beim OLG Hamm eingelegt.

Am 21.12.2015 verkündete das OLG Hamm das Urteil zwischen der EAA gegen die Stadt Höxter. In diesem Urteil wurde der ehemaligen WestLB Falschberatung an der Stadt Höxter bescheinigt, allerdings konnte kein Vorsatz bewiesen werden. Dies führte zur Anwendung der kurzen Verjährungsfrist von 3 Jahren nach Vertragsabschluss im Rahmen des Wertpapierhandelsgesetzes. Diese kurze Verjährungsfrist habe der Gesetzgeber 2009 aufgrund der „flächendeckenden Beratungs- und Verkaufsaktivität der Banken“ durch das „Gesetz zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse bei Schuldenverschreibungen aus Gesamtemissionen und zur verbesserten Durchsetzbarkeit von Ansprüchen von Anlegern aus Falschberatung“ aufgehoben. Die Begründung sei u.a., dass die Anleger im Fall einer fehlerhaften Beratung ihre Ansprüche leichter durchsetzen können. Für Kamen kam dies leider 3 Jahre zu spät. Dieses Urteil habe dazu geführt, dass die EAA über die Anwaltskanzlei Rössner auch Kamen Vergleichsgespräche angetragen habe. Hierzu habe am 22.12.2015 ein erstes intensives Telefonat mit den Rössner Anwälten stattgefunden. Am 11.02.2016 erreichte die Verwaltung ein erster Entwurf einer Vergleichsvereinbarung der EAA. Diese wurde in mehreren Gesprächen und Dokumentaustauschen intensiv überprüft, so dass am 19.02.2016 eine Fassung vorlag, die für die Verteilung an die Ratsmitglieder genutzt wurde. Am 22.02.2016 wurde der Ältestenrat über die Inhalte und die geplante Beratungsabläufe informiert. Am 25.02.2016 wurde dem Rat die heute zur Beratung anstehende Version übersandt. Aus der Klageschrift sei bekannt, dass heute noch drei Derivate „streitgegenständlich“ seien.

 

Herr Kemna fragte nach, in welcher Form die Zinsgeschäfte zustande kamen, wann und durch wessen Beteiligung sie neu ausgehandelt wurden. Er erinnerte an damalige Rats- und Ausschusssitzungen und dessen Beratungen. Risiken seien zu sehr ausgeblendet worden. Seines Erachtens handelte es sich hier auch nicht um Geschäfte der laufenden Verwaltung. Er fragte, ob Verluste über die D&O-Versicherung abgedeckt werden könnten. Weiterhin fehle ihm eine Übersicht über die Marktwerte der Swaps. Daher werde die CDU-Fraktion zum jetzigen Zeitpunkt einen Vergleich nicht unterstützen.

 

Der Bürgermeister antwortete, dass er keine D&O-Versicherung habe.

 

Herr Tost ergänzte, dass die Geschäfte 2006 im Rahmen der Beratungen über die Klage abgeschlossen wurden. Zu den Ausführungen von Herrn Kemna hinsichtlich der Diskussionen in den Fachausschüssen wies er darauf hin, dass diese einvernehmlich zustimmend zur Kenntnis genommen wurden. Durch die Änderung der Hauptsatzung 2004/2005 im Rahmen der NKF-Einführung habe der Rat der Verwaltung umfangreiche Kompetenz zugestanden und dazu gehörte auch die Aufnahme von Krediten im Rahmen der Haushaltssatzung sowie eine Umschuldung im Sinne der Zinssicherung. Somit handelte es sich sehr wohl um Geschäfte der laufenden Verwaltung. Der Rat hätte jederzeit vom Rückholrecht nach Gemeindeordnung Gebrauch machen können. Zur Inanspruchnahme einer Versicherung teilte Herr Tost, dass demnach ein Schaden und ein Verschulden vorliegen müsse. Allerdings sei ein Verschulden hier nicht zu erkennen.

 

Der Bürgermeister verwies auf einen Bericht des Kämmerers aus 2006 im Haupt- und Finanzausschuss, der auch Anlage der Niederschrift gewesen sei.

 

Herr Heidler hob hervor, dass bei den Zinsgeschäften im Rahmen des Schuldenmanagement falsch beraten worden sei. Auch er verstehe die Derivats als Geschäfte der laufenden Verwaltung.